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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.07.1908
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 17.07.1908
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- Deutsch
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164, 17. Juli 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 7753 Oncken begründete seinen Antrag auf Beibehaltung der Freiexemplare näher durch folgende Desideraten der öffentlichen Bibliotheken: erstens die ephemere zeitgeschichtliche Literatur zu sammeln und zweitens denjenigen wissenschaftlichen Werken einen sicheren Aufbewahrungsort zu bieten, die im Augenblicke des Erscheinens unbeachtet bleiben und nach seiner Behauptung dann später vom Verleger makuliert werden. Beispielsweise führte er noch an, daß selbst die belletristische Literatur ihres kulturgeschichtlichen Interesses wegen der öffentlichen Aufbe wahrung wert sei. Nach diesen unbestimmt und weit gezogenen Umrissen haben unsere öffentlichen Bibliotheken eine Mission, welche sich niemand mehr gefallen lassen könnte als der Buchhandel: das Ansammeln des neuen literarischen Zuwachses in umfänglichster Weise, um das geistige Volksgut vor dem Untergange zu sichern. Wenn man nur diese Aufgabe nicht bloß da betonen wollte, wo es auf die Verteidigung der Freiexemplare ankommt! Der Buchhandel weiß aus der Praxis, was er davon zu halten hat. Welcher Ab stand liegt zwischen dem, was Mommsen von der Königlichen Bibliothek zu Berlin verlangt, einer besseren Genügung des Praktischen Gelehrtenbedürfnisses, und dem, worauf Oncken hin zielt, dem Sammeln als Selbstzweck, etwa nach Art des Britischen Museums! Verfolgt man solche Ziele, so gibt es dafür bessere Beweise als das Opfer, welches man dem Unternehmer wert voller Publikationen ohne Entschädigung ansinnt; man halte unsere Privatsammlungen, die nach allen Richtungen unseren öffentlichen Sammlungen Vorarbeiten und das notwendige Medium für letztere bilden, besser im Auge und sorge dafür, daß dieselben fernerhin nicht wie herkömmlich bis auf geringe Bruch stücke ins Ausland wandern. Doch gilt hier das Wort Jagos an Rodrigo: »Tu Geld genug in deinen Beutel!« Oncken hatte schon in den Einleitungsworten den gewichtigen Ausspruch getan: »Sie verurteilen mit der Abschaffung der Frei exemplare ganze Gattungen der Literatur zum Untergange«. Hier schlägt die Hyperbel in offenbare Komik um, auch ohne Erinnerung an den im Reichstag mitgeteilten Vorgang, daß einzelne Bibliotheken von den Freiexemplaren in Auktionen verkaufen, was ihnen nicht in den Kram paßt. Wenn Onckens Ausspruch nur zur Hälfte begründet wäre und der Staat nicht dafür anzusehen ist, aus öffentlichen Mitteln dieser Gefahr vor zubeugen, so müßten die Freiexemplare nicht allein beibehalten, sondern vermehrt werden. Denn sofern von zwei Bibliotheken, welche Freiexemplare empfangen haben, die eine durch Feuer zu gründe geht und die andere die ihrigen nicht mehr finden kann,— was dann? Letztere Annahme des Nrchtmehrfindenkönnens beruht unsererseits nicht auf Phantasie. Indem nämlich Oncken prophetisch von der »breiten klaffenden Lücke« spricht, welche bei dem anerkannten Geldmangel der öffentlichen Bibliotheken durch Abschaffung der Freiexemplare für die Geschichte unserer Tage entstehen würde, läßt er einen künftigen Gelehrten auf die Anfrage eines künftigen Buchhändlers u. a. antworten: »Be sonders die Organe der extremen Parteien, für die unsere Biblio thekare kein Geld und keinen Raum gehabt haben, sind gänzlich untergegangen«. Mangel an Raum, den auch Mommsen für die Berliner Bibliothek konstatierte, kann nur zur Verschleppung oder Entäußerung führen. Um der Geschichte unserer Tage daher die nötige Garantie zu bieten, künftig aktenmäßig dar- gestcllt werden zu können, müßte man den deutschen Verleger verpflichten, neben den Freiexemplaren auch den nötigen Raum für ihre Aufstellung zu liefern. Bei den näheren Ausführungen kam Oncken auf die Gefahr des Quellenunterganges noch in anderer Beleuchtung zu sprechen. Er sprach von jenen wissenschaftlichen Werken, die bei ihrem Er scheinen ohne Beachtung bleiben, später vom Verleger als Maku latur verkauft werden und somit für die Wissenschaft verloren gehen, während man auf ihren Wert erst später aufmerksam werde. Er beruft sich dabei auf die Vorläufer des Darwinismus, die Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 75. Jahrgang. jetzt vergeblich gesucht würden. Welchen Ursprungs sind diese Vorläufer und welcher Zeit gehören sie an? Es macht den Ein druck, als wenn hier wieder ausländische mit deutschen Verhält nissen verwechselt würden. In England, Amerika usw. ist es so, daß Werke, ohne vergriffeir zu sein, kurz nach ihrem Erscheinen oft schwer zu erlangen sind. Das hängt mit dem irrationellen System der Verlagsauktion zusammen, zu dem der dortige Buch handel durch seine Einrichtungen genötigt ist und welches zur Folge hat, daß die Bücher ohne Kontrolle über ihren Verbleib nach allen Windrichtungen verschleudert werden. Eine ganz andere Gewähr bieten deutsche Einrichtungen. Gestützt auf die kontinuier lichen und konstanten Beziehungen zu einem geordneten Sorti mentsbetriebe, sowie auf einen wahren Organismus von biblio graphischen Hilfsmitteln, welche der Nachfrage eines Buches auf ungemessene Zeit Vorschub leisten, ist der deutsche Verleger gewohnt, seine Unternehmungen ohne effektiven Besitzwechsel nicht aus den Händen zu geben. Makulieren aber unsere Ver leger, so makulieren sie weniger als das wirklich Entbehrliche. Nur ein grobes Versehen, ein Unfall könnte bei uns ein anderes Verfahren erklärlich machen. Kein Verlagshandel bewahrt so sorgsam seine literarischen Schätze auf wie der deutsche, und fehlt ein Buch, so fehlt es durchschnittlich aus anderen Gründen, als weil es makuliert ist. ' y Der Antrag, den Oncken mit seinen Auslassungen verband, ist zwar abgelehnt worden. Trotzdem können wir uns nicht ver sagen, einige Worte daran zu knüpfen. Onckens Absicht war eine gute, indem er von den Freiexemplaren die »Prachtwerke mit Abbildungen« ausgeschlossen haben wollte. Doch würde diese Bestimmung, wohl dem alten sächsischen Preßgesetz entlehnt, den Verlagsinteressen nur einen ungenügenden Schutz gewähren. »Prachtwerke mit Abbildungen« können zu jener Kategorie von Werken gehören, bei denen man dem Unternehmer durch die Freiexemplare au den Staat ein empfindliches und im Prinzip verwerfliches Opfer auferlegt, aber sie gehören nicht notwendig dazu. Dagegen sind die großen und bedeutenden Leistungen in den nicht deskriptiven Naturwissenschaften, der Philologie, der Geschichte, der wissenschaftlichen Theologie, Medizin, Jurispru denz usw. durchaus schutzbedürftig gegen die unentgeltliche Ab gabe an die öffentlichen Bibliotheken, ohne deshalb zu den »Pracht werken mit Abbildungen« zu zählen. Der andere Zusatz im Onckenschen Anträge, daß Verleger und Verfasser die Verpflichtung der Freiexemplare gemeinsam zu tragen hätten, klang befremdlich. Es klang so, als wenn man den Schein wahren wollte, den Verleger nicht einseitig zu belasten. Nun weiß jedermann, daß die Steuer der Pflichtexemplare nur den Verleger trifft, wenn ein solcher vorhanden ist. In den Ver lagskontrakten geschieht der Pflichtexemplare gar keine Erwähnung, da es als selbstverständlich gilt, daß sie vom Unternehmer, nicht vom Schriftsteller getragen werden. Schriftsteller wissen nichts davon zu erzählen, oder sie müßten in die Lage von Selbstver legern gekommen sein, wo sich der Druck dieser Steuer lange nicht so fühlbar machen kann wie beim gewerbsmäßigen Betrieb des Buchhandels. Für einen berufsmäßigen Verleger gehört keine zu große Ausdehnung seiner Unternehmungen dazu, um auf Grund der vom Reichstage befürworteten Einrichtung alljährlich für hundert Taler Bücher dem Staate unentgeltlich liefern zu müssen. Was endlich der Abgeordnete v. Schulte zugunsten der Pflicht exemplare vorbrachte, ist im obigen schon der Hauptsache nach mit beantwortet. Er nannte bezeichnend genug für die Begrün dung unserer eigenen Erörterungen das Bibliothekwesen in Deutschland eine wahre xs-rtis bontsuss. Unsere deutschen Buch händler werden ihm hierfür ihren Beifall nicht versagen, aber nicht verstehen, wie sie auf eigene Tasche dazu kommen sollen, aus der Partie boutsuse eine xuitis brillante zu machen. Der ehrenwerte Abgeordnete war mit seinem Schlagworte dem Krebs schaden, der die Klagen der Verleger in ihrer richtigen Bedeutung 1011
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