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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.02.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-02-23
- Erscheinungsdatum
- 23.02.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 44. 23. Februar 1914. Äußere eines Buches wird haarscharf gemustert, und die kleinste Fehlstelle im Einband oder Schnitt ruft unfehlbar die Forderung nach einem tadellosen Exemplar hervor. Vergeblich bleibt der Hinweis, daß der entdeckte Schönheitsfehler kein Schmutzfleck, sondern eine Fehlstelle im Stoff ist, die bei Leinen und noch mehr bei Leder immer mal vorkommt: das Exemplar wird abgelehnt! Daraus sollten die Verleger die Lehre ziehen, kein gebundenes Geschenkbuch ohne Umschlag und Schutzhülse auszugeben, damit die Einbände wenigstens vor Flecken durch Anfassen bewahrt blei ben. Diese Forderung ist schon häufiger im Börsenblatt erhoben worden, ebenso die, daß die Schutzhülsen auf dem Rücken wie aus der Seite praktisch gedruckte und verständnisvoll aufgeklebte Schil der haben müssen, damit der Sortimenter das Buch in seinem Lager leicht finden kann; aber es gibt immer noch viele Verleger, die darauf keine Rücksicht nehmen, nach meiner Meinung zu ihrem eigenen Schaden. Die übertriebenen Ansprüche des Publikums Halle ich für eine bedenkliche Neigung zur Äußerlichkeit. Ebenso anspruchsvoll wird das liebe Publikum auch bezüglich des Zu« schickens; ein Buch oder gar ein Paket mitnehmen gibt es kaum noch, und wenn es sich nur um eine Strecke von 290 Schritt han delt. Und nun gar das Telephon! »Ich muß das Buch aber heute abend haben«, heißt es oft um 7 Uhr noch, und wenn man sich dann ermannt und die Zumutung als unmöglich ablehnt, hat die Sache meist Zeit. Diese übertriebenen Ansprüche, diese Rück sichtslosigkeit gegen die Mitmenschen heißt man womöglich noch »Kulturfortschritt«! Nun noch, ehe ich zu einem anderen Gebiete übergehe, einen Stoßseufzer über die nach meinen Beobachtungen immer größer werdenden Formate. Neulich kam ein Herr zu mir, der sich ein Buch aus dem »Wöchentlichen Verzeichnis« bestellt hatte, das dort mit »groß 8"« bezeichnet war. Das Buch hatte auch die ses Format, aber auf den Seiten stand nur wenig darauf. Dieser Herr bezeichnete das als betrügerische Vorspiegelung und forderte mich auf, dagegen bei Gelegenheit öffentlich aufzutreten. Ich lehnte das Ansinnen natürlich ab und sagte dem Betreffenden, es gäbe keine Bestimmung, die ein bestimmtes Wort- und Zeilenquan- tum für die Druckseite irgendeines Formats vorschreibe. Aber unpraktisch ist es immer, ohne Notwendigkeit ein großes Format zu wählen. Der Sortimenter weiß mit solchen Büchern nicht wohin und steckt sie unter die Quartsachen, wo sie dann bis zur Ostermesse verborgen liegen, und der Privatmann kann sie in sei nem Bücherschrank auch nur schlecht lassen. Selbst bei Schul büchern tritt die Tendenz der großen Formate in die Erscheinung. Viel vernünftiger wäre es, den Inhalt zu kürzen und es bei den alten Formaten zu lassen, die in den Fächern gut stehen können. Nachdem ich in den beiden vorangegangenen Jahren keine Aufforderung erhalten hatte, eine Jugendschriften-Aus« stellungmit Verkauf in einer Volksschule zu übernehmen, habe ich mich im letzten Jahre wieder zweimal dazu bereitfinden lassen. Aber die Erfahrungen ermutigen nicht zu einer Wiederholung. Früher handelte es sich dabei nur um Sonntag-Nachmittag- und -Abendstunden, jetzt werden, was ich bei meiner Zusage nicht wußte, auch der Montag-Rachmittag und -Abend dazu verlangt. In der einen Schule, am 7. und 8. Dezember, wurden insgesamt für 116 verkauft, in der andern am 14. und IS. Dezember für ganz unbedeutend mehr. Berechnet man nun die Zeit für das Heraussuchen und Notieren der Bücher, die Kosten des Hin- und tzertransports — es waren große Quantitäten, die zur Aus stellung gelangten, immer und immer wieder ging das Telephon »Schicken Sie dies noch mit, vergessen Sie jenes nicht« —; das Wiedereinräumen der unverkauften Bücher, wobei sich herausstellt, daß mehrere beschädigt zurückkommen, vor allem aber, daß in der eiligsten Geschäftszeit ein Gehilfe für lange Stunden im Ge schäft fehlt: dann ergibt sich ein Verlust statt eines Gewinns bei dem Verkaufe. Aber auch andere Verdrießlichkeiten kommen dabei vor. Als mein Gehilfe am letzten Montag in I1< Stunden glücklich für 5 verkauft hatte, machte er den aufsichtfllhrenden Lehrer darauf aufmerksam und wollte einpackcn und ins Geschäft zurückkehren. Da hat es eine spitze Auseinandersetzung zwischen meinem Gehilfen und dem Lehrer gegeben. Dieser erhob Vor würfe wegen der materiellen Gründe, die uns leiteten, eine so gute Sache müsse unterstützt werden auch ohne Gewinn usw. Da 302 ist der Gegensatz! Der Lehrer zeigt kein Verständnis für die Lage des Geschäftsmannes. Ich bleibe dabei, daß ich als Geschäfts mann auf Gewinn sehen muß, die Lehrer erwarten Unterstützung ihrer Volkskulturbestrebungen auch ohne Gewinn, ja selbst mit Verlust. Ich kann Wohl einmal eine gute Sache auch unter per sönlichem Schaden unterstützen, aber nicht dauernd ohne Gewinn arbeiten. Hier müßte ein Ausgleich gesucht werden. Auf die bisherige Weise beteilige ich mich nicht wieder an solchem Verkauf. Will aber eine Schule selbst durch einige ihrer Lehrer den Verkauf in die Hand nehmen, dann werde ich bereit sein, die Bücher zu liefern. Einer hiesigen Buchhandlung sind vor Weihnachten von einem Karren zwei Bücherpakete gestohlen worden. Der Dieb hatHumor gehabt, denn er schrieb eine Postkarte nachstehenden Inhalts an die betreffende Firma: Heißen Dank für die folgenden Bücher: Unsere Aelteste. Wenn ich der Kaiser währ. Universum. Schimannsgarn. Dieses reizende Weihnachtsgeschenk ist schon »verschärft«. Paragraph 392 des Versicherungsgesetz haben wir »verloren«. Nochmal heißen Dank. Lange und Klemm A.-G. Der letzte Satz bezieht sich auf das zweite Paket, in dem sich 190 Ariadne-Faden durch das Versicherungs-Gesetz für Angestellte befanden. Um der Frechheit die Krone aufzusetzen, hatte der Dieb auf die Vorderseite der Postkarte geschrieben: »Abs. Otto Klie- mann, Spezialist für Karrendiebstahl und großer Bücherfreund. Fröhliche Weihnachten«. Leider ist es trotz der Handschrift nicht gelungen, den Dieb ausfindig zu machen. Verlust hier, Verlust dort — als mir der furchtbare Sturm in der Nacht vom 26. zum 27. Dezember zwei große Spiegelscheiben in meinem Laden eindrllckte, richtiger, die eine eindrückte, die andere auf die Straße hinaus warf, war der Verlust leider bedeutend genug; manch' teurer Einband ist durch die herabfliegenden schweren Glasscherben arg beschädigt worden. Ich erinnere mich im Augenblick nicht genau, ob ich an dieser. Stelle schon davon gesprochen habe, daß es hier in Hamburg im Hochsommer gelang, ein großes Lager von unzüchtigen Bildern schlimmster Art und ähnlichen Dingen zu beschlagnahmen und den Händler, der sich Agent nannte und früher Kellner war, dingfest zu machen. Etwas war auch ich an den vorangegangenen Ermitt lungen beteiligt gewesen. Leider entließ der Untersuchungsrich ter, Wohl in der Annahme, daß in diesem Falle auf eine Geldstrafe erkannt werden würde, den Agenten gleich am andern Morgen aus der Haft, so daß er seine Unteragenten und Abnehmer, die er nachweisbar an vielen Orten hatte, warnen konnte. Auch ist es m. W. nicht gelungen, die Fabrikanten und Hersteller der Unzüch tigkeiten zu ermitteln. Aber der ehemalige Kellner hat glück licherweise 7 Monate Gefängnis erhallen, während zwei Kolpor teure, die die schamlosesten Dinge in Cafes feilgeboten hatten, vordem mit geringen Geldstrafen, so gering, daß sie nicht ab- schrecken konnten, davongekommen waren. Nun ist jetzt in den Zeitungen und auch im Börsenblatt mehr fach die Rede gewesen von Postkarten, Wiedergaben von an erkannten Kunstwerken, die in Berlin der Einziehung und Verur teilung anheimgefallen find. Allgemeines Entsetzen über den Frevel, über die Kunstunverständigkeit der Richter und dergleichen mehr. Ich scheue mich gar nicht, offen auszusprechen, daß ich ganz anders zu der Frage stehe. Es handelt sich gar nicht um die Frage, ob Nacktdarstellungen an sich unzüchtig sind; meinetwegen mögen die Originale in den Galerien und an anderen Orten hän gen, soviel da hingehen. Niemand braucht Galerien zu besuchen, und Kinder, wenn sie nicht zwangsweise dahin gebracht werden, kommen sicher nicht hinein.. Kinder haben glücklicherweise weder Kunstverständnis noch Kunstgeschmack, auch wird sich ihnen das nie anerziehen lassen. Anders liegt aber die Sache, wenn Wieder gaben vonNacktdarstellungen durch Massenfabrikation ins Volk geworfen und in allen möglichen Schaufenstern, bei Krä mern, Zigarrenhändlern, Barbieren usw. feilgeboten werden. Hier hört die Kunst auf, hier handelt es sich allein um schnöden
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