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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.02.1914
- Strukturtyp
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- Band
- 1914-02-18
- Erscheinungsdatum
- 18.02.1914
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- Deutsch
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von Wolter, die mit der Nummer 37—42 aus dem der Neuen Photo graphischen Gesellschaft und die letzte aus dem erwähnten Pariser Ber lage. Es handelt sich durchweg um Werke bedeutender Künstler, wie Herzog, Professor Brunow, Stefan Sinding, Professor Klein, Professor Bcerwald, Leo Lauffs, Professor Seffner usw., u. a. um das neben dem Museum in Leipzig am Angustusplatz stehende Standbild »Die Reifenwerferin«, bei dessen Betrachtung wohl noch niemand der Ge danke gekommen ist, daß eine photographische Wiedergabe dieser keuschen Jungfranengestalt unzüchtig wirken konnre. Auf allen diesen Karten sind nackte oder teilweise nackte männliche oder weibliche Körper durch photographische Wiedergabe bekannter Kunstwerke dargestellt. In dem Urteile heißt es u. a.: Die Originale sind vollständig außer acht zu lassen, vielmehr sind die Abbildungen auf den Karten selbständig zu beurteilen; es kommt darauf an, ob sie als relativ unzüchtig anzusehen sind. Zuzugeben ist, daß die Nachbildungen dazu bestimmt sein könnten, künstlerischen Zwecken zu dienen, und es kann nicht ohne weiteres aner kannt werden, daß die ans den Karten dargestellten nackten Körper mit ihrer Schattenwirkung so wiedcrgegeben sind, daß die dem Geschlechts eigentümlichen Teile besonders hervortreten oder daß auf einigen die Stellung der Körper eine besonders sinnreizende ist. Die Begriffe der Unzüchtigkeit werden nur durch die Art der Schaustellung und Ver breitung erfüllt. Durch die Wiedergabe aus Postkarten wird eine all gemeine Verbreitung bezweckt; die Karten bilden einen Massenartikel, hergestellt zum Verkauf an jedermann, und ein großer Teil des Publi kums, besonders aber die Heranwachsende Jugend erblickt in diesen Karten vornehmlich eine verführerische Darstellung des Nackten. In sofern wirken die Abbildungen besonders durch die Ausstellung an Orten, wo sie der Jugend zugänglich gemacht sind, schamverletzend, und die Jugend muß besonders davor geschützt werden, daß die Abbildungen der nackten Körper ihre Lüsternheit erregen. Für den Beschwerde führer Wolter begründet Justizrat Jsaac aus Berlin die Revision. Er rügte rechtsirrtümliche Auslegung des 8 184, 1 und legte dar, daß dem Urteil eine mißverstandene Auffassung des Begriffes unzüchtig zugrunde liege. Das Gericht habe das Gesetz derart weit und in einer dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufenden Weise ausgelegt, daß cs den Begriff unzüchtig schlechthin mit nackt identifiziert und jede Nachbildung unverhüllter menschlicher Körper schon aus diesem Grunde für unzüchtig erachtet, ohne zu prüfen, ob das Bild in geschlechtlicher Beziehung einwandfrei ist. Das Landgericht habe sich dadurch in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Reichsgerichts gestellt, das den Begriff unzüchtig nur dann erfüllt sieht, wenn durch eine Abbildung das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung ver letzt wird oder eine besondere, auf die Hervorhebung der Geschlechts- Merkmale abzielende Tendenz vorhanden ist. Daß die 36 aus dem Verlage des Beschwerdeführers Wolter stammenden Bilder aber eine geschlechtliche Beziehung haben, wird man wohl bei Betrachtung der selben nicht bestätigt finden. Alle diese Bilder mit Ausnahme eines einzigen stellten nur einzelne Figuren dar, entweder eine männliche oder eine weibliche. Diese Bilder, so wurde weiter ausgeführt, sollen nach Ansicht des Landgerichts deshalb unzüchtig sein, weil sie jeder mann, auch der Jugend zugänglich sind. Aber Bilder, die an sich nicht unzüchtig sind, können es nicht dadurch werden, daß sie in guten Nach bildungen, um die es sich hier nach den eigenen Feststellungen des Gerichts handelt, für billiges Geld zu haben sind. Bei keinem dieser Bilder ist eine Hervorhebung der geschlechtlichen Merkmale zu finden oder irgendeine Beziehung, die das Bild nach dieser Richtung hin ver dächtig macht. Von einer ungünstigen Beeinflussung der Jugend kann keine Rede sein. Die moderne Jugenderziehung geht ja gerade dahin, die Jugend möglichst aufzuklären und sie abzuhärten, ihr die Vorstellung beizubringen, daß man solche Kunstwerke möglichst un befangen ansehen muß. In den Schulen werden ja den Kindern Bücher mit den Reproduktionen solcher Werke in die Hand gegeben, sie werden in die Museen geführt und sehen sich die Kunstwerke im Original an. Nun befinden sich aber unter den hier in Frage kommenden Bildern eine große Reihe, die Standbilder darstcllen, die an öffentlichen Plätzen und Straßen ausgestellt sind. Sie sind also dort der Jugend täglich zugänglich. Es handelt sich hier nicht um Bildwerke, die in ge schlossenen Räumen aufbewahrt werden und nicht jedermann zugänglich sind. Es handelt sich z. B. um den Bogenschützen, der auf Veranlassung unseres Kaisers im Park von Sanssouci aufgestellt ist, um die Wäsche rin vom Professor Brunow, die vor dem Märkischen Museum in Berlin steht, um den Schiffbrüchigen von Professor Beerwaldt, den Brunnen von Professor Mar Klein, sowie den Barbaren-Sieger, drei Werke, die in den Anlagen der National-Galerie in Berlin aufgestellt sind. Die Bogenspannerin ist in Koburg, der Nymphenbrunnen in Tübingen aufgestellt, die Neifenwerferin neben dem Museum in Leipzig. Man kann die Jugend nicht früh genug lehren, alles in reiner Natur zu sehen und sich an deren Anblick zu gewöhnen. Das wird aber nicht dadurch erreicht, daß man die Natur ängstlich vor ihren Blicken ver birgt, sondern dadurch, daß man ihr Abbildungen möglichst vieler Kunstwerke zugänglich macht. Ter Redner erwähnte dann noch, daß gerade jetzt die Künstler Front machten gegen eine zu enge und klein liche Auffassung des Begriffes der Unzüchtigkeit, und daß sogar der sächsische und der preußische Kultusminister mit ihnen übereinstimmen. Für die Neue Photographische Gesellschaft mackste Rechtsanwalt Or. Süpfle ähnliche Ausführungen. Er verwies insbesondere darauf, daß das Landgericht die Reproduktionen als künstlerisch und in jeder Be ziehung musterhast bezeichnet hat, so daß nicht angenommen werden kann, daß gerade durch eine minderwertige Wiedergabe eines Kunst werkes der Reproduktion der Charakter der Unzüchtigkeit verliehen worden sei. Der Reichsanwalt bemerkte vorweg, daß der Begriff der Unzüchtigkeit ein relativer sei und daß gerade deshalb das Reichs gericht keinen ausschlaggebenden Ausspruch tun könne, was unzüchtig ist und was nicht. Die Grenze sei oft sehr schwankend, und es hänge tediglich von einer vernünftigen Entscheidung des Jnstanzgerichts ab, tvo sie zu finden ist. Im vorliegenden Falle, so bemerkte der Redner oann weiter, war davon abzusehen, welche Wirkung die einzelnen Bil- oer haben, ob sie das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzen. Eine derartige Wirkung läßt sich aber nur dann beurteilen, wenn das Gericht bei jedem einzelnen Bilde diese Prüfung vorgenommen habe, was nicht geschehen ist. Das Gericht spricht außer dem nur von schamverletzend und sagt nicht, wie daraus zu folgern ist, daß diese Bilder in geschlechtlicher Beziehung Anstoß erregen. Wenn ferner das Gericht anerkennt, daß die Reproduktionen in keiner Weise zu beanstanden sind, so entfällt gerade ein Moment, das nach der bisherigen Rechtsprechung dazu dienen kann, den Bildern den Charakter der Unzüchtigkeit zu verleihen. Sofern der unzüchtige Charakter aus der Schaustellung hergeleitet worden ist, fehlt im Urteil die Begrün dung. Nicht recht verständlich ist auch, was das Gericht unter ver führerischen Darstellungen versteht. Es scheint von einer nicht zutref fenden Voraussetzung auszugehen, wenn es ohne weiteres das Nackte gleichstellt einer verführerischen Darstellung des Nackten. Das Reichs gericht hat sich ja gerade auf den Standpunkt gestellt, daß die Dar stellung des unverhüllten weiblichen oder männlichen Körpers an sich nicht unzüchtig ist und erst besondere Umstände hinzukommen müssen, um das rein Natürliche zu einer schamlosen Erscheinung umzuwandeln. Der Beweis, daß dies hier der Fall ist, fehlt in dem Urteil. Er kann nicht aus dem Umstande entnommen werden, daß die Bilder öffentlich ausgestellt waren. Mit Recht ist von der Revision darauf hingewiesen worden, daß es sich um Darstellungen handelt von Kunstwerken, die an öffentlichen Straßen und Plätzen jedermann zugänglich sind. Das Gericht hätte Nachweisen müssen, daß die Ausstellung der Bilder im Schaufenster anders wirkt als die Originale. Es handelt sich nicht etwa um serienweise verkaufte Bilder, bei denen eine absichtliche Zu sammenstellung des Nackten mit dem Zwecke der Erregung von Lüstern heit erfolgt wäre, sondern es handelt sich nur um einzelne Reproduk tionen, die alle einzeln ausgestellt sind. Die Urteilsbegründung läßt nicht erkennen, worin das Verführerische bei diesen Karten liegen soll. Dem Anträge des Reichsanwalts entsprechend hob das Reichsgericht das Urteil ans und verwies die Sache an ein anderes Gericht, nämlich an das Landgericht II in Berlin. Zur Begründung wurde aus geführt: Vor allen Dingen müßte das Landgericht, wenn es diese 43 Karten für unzüchtig erklären und einziehen wollte, die Wirkungen jedes einzelnen Bildes prüfen, es habe aber statt dessen diese 43 Karten in Bausch und Bogen für unzüchtig erklärt, und zwar aus einem Grunde, den der Senat nicht billigen kann, nämlich weil die Darstellung des nackten menschlichen Körpers an sich unzüchtig sei und obgleich es an erkennt, daß die Reproduktionen der Originalwerke tadellos und den Originalen vollständig gleichwertig sind. Unter diesen Umständen kann die Begründung des ans Einziehung und Unbrauchbarmachung lautenden Urteils nicht für ausreichend erachtet werden. Es erschien angemessen, die Sache an ein anderes Gericht zu verweisen. (2 v 1037/13.) I- Der Gesetzentwurf über die Konzessionierung der Buchmacher und seine eingehende Begründung ist in gemeinsamer Arbeit des Neichs- schatzamts und des preußischen Landwirtschaftsministeriums so weit fertiggestellt, daß er demnächst an den Bunöesrat, gegen Ende März an den Reichstag gehen kann. Der 6. internationale zahnärztliche Kongreß tagt vom 4. bis 8. August in London. Der letzte internationale zahnärztliche Kongreß fand in Berlin statt. Neue Bücher, Kataloge etc. 8°^ 80 8. 945 nrs. — I.a vente publique sura lieu Ie8 mererecki 25, jeucki 26, venckreäi 27. ssmeäi 28 ksvrier 1914, par la I^ibrsirie I.-L. vüilliere et kil8 L ?ari8, 19, rue Uautekeuille. 271
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