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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1914
- Strukturtyp
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- 1914-02-13
- Erscheinungsdatum
- 13.02.1914
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 36, 13, Februar 1Ü14. befriedigt, zu weiteren Versuchen aber nicht angeregt. Es ist, wie wenn einer zum ersten Male eine mäßig gute Mandarine zu essen bekommt und meint, es sei nichts anderes als eine Apfel sine, die Apfelsinen seien aber größer. Nur das ganz Hervorragende also kann durch solches Spiel mit offenen Karten gewinnen. Ich denke da an die Finessen von Horst Schüttler, um nur dies eine Beispiel zu nennen. Wer ein Feinschmecker ist und wem diese Dinge überhaupt gefallen, der gewinnt, wenn er nur ein einziges Mal eine Probe gelesen hat, einen so deutlichen Geschmack davon und ejn so intensives Ver langen, von diesem Mann mehr Derartiges zu hören, daß in einem solchen Falle die Wiedergabe einer Probe eine sehr wir kungsvolle Anregung zur Anschaffung dieser Bücher bietet. Das Gleiche gilt in allen den Fällen, wo man einem Buch oder einem Buchtitel überhaupt nicht ansehen kann, was es eigentlich will. Das sind die Bücher zur Lebensweisheit, Essay-Werke, Bücher der ästhetischen Kultur u, dgl,, — also alle diejenigen, bei denen sich der allgemeine Leser überhaupt kein annäherndes Bild von ihrem Inhalt machen kann. In solchen Fällen muß natürlich eine Probedosis mehr wirken, als die bloße Nennung des Buchtitels oder die Wiedergabe von Äußerungen anderer Beurteiler. Wir sahen die Dinge bisher mehr von der Seite an, welchen Nutzwert, welchen Rcklamewert der Abdruck habe. Ob er aber den Pferdefuß der Schädigung nicht allzu deutlich hintennachschleppe, das wollen wir doch noch näher betrachten. Gefällt das Stück, das der Verleger ausgesucht hat, dem ein zelnen Leser gerade nicht besonders — und diese Gefahr liegt doch zweifellos in hohem Maße vor —, dann hat der Abdruck weit mehr geschadet, als die Nennung des Namens und des Buches hätte nützen können. Der Leser sagt sich nicht, daß die Auswahl subjektiv, daß es Zufall ist, daß andre Stücke des Werkes weit besser (nach seinem Geschmack!) sein können, — er ist mit seinem Urteil fertig, das Buch hört auf, für ihn begehrenswert zu sein. Und eins kommt dabei noch hinzu, nämlich der Argwohn des Publi kums, daß das Stück, das ihm da zur Probe vorgesetzt wird, das beste des Buches ist, und daß man demnach meint, der übrige In halt müsse wesentlich schlechter sein. Wir wissen ja, wie schwer heute die Begeisterung zu entfachen ist und wie billig Skepsis und vorschnelles Urteilen sind. Nun ist aber weiter auch die Wahrscheinlichkeit, daß größere Stücke kostprobeweise gelesen werden, immer gering gegenüber der Les barkeit der kurzen Ankündigung, Ist da die Ankündigung im Inse rat, obwohl sie kostspieliger ist, als die Gestattung von Abdrucken, nicht am letzten Ende billiger? Wir kommen damit auf die Frage der Gestattung von Abdrucken in Zeitschriften und Zeitungen und damit ganz eng an die Frage der Schädigung, Derlei Artikel werden von den Redaktionen gern genommen, weil sich ihnen dadurch billige gute Aufsätze bieten. Das sollte den Verleger von vornherein bedenklich machen, denn was dem einen sin Uhl, ist dein andern sin Nachtigall, Sollte diese Nachtigall der Zeitungen nicht eine Uhl derBuchverleger sein? Zum Unglück wird auch da wieder ein Unterschied zu machen sein, Zeitungen sind Eintagsfliegen, Was da steht, regt an, wird aber nur selten als Besitz von Dauer bleiben. Bei Zeitschriften ist das anders. Da ist die Aufnahme von Teilen aus Büchern für den Verleger weit bedenklicher. Hier beginnt die direkte Schädigung des Buches, Was da ausgenommen wird, soll möglichst das Inter essanteste aus dem Buche sein. Der nicht übermäßig, aber immer hin doch etwas interessierte Leser wird dadurch entschieden völ lig befriedigt. Und diese Gefahr ist besonders groß bei schöngeistigen und halbwissenschaftlichen Werken, — bei wissen schaftlichen weniger, weil der wahre Interessent trotzdem sich das Buch kaufen muß. Für wissenschaftliche Literatur genügt also keinem Leser ein Kapitel eines Buches, aber hier braucht er auch zum Anreiz gar keine Probe, weil Titel und Verfasser genü- gcnde Aushängeschilder des Buches sind und der Gelehrte sich um die Fachliteratur kümmern muß. Hier sind die ausführlichen, eingehenden inhaltlichen Referate von viel größerer Gefährlichkeit für das Buch. Manches solches Referat nimmt den ganzen neuen Inhalt einer Monographie heraus, stellt ihn klar vor den Leser hin und ist gerade das Gegenteil einer wirkungsvollen Besprechung, Ich bin für wissenschaftliche Literatur stets ein Gegner der 246 auszugsweisen Wiedergabe zu Propagandazwecken gewesen und halte die Erteilung von Aushängebogen zum Abdruck in Zeit schriften und Zeitungen für einen Fehler des Verlegers, Für andre Kategorien von Büchern fehlt mir die Erfahrung, Vielleicht äußern sich dazu diejenigen, die Erfahrungen damit gemacht haben. Denn nur auf diesem Wege kann darüber Stichhaltiges gesagt werden. Will man einer Zeitung, die sich für das Werk interessiert, einen Gefallen tun und gestattet ihr deshalb — und nur um die bescheidene Wirkung eines einmaligen Inserats zu erzielen — den Abdruck eines in sich nicht ganz abgeschlossenen Stückes aus einem größeren Werke, so ist dagegen natürlich nichts einzuwenden. Der Schaden wird natürlich um so größer, je selbständiger und als pars pro toto das Abgedruckte erscheint. Am schlimmsten dürfte das bei Musikalien sein. Sonderausgaben der Perlen aus Opern und Orchesterwerken, Arien und Ouvertüren schädigen ganz selbstverständlich den Absatz des ganzen Werkes. Mancher be gnügt sich mit der Auswahl in der »Musik für Alle«, mit dem Salon-Album, den »Perlen aus den Opern«, oder wie man solche Sammlungen sonst nennt. Aber hier spielt ja eine andere Erwä gung mit: Hier will man den Absatz der Arrangements und Sonderausgaben als etwas Selbständiges fördern, weil die Mehrzahl der Abnehmer überhaupt nur für diese kleinen Stücke und nie für den ganzen Klavierauszug in Betracht kommt. Aber zur Illustrierung unserer ganzen Frage darf auch dies nicht außer acht gelassen werden. In psychologischen Dingen ist feinste Unterscheidung wichtig, Nuancierung, die nur der Kenner steht, herrscht auch hier. Mit einem glatten Ja oder Nein sind diese Fragen nicht erledigt. Beide, sowohl der, der eine solche probeweise Wiedergabe von Bruch stücken für wirkungsvoll ansieht, wie der andere, der sie für vergeb lich oder schädlich hält, haben recht, jeder an seinem Teil, Die Aufgabe des Verlegers ist es, zu prüfen, ob der einzelne Fall nach der einen oder nach der anderen Seile neigt. Kann er mit der Erregung stofflichen Interesses rechnen, so ist der Spielraum ein größerer; rechnet er aber mit der Vorzüglichkeit der einzelnen künstlerischen Gabe, so ist die Wirkung nur bei den Kennern zu er hoffen, Freilich ist es schwierig für den Verleger, der ja selbst bei dem von ihm gewählten Verlagswerk Partei ist, diese Selbst erkenntnis zu üben, also zu wissen, ob im einzelnen Fall ein sol cher Mann und ein solches Stück geeignet sind, jenen Nach geschmack, der nach mehr verlangt, zu erregen. Doch mit diesen vielen »Wenn« und »Aber«, die den verehr- lichen Leser hier speisen mußten, kann man ihn kaum befriedigen und auch diese ganze Frage nicht lösen, die die Redaktion des Börsenblatts mir vorgelegt hat und die ich gern, so gut ich's eben vermochte, beantworten wollte. Es ist ganz begreiflich, daß der Leser noch Positiveres haben und daß er wissen will, woran er ist. Ein Rezept für den Privatgebrauch etwa. Ich betone, daß damit der einigermaßen wissenschaftliche, ruhig abwägende und auf Richtigkeit Anspruch machende Gehalt dieser Ausführungen ver lassen wird und die subjektive Behauptung, bei der jeder auch anderer Meinung sein kann, an die Stelle tritt. Doch es sei gewagt: 1, Je selbständiger ein Bruchstück ist, um so mehr schadet sei» Abdruck, statt eine Propaganda für das Buch zu sein. 2, Rur in seltenen Fällen, nämlich bei Werken, deren Inhalt dem Durchschnittsleser auch nicht in einigermaßen sicherer Ab messung deutlich ist, kann die Wiedergabe eines sehr zündenden Stückes von Vorteil sein, (Z, B, Halbwissenschaftliches, Kuliur- esjays. Ästhetisches.) 3, Herausgerissene Stücke eines größeren Zusammenhanges nützen nur, wenn sie intensive Kostproben stofflichen Interesses sind und an der interessantesten Stelle abbrechen, 4, Ganz herausgerissene Stücke schaden mehr als sie nützen, 5, Bei wissenschaftlichen Werken ist Abdruck von Teilen wie eingehende referierende Wiedergabe für den Absatz schädlich, 6, Bei Musikalien ist sie am schädlichsten, wenn sie nicht als selbständiger Verkaufsartikel auftritt, 7, Abdrucke aus Büchern in Zeitungen wirken wenig, weil sie wenig gelesen werden; Abdrucke in Zeitschriften schaden fast immer, weil sie hier das Buch noch mehr zu ersetzen scheinen.
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