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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1878
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1878
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- Deutsch
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an welcher Stelle des Buches die Ornamente zu verwenden sind, man weiß auch, daß, wenn das Buch einen einheitlichen Eindruck machen soll, die sämmtlichen darin verstreuten Ornamente in ein und demselben Geiste gedacht, in ein und demselben Stile compo- nirt sein und überdies mit der gewählten Schriftgattung in Ein klang stehen müssen. Vielfacher Rathlosigkeit begegnet man aber noch der Frage gegenüber, welcher Stil wohl am richtigsten zu wählen sei, und welcher Zeit wir bei unseren Bemühungen für die Verbesserung der Buchausstattung am besten unsere Muster entlehnen. Im Allgemeinen besieht wohl kein Zweifel, daß, wie alle übri gen Zweige des Kunstgewerbes, auch dieser Zweig an die Periode der Renaissance anzuknüpfen habe. Aber in dieser Periode gibt es wieder eine Zeit der Entwicklung, der Blüthe und des Verfalls. Und leider schließt sich unser Kunstgewerbe mit Vorliebe an die Zeit der Ausartung der Renaissance, an die Barockzeit an. Wieder holt haben sich in der letzten Zeit aus den Kreisen von Fachmännern warnende Stimmen deshalb erhoben. Auch auf dem Gebiete der Bücherverzierung haben einige talentvolle und deshalb viel mit Aufträgen bestürmte Künstler — auch die oben erwähnten Noten umschläge stammen aus dieser Quelle — sich leider auf diesen ge fährlichen Weg begeben. Ihnen speciell hat vor kurzem Prof. Lützow in Wien ein warnendes Wort zugerufen in einem Schreiben an den Ausschuß des Münchener Kunstgewerbevereins, welches dieser ein sichtsvoll genug gewesen ist, in seiner „Zeitschrift" (Jahrg. 1877, Hst. 7.) wörtlich zum Abdrucke zu bringen. Lützow schreibt dort über jene Künstler, welche, wie man wissen muß, die thätigsten Mit arbeiter an jener Zeitschrift sind: „Sie sind anerkannte Talente voll Phantasie und von geschickter Hand! Aber der Stil und die Empfindungsweise, welche sie zeigen, haben einen Zug zum Ueber- schwenglichen, der leicht verderblich werden kann. Sie knüpfen an die Merke unsrer Väter' an, sie schaffen im Geiste der deutschen Renaissance: aber nicht die Stilperiode, welche die Kunst jener Zeit in aufsteigender Entwicklung zeigt, sondern diejenige, welche sie aus abschüssiger Bahn uns darstellt, wird von den Künstlern der Zeitschrift mit Vorliebe cultivirt. Es liegt die Gefahr nahe, daß unsre modernen Meister dadurch selbst ins Gleiten kommen und sin ken werden, statt sich zu erheben. Auch unter dem nationalen Ge sichtspunkte, wenn man diesen geltend machen will, erregt das Vor gehen Bedenken. Denn in jener Stilperiode, an welche die Künstler sich vorzugsweise anschließen (in der zweiten Hälfte des 16. Jahr hunderts und im 17.) war die deutsche Kunst völlig entnationalisirt. Ich sollte meinen, daß es besser wäre, zu einer früheren Zeit zurück zugreifen, zu den Wurzeln der modernen Kunst, aus welchen unter den Händen eines Dürer und Holbein die ersten unverwelklichen Blüthen deutscher Renaissance entsprossen sind." Nun, solche unverwelkliche Blüthen aus der herrlichen Zeit der Frührenaissance sind es, die Butsch's Ornamentenwerk uns vor führt. Für Alle, die mit der Buchverzierung zu thun haben, wird dies Werk also eine reiche Quelle der Anregung und Belehrung werden. Sich vor plumper Ueberladung oder vor geschmackloser Stilmengerei zu hüten, das läßt sich freilich aus diesen Blättern, die immer nur das einzelne Ornament zeigen, nicht lernen. Wer es überhaupt nöthig hätte, so etwas zu lernen, wen nicht schon sein natürliches Gefühl davor bewahrte, der müßte auf Bibliotheken die schönen Leistungen des Druckgewerbes aus der Renaissancezeit in ihrer Totalität studiren. Wohl aber bieten Butsch's Tafeln eine Fülle von Vorbildern für die Gestaltung der einzelnen Ornamente. Nicht zwar, als ob die alten Verzierungen für unsere heutigen Bücher direct zu verwenden wären. Gegen diesen Jrrthum, den ich neulich in einer kurzen Anzeige des Werkes — wenn ich nicht irre, in der „Kunstchronik" — ausgesprochen gefunden habe, kann man nicht entschieden genug ankämpfen. Es ist dies derselbe Jrrthum, dem man, als zuerst der Ruf nach Hebung des Kunstgewerbes in Deutschland laut wurde, auf mehr als einem Gebiete desselben nachhing und zum Theil noch immer nachhängt. Gerade das denk faule, geist- und phantasielose Copiren älterer Muster trägt die Hauptschuld daran, daß wir auf manchen Gebieten bis jetzt so langsam vorwärts gekommen sind. Nicht das, was die alten Meister geschaffen haben, dürfen wir nachmachen, sondern so wie sie's geschaffen haben. Wir müssen uns wieder hineinleben, hinein fühlen in die natürlichen Stilgesetze, nach denen jene Meister schufen, und die uns aus Mangel an Uebung verloren gegangen sind. Nur diese Stilgesetze dürfen wir uns von den alten Mustern abziehen. Die alten Zeichner und Formschneider waren biedere Handwerker, und selbst die Kunst Dürer's, Holbein's und Cranach's steckt tief im Handwerk und hat nie die Fühlung mit dem Hand werk verloren. Sie hatten keine ästhetischen Lehrbücher, keine Kunstgewerbemuseen und keine Ornamentenwerke zum Studium, sie sammelten fleißig und zeichneten ab, wo ihnen verwendbare Motive aus älterer Zeit in den Weg kamen, und damit schufen sie aus ihrer frischen Phantasie und ihrem logischen Stilgefühl heraus das Richtige und Schöne. Und was waren sie bei alledem für be scheidene Menschen! Wie hielten sie sich mit ihrer Person demüthig- lich im Hintergründe! Von den schönsten Leistungen wissen wir ja oft gar nicht, von wem sie herrühren, Niemand kann uns die Namen der alten Meister nennen. Wenn heute einer einen Rahmen zu einem Titelblatte, ein Jnitialenalphabet, ein Ornament zu einem Buchdeckel zeichnen soll, so möchte er mindestens „Professor" an einer Kunstgewerbeakademie sein, er arbeitet mit einem umfäng lichen Vorbilderapparat, er zeichnet nicht, o bewahre, er „componirt" seinen Initial, und dann gibt man den Büchern, die mit seinen Leistungen geschmückt werden, ein „Verzeichniß der Abbildungen" bei, in welchem mit großer Wichtigkeit auch aufgeführt wird: „S. 51: Initial componirt von Prof, so und so, in Holz ge schnitten von dem xylographischen Institut von .. ." Und was kommt bei all diesem Wichtigthun heraus? Nur gar zu oft Dinge, die gern originell sein möchten, denen man aber doch das Angelernte und Zusammengeborgte an allen Ecken und Enden ansieht, lahm erfunden und falsch empfunden. Die Herren haben ganz recht: sie „componiren" eben; sie müssen aber wieder simpel „zeichnen" lernen, wie die alten bescheidenen anonymen Meister, und dazu kann ihnen Butsch's Sammlung verhelfen. Aus alles Einzelne einzugehen, was aus Butsch's Tafeln sich lernen läßt, würde hier zu weit führen; nur wenige Punkte will ich herausgreifen. Fort und fort begegnet man in modernen illustrirten Werken Ornamenten, die gegen die allerprimitivsten Stilgesetze ver stoßen. Ich denke da vor allem an jene Kopfleisten, die bloße Frag mente aus einem fortlaufend gedachten Band oder Fries sind. Der artige coniinuirliche Muster sind am Platze bei ringsumlaufenden Rahmen; dort kommt es nur darauf an, organisch aus dem Motiv des Streifens heraus ein Eckstück zu entwickeln. Die Kopfleiste aber ist ein Ganzes für sich, ein abgeschlossenes oder abgepaßtes Orna ment, und als solches muß sie eine Mitte und zwei einander ent sprechende Enden haben. Sie verhält sich zur fortlaufenden Kante ähnlich, wie etwa der abgepaßte Teppich zum Läufer. Die alten Ornamentzeichner haben dieses natürliche, selbstverständliche Gesetz nie verletzt. Die crasseste Stillosigkeit herrscht in unfern modernen Ini tialen. Viele davon sind gar keine Initialen, sondern thatsächlich Textillustrationen von der willkürlichsten Gestalt, bei denen dann an irgend einer Stelle, oft in wunderlich gesuchter Weise, der Anfangs buchstabe angebracht ist. Eine Schlange ringelt sich, annähernd in 8-Form, durch ein paar hingeworfene Reben und trägt auf ihren Ringen zwei Weinflaschen; das soll ein Initial sein zu dem Lessing'-
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