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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.07.1878
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- Erscheinungsdatum
- 01.07.1878
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- Deutsch
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Gesunkenheit auf den öffentlichen Bibliotheken stehen werden, so wie heute die Scharteken aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, sie machen wieder anständigerer Waare Platz. Auch die typographische Her stellung der Bücher ist wesentlich geschmackvoller geworden. Man hat neue, schöne Schriften in'Menge geschnitten, in Fractur und Antiqua, man hält wieder aus scharfen und schwarzen Druck. Die kindische, eines Setzerlehrlings würdige, vor einigen Jahren aber noch fast allgemein verbreitete Einbildung, daß die Schönheit eines Titelblattes der An zahl der Setzerkästen proportional sei, aus denen es zusammengesucht worden, ist der richtigen Ueberzeugung gewichen, daß hier jede andere Mannigfaltigkeit, als die, welche durch die Maßverhältnisse gewonnen wird, vom Uebel sei, und daß ein geschmackvoll aus einer einzigen Schriftgattung gesetztes Titelblatt eine größere Empfehlung für eine Druckerei bilde, als die früher beliebten Musterkarten. Einen aus antiquarischen Liebhabereien entsprungenen Versuch, die sogenannten„Schwabacher" Lettern, diesichjarecht gut als Zierschrift, z.B.zu Ueberschriften eignen, auch als Textschrift wieder einzusühren, hat das Publicum mit richtigem Gefühl abgelehnt. Nur einzelne nichtige literarische Machwerke hängen sich noch dann und wann dieses pikant-archaistische Mäntelchen um, um dadurch als eine Art eleganter Colportageartikel die Kauflust der literarischen Fein schmecker unter der jsunssso äorös zu reizen. Aber auch an typographischen Zierrathen, an Kopfleisten, Ini tialen und Schlußvignetten hat man seit einigen Jahren wieder an gefangen Freude zu finden. Freilich kommen sie jetzt fast noch aus schließlich inLuxusbüchernzurAnwendung; diewissenschaftlicheLite- ratur verschmäht sie als eine ihrer unwürdige Zuthat. Ein deutscher Universitätslehrer — die Kunsthistoriker höchstens ausgenommen — würde mit Entrüstung dagegen protestiren, wenn sein Verleger wagen wollte, die einzelnen Capitel eines fachwissenschaftlichen Werkes von ihm durch Bücherornamente zu markiren. Sie wissen eben nicht, welche Freude die großen Gelehrten des humanistischen Zeitalters hatten, auch ihre wissenschaftlichen Werke in schmuckem Kleide ans Licht treten zu sehen. Sie huldigen den denkbar nüch ternsten Anschauungen, wie sie zu Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts zur Herrschaft gelangten, als Schiller an Cotta schreiben konnte (1794): Alle „Buchdruckerstöcke und alle Striche, wo durch man sonst die Distanzen auszufüllen gewohnt ist, bitte ich schlechterdings wegzulassen. Wir wollen Alles vermeiden, was Schnörkel und Ueberladung ist, und Schnörkel heißt mir in einem Buche Alles, was nicht Buchstabe und Jnterpunction ist." Aber auch in diesen Kreisen werden mit der Zeit andere Anschauungen Eingang finden. (Schluß folgt.) Vom Internationalen Literarischen Kongreß. II.*) In seiner Sitzung vom 21.Juni, worin Victor Hugo den Vorsitz führte, verhandelte der Literarische Congreß über den Bericht des Ausschusses I.**), welcher sich mit dem Prinzip des literarischen Eigenthums selbst und seinem juristischen Charakter zu beschäftigen hatte. Referent war Hr. Dognse; der Ausschuß erklärt auf Grund einer sehr eingehenden Debatte mit starker Mehrheit: Das lite- *) I. S. Nr. 140. **) Die Ausschüsse des Congresses sind folgendermaßen zusammen gesetzt: Commission I. (Definition des literarischen Eigenthums, Be dingungen dieses Rechts, seine Dauer u. s. w.) Präsident Carlier, Vice- präsident Michel Masson, Secretär Marcel Guay; Commission II. (Uebsrsetzung, freie Ueberlragung, Bearbeitung, Unzulänglichkeit der diplomatischen Verträge für den Schutz des Originals) Präsident Edmond About, Vicepräsidenten Turgänjeff und Molesworth, Secretäre Felix Jahyer und van Duyl; Commission III. (Sociale Lage der Schriftsteller, Schriftstellervereine, Institute zur Besserung der materiellen Lage der Schriftsteller) Präsident Mauro-Macchi, Vicepräsidenten PH. Audebrand und Schweichel, Secretäre Louis Collas und Victor Rozier. rarische Eigenthum ist keine Erfindung des Gesetzes, kein Privilegium i der Gesetzgeber schafft es nicht, sondern kann nur die Aufgabe haben, es zu gewährleisten. Rechtlich sollte diese Form des Eigenthums hinsichtlich der Dauer allen anderen gleichstehen, also ewig sein ; doch erklärt sich der Ausschuß aus Nützlichkeitsgründen mit dem System des „vomaino public; pazmut" einverstanden, d. h. nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Periode des ausschließlichen Eigenthumsgenusses soll das Werk des Schriftstellers gegen einen Entgelt an seine Erben oder Rechtsnachfolger von Jedermann vervielfältigt werden können. Zahlreiche Redner waren eingeschrieben; Edmond About, Ratisbonne, G. de Molinari, Mauro-Macchi, Cellier, Dognöe, Hector Malot, Charles Bataille, Turgönjeff, Leon Riehe führten der Reihe nach das Wort; die Krone der Debatte bildete aber dann ein freier Vor trag Victor Hugo's. Man lernte, wenigstens die jüngere Generation lernte hier den großen Dichter von einer ganz neuen Seite kennen; aus dem Stegreif und mit der liebenswürdigsten Ungezwungenheit, dabei aber in freiester Herrschaft über die Sprache und über den Gegenstand, unterhielt Victor Hugo die erstaunte Zuhörerschaft etwa eine halbe Stunde lang von einer rechtsphilosophischen Frage, wie sie ein Professor oder Advocat nicht sachkundiger und sicherlich nicht ebenso gemeinverständlich und anziehend behandeln könnte. Die Debatte bewegte sich um folgende Sätze des Ausschußberichts: Das Recht des Autors, seiner Erben und Rechtsnachfolger ist ewig (besser vielleicht: von unbeschränkter Dauer). Gleichwohl kann der Erbe, welcher 20 Jahre verstreichen läßt, ohne das Werk, dessen Eigen- thümer er ist, zu veröffentlichen, seiner Rechte verlustig gehen. Des gleichen kann nach Ablauf der von den gegenwärtig in den verschie denen Ländern herrschenden Gesetzen für die Dauer der Autorrechte bestimmten Frist Jedermann die literarischen Werke ungehindert vervielfältigen, wofern er den Erben und Rechtsnachfolgern des Autors eine näher zu bestimmende Quote vom Gewinn zahlt. Diese Quote ist der Steuer unterworfen. Mehrere Redner hatten sich sehr eifrig für eine lange Dauer des Eigenthumsrechts der Erben erklärt, wie sie z. B. schon jetzt in Frankreich auf 50 und in Spanien sogar auf 80 Jahre bemessen ist. Edmond About, der diesen Standpunkt vertrat, wollte nur eine Ausnahme für den Fall zulassen, daß die Erben das Werk geflissentlich der Oeffentlichkeit vorenthielten oder entzögen, daß also z. B. die Erben Voltaire's seine Werke an den Bischof Dupanloup verkauften, der natürlich nichts Eiligeres zu thun hätte, als jede neue Vervielfältigung zu Hintertreiben. Victor Hugo huldigt aber — und dies war für viele seiner Zuhörer eine Ueber- raschung — viel radicaleren Ansichten: für ihn hat der Erbe über haupt kein Eigenthumsrecht an dem Werke, keinen juristischen An spruch, sondern es soll ihm nur aus Billigkeitsgründen jene oben erwähnte Quote zugestanden werden, und zwar soll dieses Rechts- verhältniß schon mit dem Tode des Autors eintreten. Der Dichter, der hier so absolut auftritt, und doch, wie allbekannt, ein nichts weniger als liebloser Familienvater ist, entwickelte seine Theorie etwa wie folgt. Zunächst stehen sich in der Frage zwei Personen gegenüber: der Autor und die Gesellschaft (Is ckomsins pnblio). Ganz unumschränkt bleibt das Eigenthum des Autors eigentlich auch nur so lange er das Werk nicht veröffentlicht hat. Was er einmal dem Publicum übergeben, kann er, geistig betrachtet, nicht mehr zurücknehmen: keine Macht der Erde könnte ihm das ermög lichen; höchstens kann er — und das ist unbestritten — neue Ver vielfältigungen verbieten, aber auch damit wird er seinen Zweck nur wenig erreichen. Es kann z. B. Vorkommen (Jedermann verstand die Anspielung auf den eigenen Fall des Redners), daß ein Schriftsteller in seiner Jugend von monarchisch-katholischen Ideen ausgeht, um in der Schule des Lebens zu einer ganz entgegengesetzten Welt anschauung zu gelangen; kann er, soll er deshalb die Werke seiner Jugend verleugnen, ändern oder ungeschehen machen? Keineswegs, wenn er sich nur immer in gutem Glauben befand : „Das menschliche
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