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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.04.1878
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- Erscheinungsdatum
- 15.04.1878
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- Deutsch
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88, 15. April. Nichtamtlicher Theil. 1503 „Meine Quelle", antwortete der Schriftsteller, „versichert, daß darin nichts von jenen verunglückten Verbesserungen zu finden ist." „Wozu dann diese Anführung?" rief der Buchhändler ärgerlich. „Um erst zu beweisen, was nicht ist und war — " „Aha", fuhr der Apotheker dazwischen, „und nachher: was ist?" „Also weiter!" forderte die um den Tisch versammelte Gesell schaft wie aus Einem Munde. „Johann Balthasar Schupp, oder Schuppius", fuhr der Schriftsteller nun fort, „ein gelehrtes Haus, welches im siebzehnten Jahrhundert existirte, suchte den Ursprung der so viel gebrauchten und doch in ihrem Ursprung schon damals nicht mehr gekannten Redensart in der von Ballhorn versuchten Vermehrung des Alpha bets. Derselbe soll nämlich der Erfinder unserer Doppelbuchstaben, ll, ff, tt, ss, sein." „So wird uns der Beweis also aus dem ff geliefert?" „Au!" entfuhr dem Buchhändler auf diesen Witz des Apothekers. „Aber", schloß der Vortragende, ohne diese Unterbrechung zu beachten, mit unverwüstlicher Ruhe seinen Satz, „das ist auch nichts. Es gibt überhaupt kein von Ballhorn gedrucktes ABC-Buch und am wenigsten eins mit diesen Doppelbuchstaben." „Schön! Wieder ein Beweis, was nicht ist." „Fortfahren! Fortsahren!" verlangten die Andern. „Christian August Heumann", entsprach der boshafte Erklärer diesem Verlangen auch sogleich, „ebenfalls ein altes gelehrtes Haus, behauptete in seiner .Poecile', daß einige Lückenbüßer-Stellen aus Cicero und Quinctilian, mit denen Ballhorn eine leere Seite in einem seiner Werke ausgefüllt habe, die Veranlassung gewesen, seinen Namen für alle Zukunft zu verunglimpfen." „Das ist aber auch wieder nicht wahr ?" spottete der Buchhändler. „Ja, das ist auch wieder nicht wahr, alter Freund, und wissen Sie, warum nicht?" „Habe nicht die Ehre —" „Weil solche Zusätze oder Anhängsel im fünfzehnten und sech zehnten Jahrhundert so allgemein und gewöhnlich waren, daß sie gar nicht auffallen konnten." „Nun, denn zur Sache!" rief man, müde dieser Beweise dessen, was nicht stichhaltig. Abermals ließ der Schriftsteller darauf seine großen Augen starr eine Weile auf den Gesichtern der Tischgenossen ruhen; dann begann er von neuem: „Aus Siebenkees' juristischem Magazin' führt mein Gewährs mann folgende Erklärung der Redensart .Verballhornt' an: Das von Ballhorn 1586 gedruckte ,Lübeckische Stadtrecht' habe den Zu satz getragen: Vermehrt und verbessert durch Johann Ballhorn. Das sei jedoch wieder nicht wahr; denn auf dem Titelblatt jenes Druckwerks stehe darauf bezüglich weiter nichts als: Gedruckt zu Lübeck durch Johann Ballhorn 1586. Aber", setzte der Peiniger fort, als er merkte, daß seinen Zuhörern die Geduld reißen wollte — „aber es kann dennoch seine Richtigkeit mit dem Ursprung der Verballhornung aus diesem Druckwerk haben." „Endlich!" erklang es von den Lippen Einiger. „Nur Geduld!" scherzte der Buchhändler, „am Ende wird es wieder nicht wahr sein." Der Schriftsteller fuhr fort: „Ballhorn hatte dies ,Lübeckische Stadtrecht' gedruckt, doch nicht versaßt. Als es die Leute in die Hände bekamen, mißfiel es ihnen sehr und wurde für eine verfehlte, ungenügende Arbeit gehalten. Der weise Rath, der es zusammengestellt, ein Senator von Stieten, hielt sich daraufhin vorsichtig im Dunkeln und so schimpften Alle aus den unschuldigen Ballhorn, weil dessen Name auf dem Titelblatt genannt war. Kurz und gut, ihn machte man zum Sündenbock all des Unmuths, den das Erscheinen dieses Buches in Lübeck, Holstein und Mecklenburg aufrief." „Das klingt doch sehr unwahrscheinlich", meinte der Apotheker. „Jedenfalls ist es kein Beweis", hob der Buchhändler mit sichtlicher Genugthuung hervor. „Ich stelle ja Jedem anheim, ob er sich damit zufrieden gibt", versetzte der Schriftsteller. „Sie ersehen aus alledem, wie leicht sich die Beweise für die Ursache einer im Munde von aller Welt lebenden Redensart ins Unbestimmte verlieren. Am nächsten lag es, einen Lübecker Chronisten darüber zu hören. Ein neueres Werk solcher Art von Professor Deecke, 1852 erschienen, mit dem Titel ,Lübische Geschichten und Sagen', kommt in der Thal auch darauf zu sprechen und bringt über die Redensart: Verbessert durch Hans Ballhorn, folgenden Aufschluß." Er zog jetzt ein Heftchen hervor, dessen Titelblatt mit der Auf schrift: „Historische Wörter, Sprichwörter und Redensarten, ge sammelt von vr. C. v. Wurzbach", er geflissentlich allen Umsitzenden vor Augen hielt, und las daraus das betreffende Citat vor: „Johann Ballhorn war ein Buchdrucker aus Soest in West- phalen gebürtig, der 1528 in Lübeck ein neues Fibelbuch herausgab und zuerst den lutherischen Glauben, das Vaterunser und den Haus spiegel hinzufügte, zum Aergerniß der Geistlichkeit. Andere Krän kungen verursachte Ballhorn der Clerisei durch die Veröffentlichung der neuen Ordnung des Lübeck'schen Gottesdienstes. So wurde er denn von seinen Feinden sprichwörtlich gemacht in dem Sinne, als ob er sich wie ein rechter Thor mit ungelegten Eiern abgegeben, wozu auch das Sinnbild seiner Fibel den Anlaß lieh. Von Ball horn nämlich rührt der krähende Hahn her, der seitdem auf dem Titelblatte keines ABC-Buches fehlen durfte. Es sollte damit aus gedrückt sein, daß die Christenheit wachsam sein müßte, oder es wür den ihr fremde Eier ins Nest gelegt. Ist doch der Hahn überhaupt ein vom Volksglauben bevorzugtes Thier, dessen Krähen die Ge spenster der Nacht verscheucht, und den Dunkelmännern schon durch die Aufgabe verhaßt, daß er den Anbruch des Tages zu verkünden hat. Trotz der Anfechtungen und Gegenversuche des Domcapitels blieb Hans Ballhorn der deutsche Fibellieferant und die Verfolgungen blieben fruchtlos. Dafür rächten sich die Gegner, indem sie den Buchdrucker verriefen und boshaft verspotteten, so daß man noch heutzutage die ungeschickte Veränderung eines Buchs oder Kunst werkes als eine .Verballhornung' zu bezeichnen Pflegt." „Heh, heh!" schloß nun der Schriftsteller gegen den Buch händler, „darnach hätte ich doch eher Recht, mein Lieber!" „Sie haben indessen auch nur lauter Vermuthungen für Ihre Ansicht beigebracht." „Ja, gewiß ist eben nichts weiter, als daß im Namen des Lübeck'schen Buchdruckers der Entstehungsgrund jener Redensart zu finden ist." „Was beweist", glossirte zum guten Ende der Apotheker, „daß Einer berühmt und unsterblich werden kann, er weiß nicht wie." Miscelleu. Leipzigs Ausfuhr von Büchern, Zeitschriften und Musika lien nach den Vereinigten Staaten im 1. Quartal d. I. belief sich nach einem Bericht vom hiesigen nordamerikanischen Consulat auf 68,793 Doll. Gold. Der Verein „Berliner Presse" hat beschlossen, sich an dem lite rarischen Congreß, der mit der Pariser Weltausstellung ver bunden wird, zu betheiligen und seinen Vorsitzenden, Redacteur Schweichel, als Delegirten abzusenden. Personalnachrichten. Am 10. April starb nach längeren Leiden im 68) Jahre Herr Gustav Heckenast in Preßburg. 207*
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