Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.03.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 10.03.1900
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19000310
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190003105
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19000310
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1900
- Monat1900-03
- Tag1900-03-10
- Monat1900-03
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
58. 10. März 1900. Nichtamtlicher Teil. 1953 Nichtamtlicher Teil Vörsenvcrein der Deutschen Buchhändler. Gesetzentwurf betreffend Slenderungcn und Ergänzungen des Strafgesetzbuches. (Vgl. Börsenblatt Nr. 33. 35, 36, 37, 47, 55.) Eingabe des Börsenvereins-Vorstandes an den Reichskanzler. Seiner Durchlaucht dem Kanzler des Deutschen Reichs Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst Berlin VV. Euer Durchlaucht beehrt sich der Unterzeichnete Vorstand des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig als Vertreter der gesamten Interessen des deutschen Buch- und Kunsthandels mit Rücksicht auf die zur Zeit dem Vernehmen nach schwebenden Verhandlungen, die es ermöglichen sollen, eine Einigung zwischen der Regierung und dem Reichstage über Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs (lex Arenberg) herbeizuführen, folgendes ehrerbietigst zu unterbreiten. I. In dem durch Beschluß des Reichstags angenommenen Entwürfe von §184 aliass, 1 des Strafgesetzbuchs ist mit Strafe bedroht, wer unzüchtige Schriften, Abbildungen und Darstellungen zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält. Es ist dabei nicht Rücksicht darauf genommen, ob die Person, die die Schriften vorrätig hält, von deren unzüchtigem In halte Kenntnis hat oder nicht. Für den Inhaber einer großen Sortimentsbuchhandlung wäre es mit den größten Schwierigkeiten verbunden, sich von dem Inhalte eines jeden in seinem Geschäfte befindlichen Buches und von der sittlichen Beschaffenheit einer jeden in einem Buche enthaltenen Abbildung zu überzeugen. Völlig undurchführbar ist dies insbesondere zur Weih nachtszeit, da zu dieser dem Sortimenter Werke aller Art von den Verlegern in großen Mengen, zum Teil unverlangt, übersandt werden. Der Sortimenter würde gezwungen sein, seine ganze Zeit ausschließlich mit der Prüfung der ein- getroffenen Bücher hinzubringen, um nicht täglich wegen des ihm unbekannten unzüchtigen Inhalts eines auf seinem Lager befindlichen Buches einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt zu werden. Aber selbst wenn der Sortimenter sich bezüglich jeder einzelnen Schrift oder Abbildung davon überzeugen wollte und könnte, ob sie unzüchtig ist oder nicht, würde er nicht sicher sein, der Strafe zu entgehen. Denn was ihm lediglich ästhetischen Kunstgenuß verschafft, kann leicht von anderer Seite, insbesondere auch von dem Publikum oder sogar von dem Richter, als unzüchtig angesehen werden. Kann sich schon der Sortimenter eine Kenntnis sämt licher bei ihm einlaufenden Bücher kaum verschaffen, so ist diese Möglichkeit ganz ausgeschlossen für den Inhaber eines großen Kommissionsgeschäfts. Es giebt Weltfirmen dieser Art, bei denen täglich Hunderte von verpackten Bücherballen eingehen, ohne daß der Kommissionär auch nur eine Ahnung von dem Inhalte der einzelnen Bücher haben kann. Die großen Kommissionsbuchhandlungen sind völlig außer stände und auch nicht berufen, die von den Kommittenten ihnen über sandten buch- und kunsthändlerischen Artikel auf ihren moralischen Wert hin zu prüfen und gegebenenfalls an stößige oder auch nur bedenklich erscheinende Werke zurück zuweisen; sie fallen aber unter die Strafbestimmungen des § 184 Llinös. 1, denn sie halten die Werke zum Zwecke der Verbreitung vorrätig. SlebenmidscckizWer Jahrgang. Es müßte nach unserem Dafürhalten, um die Kommis stons- und Sortimentsbuchhändler vor einer unbeabsichtigten Härte in der Anwendung des Z 184 alinsg. 1 zu schützen, mindestens eine Einschaltung gemacht werden, die als Voraus setzung der Strafbarkeit des betreffenden Buchhändlers er klärt, daß der Beschuldigte die Unzüchtigkeit der Schriften, Abbildungen und Darstellungen, die bei ihm vorrätig sind, gekannt hat oder den Umständen nach hätte kennen müssen. Gegenwärtig stimmt zwar Wissenschaft und Praxis darin überein, daß zur Strafbarkeit Kenntnis von der Unzüchtigkeit des Inhalts des vertriebenen Werkes rc. gehört; es erscheint uns aber gegenüber der Fassung des Gesetzes nicht ausgeschlossen, daß diese Rechtsauffassung ver lassen wird, wenn das Gesetz sie nicht ausdrücklich bestätigt. II. In UinsÄ 2 des Z 184 war nach der Regierungs vorlage die Altersgrenze auf 16 Jahre festgestellt. Der Reichstag hat sie bis auf 18 Jahre erstreckt. Wir bitten im Interesse des deutschen Buch- und Kunsthandels dringend, es insoweit bei der Regierungs vorlage zu lassen. In den Verhandlungen im Reichstage ist auf viele Fälle hingewiesen worden, wo es für den Buchhändler ganz unmöglich ist, einen Käufer über sein Alter zu befragen. Solche Fälle werden sich insbesondere in Garnisonstädten und Universitätsstädten häufig ereignen. Es würde nun nach unserem Dafürhalten weit über das Ziel hinausschießen, wenn man einem Buchhändler dafür, daß er in solchen Fällen die Lieferung eines Werkes nicht abgelehnt hat, einen Vorwurf machen und ihn in Strafe nehmen wollte. Wir stimmen mit der Regierungsvorlage darin überein, daß es verwerflich ist und daß es unter Strafe gestellt werden soll, wenn jemand im Jünglings- und Jungfrauen alter stehenden Personen, also solchen unter 16 Jahren, unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen gegen Entgelt überläßt oder anbietet. Wir glauben aber, daß durch diese Altersgrenze die Heranwachsende Jugend gegen die Verführung genügend geschützt ist, und so sehr wir es verurteilen, wenn einzelne Buchhändler überhaupt sich dazu her geben, absolut unzüchtige Schriften gewerbsmäßig zu vertreiben, so müssen wir doch das Bedenken ausdrücken, daß auch ehren hafte Buchhändler sich strafbar machen können, wenn sie in einem einzelnen Falle einmal ein solches Werk auf Verlangen beschaffen und verkaufen. Es kann dem einzelnen soliden Buchhändler nicht angesonnen werden, in jedem Falle, wo ein mehr als 16 Jahre zählender junger Mann ein un züchtiges Werk oder eine unzüchtige Darstellung geliefert ver langt, zu prüfen, ob er dies thut, um bei sich oder anderen dadurch Lüsternheit zu erregen oder um die Darstellung zu wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken zu verwenden. III. Die schwersten Bedenken aber haben wir gegen K 184a sowohl in der Fassung der Regierungsvorlage, wie in der Fassung, die er durch die Beschlüsse des Reichstages erlangt hat. Auch hier sind wir völlig damit einverstanden, daß jeder, der Ausstellungen veranstaltet in der Absicht, das Scham gefühl zu verletzen, und daß jeder, der durch das entgeltliche oder unentgeltliche lleberlassen von das Schamgefühl ver letzenden Darstellungen an jugendliche Personen an der Verführung der Jugend mitschuldig wird, bestraft wird. Aber es scheint uns, als ob die Begriffsbestimmung der unter Strafe gestellten Schriften und Abbildungen für das 262
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder