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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.12.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-12-01
- Erscheinungsdatum
- 01.12.1913
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- Deutsch
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13138 Börsenblau f. k. Dtfchn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 278, 1. Dezember IS13. der im Cafe Monico ihre Ergänzung. Selbstverständlich war die Zensur, die sich angeblich die großen Leihbibliotheken über die zeit genössische Literatur anmatzen sollen, das Hauptthema. Sir E. Broadbcck C. B., der Borsitzende der Versammlung, konstatierte als seine unmaßgebliche Meinung, daß es eine große Unverschämtheit sei, wenn sich irgendein Mensch erkühne, einem Schriftsteller vor schreiben zu wollen, was er drucken lassen soll, oder dem lesenden Publikum etwas zu verbieten, was es lesen wolle. Die großen Leihbibliotheken, die die »OiroulatinA lübrarz- Lssoeiation« ge bildet hätten, täten am besten daran, ihre Vereinigung wieder aufzulösen und jede Firma allein darüber entscheiden zu lassen, welche Bücher sie in ihre Leihbibliothek ausnehmen wolle. Der jetzige Zustand sei unhaltbar, denn wenn schon eine staatliche Zen sur ein Unglück sei, so wäre eine von Privatpersonen ausgeübte Zensur eine Dummheit! Der Dechant von St. Paul's Cathedra! war mit der Ansicht des Vorredners durchaus nicht einverstanden. Er behauptete, daß wie es den Apotheken verboten sei, Gift ohne ärztliche Er laubnis an das Publikum zu verkaufen, so müsse auch das in Bü chern enthaltene geistige Gift, besonders die unsittlichen Bücher, soviel wie möglich von dem allgemeinen Markte femgehalten werden, da diese Art Literatur namentlich unter den jüngeren Le sern einen furchtbaren Schaden anrichte. Die täglichen Polizei berichte gäben hierüber genügenden Aufschluß, und wie der Staat die Schaustellung von unanständigen Bildern verbiete, so hätte er auch das Recht, ja die Pflicht, gegen unsittliche Literatur einzu schreiten. Er möchte aber gleichwohl von einer staatlichen oder gar einer bischöflichen Zensur absehen und den Parteien empfeh len, sich auf eine literarisch anerkannte Autorität zu einigen. Viel leicht würde Mr. Edmund Gosse gegen ein gutes Gehalt das Zen suramt übernehmen und entscheiden.welcheBllcher gedruckt werden dürften, wenn sich die interessierten Parteien nicht dazu verstehen könnten, ein Komitee zu wählen, das diese Funktion ausübe. Es sei zu befürchten, daß ohne eine solche Zensur, Bücher fraglicher Art in Unmengen erscheinen würden. Den Leihbibliotheken könne nicht zugemutet werden, daß sie alle Bücher ohne jegliche Auswahl zir kulieren ließen, und der Gründer von Lludie's lübrar^ habe des halb seine Leihbibliothek als »seleot« bezeichnet. Die Firma heiße heute noch Uudie's Seleot lübrar^ und deute damit an, daß sich die Firma das Recht Vorbehalte, eine Auswahl unter den Werken, die sie an ihre Subskribenten verleihe, zu treffen. Der bedeutende Literarhistoriker Mr. Edmund Gosse, dem die französische Regie rung vor kurzem wegen seiner Verdienste um die fran zösische Literatur das Band der Ehrenlegion verlieh, nahm darauf das Wort. Seine Ansicht sei, führte er aus, daß es sich jeder Schriftsteller zur Ehrensache machen müsse, so zu schreiben, daß anständige und gebildete Men schen keinen Anstoß an seinen Schriften nehmen könnten. Er selber sei für uneingeschränkte Preß- und Druckfreiheit, die von unseren Ahnen in schweren Kämpfen errungen worden sei. Er könne den von geistlicher Seite hervorgehobenen Standpunkt würdigen, aber der Standpunkt der Laien sei ein anderer und durchaus nicht zu ver werfen. Die Geistlichkeit lege aus die Moral ein allzu großes Gewicht. Es sei zu verstehen, daß ein Geistlicher oder ein Lehrer die Schriften eines Shakespeare, eines Fieldling als unsittlich empfände und von seinem Standpunkt aus deren Vernichtung anstrebe, um möglichenfalls eine durch das Lesen dieser Werke in Gefahr geratene Seele zu retten. Die Laien seien aber über zeugt, daß diese Bücher einen solchen Schaden unmöglich anrichten könnten, und sie hätten jedenfalls das Recht, auch in dieser Frage mitzusprechen und dem von klerikaler Seite geltend ge machten Standpunkt cntgegenzutreten. Keiner der Versammelten sei ein solcher Eiferer, wie Savonarola es gewesen sei, aber er erinnere daran, daß es noch nicht so lange her sei, daß die Lek türe von »Jane Ehre« der Jugend verboten war. Vor ungefähr 70 Jahren sei Mrs. Browning von der tiaartsrlz- keviev denun ziert worden, weil sic »Ben Jonson« zitiert habe. Gott sei Dank, sei eine solche Prüderie beinahe ausgestorben! Falls eine wei tere Zügellosigkeit in der Literatur einreitzen sollte, würde sie sich bald bitter rächen, indem die unvermeidliche Reaktion eintreten und dadurch der wahren Literatur nur Schaden bringen würde. Die Versammlung kam schließlich zu dem Schlüsse, daß eine Zensur in Großbritannien unmöglich geworden sei, und daß man sich in dieser Frage am besten neutral verhalte. Wie sehr die Bewegung gegen die moderne Richtung in der Literatur um sich gegriffen hat, läßt sich auch daraus erkennen, daß eine öffentliche Versammlung in der Guildhall zusammenberufcu wurde, bei der Redakteure, Bibliothekare, Verleger, Sortimenter, Zeitungshändler und Vertreter der Regierung zugegen waren. Der Vorsitzende, der bekannte Schriftsteller Bischof Boyd Car- penter, machte die sensationelle Enthüllung, daß die Regierung sich ernstlich mit derFrage einer Zensur beschäftige. Boyd Carpenlcr erklärte, man habe ihm mitgeteilt, daß die zuständigen Behör den sich ernstlich mit dem Gedanken trügen, gesetzliche Maßregeln betreffs der Einschränkung anstößiger Druckschriften zu treffen, und bereits mit der Ausarbeitung einer solchen Gesetzesvorlage stark beschäftigt seien. Er selber hoffe, daß die gesetzlichen Vorschläge nicht gar zu engherzig sein möchten, da das Übel nur vergrößert würde, wenn das große Publikum die Sache so auffassen würde, als ob auf Antrag einer kleinen Anzahl Zeloten hin die Preß- und Druckfreiheit beschränkt würde. Das Publikum habe im allgemeinen einen sehr gesunden Instinkt, den man für dem müsse, indem man es in erzieherischer Weise auf einen so hohen moralischen Standpunkt höbe, daß obszöne Bücher und Annoncen von ihm selber abgelehnt würden. vr. Russell Wakefield, Bischof von Birmingham, sprach sich dahin aus, daß auch die Bühne in den Rahmen der Vorschläge seitens der Gesetzgebung gezogen würde. Die Literatur allein zu bevormunden, habe keinen Zweck. Die öffentliche Diskussion unsittlicher Dinge sei nicht das Schlimmste, sondern die Art und Weise, wie heikle und unsittliche Dinge beschönigt und suggeriert würden. Seiner Meinung nach sei Boccaccio viel unmoralischer als der vielgeschmähte Rabelais. Das einzige Mittel sei, durch die Presse, Kanzel usw. auf das Publikum zu wirken und allmählich eine öffentliche Meinung zu schaffen, die den Verkauf und die Verbreitung derartigerBücher,Bilder und die Produktion unsittli cher Theaterstücke unmöglich mache. Mr. A. G. Gardiner appellierte an die Lehrer, die Jugend mit guter Lektüre bekannt zu machen und ihr den Geschmack für das Gute und Edle einzupflanzen. Nur auf diese Weise könne sich allmählich eine starke moralische Mei nung heranbilden, die auf die Dauer den Verkauf und die Ver- breitung von unsittlichen Werken verhindere. Der Regierungs- Vertreter, Mr. G. A. Aitken, betonte, daß die Gesetzgebung dem eingerissenen Übel im großen und ganzen ohnmächtig gegeullber- stehe, da man keinen Gesetzesvorschlag so abfassen könne, daß die in Büchern vorhandenen antimoralischen Ideen unter das Straf gesetz sielen. Dagegen war der Redakteur der Westminster Ga- zette, Mr. I. A. Spender, der Ansicht, daß man nicht die Literatur selber in Acht und Bann erklären solle, sondern nur die Verleger und Verbreiter der wirklich obszönen Machwerke. Die großen Schriftsteller aller Nationen würden hiervon nicht berührt, es sei im Gegenteil wünschenswert, daß die Klassiker, und zwar auch die der fremden Nationen, recht viel gelesen würden, da sie am besten den neuerdings in der modemen Literatur eingerissenen Tendenzen entgegen arbeiten würden. Mr. Darton, als Ver treter der Verleger, behauptete, es sei Wohl das Zweck mäßigste, wenn ein jeder Verleger der Zensor seiner eigenen Ver- lagsartikel sei. In Hinsicht auf die obigen Ausführungen ist die Stellung nahme des eigentlichen Publikums zu dieser Frage interessant. Das »lüterarx Supplement« zu den Times vom 31. Oktober brachte einen längeren Artikel unter dem Titel »8ome Taets Lbout klo- tiou«. »blumbers and kopularitx«. — In diesem Artikel werden folgende 12 Romane als die in dieser Saison am meisten gekauf ten angegeben: »Tbe VVoinan Tkou Kavesi Na.« Hall Caine. k/—. (Heinemann.) »Tbe Lmatsur Kentleman.« Jessery Farnol. k/—. (S. Low.) »Tire Aatinss ok kxdia.« Mrs. Humphry Ward. 6/—. (Smith Elder.) »Tbe vevil's Karden.« W. B. Maxwell. 6/—. (Hutchinson.) »Tks Broken Halo.« Florcnce L. Barclay. 6/—. (Putnams.) »Stella Naris.« W. I. Locke. 6/—. (I. Laue.) »Eldorado.« Baroneß Orczy. 6/—. (Hodder L Stoughton.) »Tbe Kofent.« Amold Bennet. 6/—. (Methuen.) »Tbe Bassionate (Fortsetzung auf Seite 13181.1
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