Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.05.1881

^ 107, 11. Mai. Nichtamtlicher Theil. 1985 Emsland", „Baltische Novellen", „Helgoländer Novellen", „Ge schichten ans der Mark", „Am Strand der Adria", „VonRhein und Rhone", „Amerikanische Geschichten", „Mecklenburger Geschichten", „Californische Novellen" u. s. w. u. s. w. Charakteristisch ist das Verhalten des ersten unserer Novellen dichter Paul Heyse's. Er sah bald ein, daß auf die Dauer die clas- sisch - vornehme Bezeichnung „Novellen" für seine verschiedenen Sammlungen nicht ausreichen könne; so griff auch er zu Beiworten, und den Meeraner Novellen folgten die „Moralischen", deren Titel ironisch andeuten sollte, daß es der Novellen Aufgabe nicht sei, Moral zu dociren. Aber auch um die Beiworte ist man verlegen geworden; man hat „historische", „culturhistorische", „neue" und abermals „neue", „romantische" und „humoristische", „pädagogische" und „lustige", „stille" und „lachende", „harmlose" und „katholische" Novellen und Geschichten. Man hat Künstler-, Theater-, Marine-, Soldaten-, Vorstadt-, Hochlands- und Neue Welt - Novellen; wir haben „Geschichten in Zickzack" und „Novellenpasteten". Es blieb schließlich auch hier nichts übrig, als zu Umschreibungen zu greisen. Lorm's „Am Kamin", Eckstein's „Sturmnacht" wollen bezeichnen, wo und wann der Autor seine Leser erwartet, Stern's „Aus dunklen Tagen" kündigt die Stimmung an, aus der heraus die einzelnen Novellen, die der Band vereinigt, entstanden sind, Rosenthal- Bonin's „Unterirdisch Feuer" die Art der Conflicte, welche er uns schildert. Andere schreiben dann einfach den Titel der ersten No velle dem ganzen Band aus die Stirn, wie neuestens auch Heyse in „Frau von F. und römische Novellen". Und immer schwerer wird die Wahl des Namens, den man seinen Novellen geben soll, und sehr glaubhaft schreibt mir neulich ein Freund in Heller Verzweiflung: „Ich habe einen Verleger für meine Novellen, aber keinen Titel. Kannst Du mir helfen? Von jedem Titel, der mir einfällt, sagt der grausame Buchhändler, er sei schon wiederholt verwendet, und die Novellen sollen doch ihren eigenen Namen haben. Wie nenn' ich meine Novellen?" Johannes Proelß. Miscellen. Aus Bayern. Wenn kürzlich (Nr. 89) berichtet wurde, daß der Berliner Magistrat 15 U Rabatt von den Buchhändlern be ansprucht, so muß anerkannt werden, daß diese Körperschaft doch rücksichtsvoller gegen unsere College« ist, als man von ihr verlangen kann, nachdem sie ohne Zweifel zu dieser Normirung durch die ihr vorliegende Münchener Gemeindezeitung veranlaßt worden ist, in welcher letzter» (vom 9. Dec. 1880, Seite 1210, Bericht über eine Magistratssitzung, Tagesordnung: Submissionen) Folgendes zu lesen ist: Für Lieferung des Bücherbedarfs ist auf die erfolgte Ausschreibung nur ein einziges Angebot eingekommen, was um so auffallender ist, als im vorigen Jahre eine Anfrage an den Magistrat kam, wann denn die Bücherliefernngen neu vergeben werden. Der einzige Submittent ist Adolf Ackermann, welcher bisher schon den Bücherbedarf zur vollen Zu friedenheit lieferte und einen Rabatt von I7yz, also etwas höher als bisher, bietet. Die Commission beantragt, mit demselben neuerdings Vertrag abzuschließen. Für die Landkarten und Atlanten soll der Firma Mey und Widmayer mit einem Rabatt von 20YH bezw. 10YH der Zuschlag ertheilt werden. Es sind hierbei nur diejenigen Gegen stände auszunehmen, welche im Verlage von Oldenbourg erscheinen, der 20 Rabatt gewährt. Wenn die Väter der Stadt Berlin sehen, es geht den Buch händlern in München so gut, daß diese sogar freiwillig den Rabatt steigern, so haben sie ein Recht, statt bitterböser Angriffe im Börsen blatt vielmehr ein Dankesvotum zu erwarten, weil sie ungeachtet der von Leipzig bis Berlin so geringen Fracht mit weniger Pro- centen zufrieden sind, als man in München genießt. — Bemerken wollen wir noch, daß auf erfolgte Anfrage der Vorstand des bayerischen Buchhändlervereins sich außer Staude erklärte, auf die genannten drei Firmen einzuwirken, da keine derselben dem Vereine angehöre. Zur Gesundung der Geschäftslage im lieben Buchhandel glaubt die Buchhandlung von L. Rohn in Leipzig in ihrer Weise beizutragen, indem sie an die sämmtlichen hiesigen „Herren" Real schüler unter Kreuzband folgende großmüthige Offerte richtet: Schul-und Lehr-Bücher-Verzeichniß der Realschule II. Ord nung zu Leisnig. Nachstehende Bücher sind nur in den neuesten Aus lagen verzeichnet und durchgängig, wo nicht anders angegeben, in solidem Halblein-, Ganzlein- oder Halbfranzbd. gebunden. Die Preise sind die billig sten Baarpreise, da die unten erwähnten 2 0YH Rabatt schon in Abzug gebracht sind. Hierauf nicht verzeichnete Bücher werden bei einer Be stellung von 3 Mark ab mit 20YH und Noten mit 30YH Rabatt innerhalb 48 Stunden, was in Leipzig zu haben ist, besorgt, sonst in 6 —12 Tagen. L. Rohn, Leipzig. Folgt ein Verzeichniß von ca. 75 Lehrbüchern, wie sie an höheren Lehranstalten eingeführt sind. Die „Herren" Realschüler hier sind dem Hrn. Rohn gewiß recht dankbar für sein Entgegen kommen; ob aber einer derselben Lust hat, Angesichts solcher Zu stände seinen künftigen Beruf im Buchhandel zu suchen, ist sehr fraglich. Leisnig. Herrm. Ulrich. Sortimenter-Desideria. — Dem Einsender des Artikels „lieber Dies und Das" in No. 99 d. Bl., das Format der Facturen und Verlangzettel betreffend, besten Dank und vollste Zustimmung zu allem darin Gesagten. Nur möchte Einsender dieses von dem rothen Papier entschieden abrathen, weil diese Farbe die Augen zu sehr angreift. Dabei mag noch bemerkt werden, daß dieses Octav- format, in der Breite genommen, nöthigenfalls auch verdoppelt werden kann, so daß es sich wieder genau in das einfache Octav- format zusammenfalten läßt. Man begreift wirklich nicht, wie die Sortimenter sich dieses Facturen-Format-Unwesen so lange gefallen lassen konnten. Es ist ein wahres Kreuz für dieselben und hat zahl reiche Jnconvenienzen im Gefolge. Also frisch ans Werk! Personalnachrichten. Aus Stuttgart, 6. Mai berichtet die Württembergische Landes zeitung: „Der durch seine Tüchtigkeit im Geschäft und durch seine Trefflichkeit im Leben gleich hervorragende Verlagsbuchhändler Carl Aug. Schmidt (Besitzer der Firma Schmidt L Spring) ist gestern Abend um 5 Uhr, 66 Jahre alt, einem heftig auftretenden Krankheitsanfall erlegen. Der Verstorbene hat zu dem Rufe unserer Stadt als süddeutsche Verlegercentrale durch seine von ungewöhn lichem Erfolge begleiteten Unternehmungen auf dem Gebiete der Jugendliteratur sein gut Theil beigetragen; wir erinnern an die in der Kinderwelt epochemachenden und ungemein beliebten Franz Hoffmann'schen Erzählungen, von denen jetzt 185 Bändchen exi- stiren, an desselben Verfassers Lederstrumpferzählungen nach Cooper und den seit 1846 alljährlich in einem stattlichen neuen Bande er scheinenden Jugendfreund, an die gern gelesenen Mädchener zählungen der Clara Cron und eine große Reihe anderer Jugend schriften, alle durch Ausstattung und gediegenen Inhalt ausgezeichnet. Leider war es dem wackeren Manne nicht vergönnt, sein für nächstes Jahr bevorstehendes 50jähriges Jubiläum zu erleben und die Früchte seiner unermüdlichen Thätigkeit in der Ruhe des Lebens abends zu genießen; sein Andenken aber wird in dem großen Kreise Derjenigen, welche jenes Fest persönlich oder im Geiste mitgefeiert haben würden, für alle Zeiten hoch in Ehren gehalten werden." Wir haben unserm Leserkreise heute die schmerzliche Mit theilung zu machen, daß am 9. ds. Herr Eduard Frommann in Jena im kräftigsten Lebensalter nach kurzem Leiden, infolge einer Lungenentzündung plötzlich verschieden ist.