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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1872
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- Erscheinungsdatum
- 07.02.1872
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- Deutsch
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31, 7. Februar. Nichtamtlicher Tbeil. 471 Anderswo ist das eine längst ausgemachte und selbstverständ liche Sache. Volk und Regierung wirken zusammen, um den großen Dichtern die ihrer würdige gesellschaftliche Stellung und materielle Lage zu sichern; jenes, indem es diese Dichter nicht bloß „bewun dert" und „feiert", sondern ihre Werke auch liest und kauft, letztere, indem sie ihnen guidolirte Ehrenämter verleiht. Walter Scott hatte eine Jahreseinnahme von 84,000 Thalern, wovon 10,000 Thaler Jahresgehalt als „Sheriff", das übrige als Verlcgerhonorar. Mit dem Ertrage seiner Feder erbaute er das Schloß „Abbotsford", er warb er einen großen Gütercomplcr. Aehnlich waren die Einkünfte des amerikanischen Dichters Washington Irving, der sich das herrliche Tusculum „Sunnesidc" erbaute. Auch sein Einkommen setzte sich aus den Erträgnissen seines literarischen Schaffens und aus dem Einkommen als Gesandter der Vereinigten Staaten zu Madrid und London zusammen. Von den marktschreierisch in die Welt hinausgerufenen Einkünften Victor Hugo's, Lamartine's, Dumas', Suc's und anderer französischen Rcclameheldcn wollen wir nicht weiter sprechen. Genug an dem, überall gewährt das Volk seinen Dichtern ein fürstliches Einkommen, eine ihrer würdigeHcimstätte, nur nicht in Deutschland, nur nicht in Oesterreich. Nun aber wurden Grillparzer's Werke nach dem Maßstab un serer Verhältnisse von dem Verleger, dem alten Wallishausser, gut, sehr gut honorirt, und man könnte nicht sagen, daß er von diesem „ausgcbcutet" wurde, man irrt vielleicht auch nicht, wenn man an nimmt, daß der Verleger keinen Gewinn bei der Publication dieser Schriften suchte, und irrt noch weniger, wenn man vorausseht, daß er in der That keinen Gewinn dabei — trotzdem verschiedene dieser Werke wiederholte Auflagen erlebten — fand. Anderswo erhalten die Autoren ganze Vermögen als Honorare und die Verleger werden dabei Krösusse, bei uns sind die Honorare kaum nennenswert!) und die Verleger sind glücklich, wenn sic nur ihr ausgelegtes Geld wieder haben. Und wie sollte es anders sein? Voriges Jahr, als die Grill- parzcr-Fcier aller Augen aus den Dichtcrgreis lenkte, als alle Lippen und alle Federn von eitel Bewunderung und Huldigung überström ten, als Tausende und aber Tausende vertoastirt und verfestgcgessen wurden, wurde im ganzen Buchhandel nur ein, sage ein Eremplar, nicht etwa der sämmtlichen Werke Grillparzer's, sondern nur eines derselben für anderthalb Gulden verkauft! Ein zweites Eremplar wäre fast verkauft worden. Eine blaustrümpfige Aristokratin frug darum, als sic aber hörte, daß es die Riesensumme von einem Gul den und fünfzig Kreuzern Papier koste, wies sic cs entrüstet mit den Worten zurück: „Was, anderthalb Gulden? Jetzt habe ich gerade fünfzehn Gulden für einen Sitz zur Festvorstellung bezahlt, und da soll ich noch anderthalb Gulden für das Buch ausgeben? Nein, das ist zu viel!" Sprachs und ging. Natürlich, auf dem Sitz bei der Festvorstellung wird sic ge sehen, das Buch liest sie ungesehen, darum ist ihr dort nichts, hier alles zu theucr. Der Verleger Grillparzer's hat von allen seinen Dramen noch wuchtige Stöße, manche schon seit einem halben Jahr hundert kaum berührt, liegen, und cs sind nicht so viele davon unter das Publicum gekommen, daß auch nur der zehnteThcil derDamen, die bei den letzten Anlässen dem Dichter der „Sappho" ihre Bewun derung in allen Tonarten ausdrückten, sie besitzen kann; da aber diese glücklich aus dem Magazin des Verlegers ausgcflogenen Exem plare auch außerhalb dieser Damenkreise gekauft wurden, so verrech net man sich kaum, wenn man bei je hundert dieser blaubestrumpften Bewunderinncn des Dichters nur ein Eremplar seiner Dichtungen sucht. Und dabei „gingen" die Werke Grillparzer's nach hiesigen Begriffen „sehr gut". Ereignete sich doch beispielsweise das Uner hörte, Laß am Tage des Erscheinens von „Ottokar's Glück und Ende", am 19. Februar 1825, nicht weniger als 600 Eremplare dieser Dichtung verkauft wurden. Und doch, in welchem Mißvcr- hältniß steht diese „sensationelle" Absatzziffer zu den 13,0Ü0 Exem plaren, die von Byron's „Childe Harold" am ersten Erschcinungs- tage verkauft wurden, zu den 9000Eremplarcn eines Walter Scott'- schen Romanes, die sein Verleger Constable nicht am ersten Tage, sondern in den zwei ersten Stunden nach seinem Erscheinen — von 9 bis 11 Uhr Vormittags — verkaufte. Man hat dem Verleger Grillparzer's vorgcworfen, daß die ungefällige Ausstattung, die er dem Werke des Dichters gab, an dem geringen Absatz Schuld sei. Grillparzer selbst ertheille auf diesen Vorhalt die richtige Antwort: „Wir haben uns damals — sagte er — so getragen; hätte man meine Sachen, als sie erschienen, gekauft, hätten sie jetzt ein moder nes Gewand". Und daß Bewußtsein, daß seine Werke Ladenhüter waren, daß sic es selbst trotz einer csfectiven Preisermäßigung blie ben, wirkte auf den greisen Dichter unendlich verbitternd. Wie sehr konnte erden Lessing'schen Ausspruch: „Ich will weniger erhoben, aber mehr gelesen sein" auf sich anwenden, wie oft mochte er bei den Ovationen, die ihm die alle Zeit festbercitc Menge bereitete, im Geiste das Magazin seines Verlegers und dessen Ladenhütcr- speicher gesehen haben! Der Mäcen unter den oestcrrcichischen Buchhändlern, Herr Brau müller, wollte, wie erzählt wird, diesem den Dichter kränkenden, das Publicum schändenden Zustand ein Ende bereiten, und bot ihm ein Honorar von 25,000 fl. für eine neue „Gcsammtausgabe" seiner Werke, aber das empfindliche Ehrgefühl des Dichters machte ihn diesen den Antragsteller hochchrendcn Vorschlag ablehnen. So sieht der literarische, der buck-händlerische, der materielle Erfolg der Schöpfungen des großen Todten aus. Betrachtet ihn und — schämt Euch, Ihr festesscnden, toastirenden, kränzewindenden rc. Grillparzerverehrer und ditto ästhetisch greinenden Grillparzer- Enthusiastinnen! ^.8. Miscellen. Der Entwurf des Reichspreßgesetzes ist nunmehr, wie die Zeitungen berichten, den einzelnen Regierungen zur Begutachtung zugegangen. Aus Berlin. Die Spencr'sche Zeitung ist, wie das Blatt selbst unterm 4.Februar berichtet, von den Spiker'schcn Erben durch Hrn. Buchhändler Julius Goßmann käuflich erworben worden. Der Bank- und Handels-Zeitung wird als Kaufpreis (incl. Grundstück) die Summe von 400,000 Thlr. bezeichnet. Erwiderung. — Erst jetzt erhalte ich Kenntniß von dem Angriff des Hrn. A. Müller in Brandenburg in Nr. 28 l d. Bl. Es ist vollkommen unwahr, daß ich Hrn. Müller als College n um Abdruck eines Inserats bat; sondern ich wandte mich an die Re daction eines in Brandenburg erscheinenden Wochenblattes, dessen Verleger mir gänzlich unbekannt war, mit dem Ersuchen, „zur Ver mehrung der Absatzquellcn populärer Literatur (Colportage-Ge- schäfte) in kleinen Orten und auf dem Lande, wo sich Buchhandlun gen nicht befinden", zu wirken: demnach ein Gebiet zu bebauen, welches, soweit mir bekannt, durchaus nicht das des Hrn. Müller ist. Es gehört doch wahrlich eine dreiste Stirn dazu, Unwahrheiten mitzutheilen und Thalsachen zu entstellen, wie es von demselben geschehen ist. August Bolm in Berlin. Allgemeiner Buchdruckertag. — Der Verein der Buch druckerei- und Schriftgießerei-Besitzer in Stuttgart hat die aus wärtigen Collcgen zur Abhaltung eines allgemeinen Buchdruckertages l für die allernächste Zeit, etwa in Frankfurt a. M-, aufgcfordcrt, 63*
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