11182 «örlc-tl-tl I. d. Dtsch». «uchhcmd-I. Fertige Bücher. ^ 163. 1». IM Gin satirischer Roma« > (aus einem Feuilleton in der „Neuen Freien Presse" vom 5. Juli) „Der Satiriker, der sich daran genügen läßt, in den tragischen Tiefen des Lebens nach obenauf schwimmenden Antithesen zu fischen, bleibt allemal ein zum Witzblatt Verdammter. Anders jener grimmige Lächler, der, an seinem Hohn mirleidend, die Liebe hat und die ausgleichende Gerechtigkeit des lächelnden Verstehens. Hans Heyck, ein neuer Mann, wie «S scheint, zeigt in seinem Roman „Der Zeitgenosse" erstaunlich viel von dieser seltenen und kostbaren Fähigkeit. Er hat dem Buch den Ausspruch Nietzsches vorgesetzt: „Man soll nur von dem reden, was man überwunden hat". Und in der Tat! Dieses Erstlingswerk trägt alle Spuren verwundenen Erlebens. Es hat die plastische Anmittelbarkeit des Selbsterfühlten. Geschauten. Durchlittenen. Seine Menschen wachsen ersichtlich aus einem Boden hervor, den der Autor auf das genauest« kennt. Sie sind nirgends in das Milieu hineinkomponiert, nirgends literarisch erfunden, sondern in all ihrer Lebendigkeit der Wirklichkeit nachgeschrieben. Derartige Porträttreue wäre künstlerisch just nicht bedeutungsvoll — Erlebnisbücher mit vorzüglichen Photographien sind eben darum keine Kunstwerke — erst die Verwand- lung des gebrachten Bildes aus dem zufällig Einmaligen in das Gültige des TppuS kann die Voraus- setzung dafür schaffen, daß aus dem Abschauen des äußeren Seins verinnerlichte Gestalt werde—Dichtung. HanS Heyck versucht in seinem „Zeitgenossen" nichts Geringeres als das epische Gegenstück zu Ibsens »Peer Gynt". Er gestaltet in einem Entwicklungsroman den bedenk, lichsten ManneStypuS der verwichenen, wilhelminischen Epoche: den halbschlächtigen, mit allerlei Talenten begnadeten von vielerlei Ambitionen bewegten Deutschen, obenhin funkelnd und glitzernd von Verheißung, im Wesenskern hohl wie die Phrase, die ihm glatt, gefällig, suggestiv vom Munde träuft. Dieser Zeitgenosse Johann Fasterding, dessen Werdegang wir von 19 IO bis 1925, vom Gymnasiasten bis zum Rentier, in stetig wachsender Spannung verfolgen, ist ein Mensch, der immer nur in der Erscheinung lebt, die er augenblicksfixig wahrnimmt und — für wahr nimmt. Unablässig gießt er sich selber um — Peer Gynt und der Knopfgießer in einem — getreu seinem Wahl- spruch: „Das Moralische versteht sich immer von selbst.^ Es spricht für die hohe Begabung des neuen Erzählers Heyck, daß er die vielfach gespaltene Unpersönlichkeit des „Zettgenoffen", dieses in erborgten Facetten glitzernden Blind gängers des Lebens, in eine Figur zu bannen vermag, bereu zwingende Echtheit tragisch und komisch wirkt. In Johann Fasterding ist ein Menfchentyp geformt, den wir alle kennen, besten Erkennen aber dem Dichter Vorbehalten blieb, dem Dichter zumal, der auch Satiriker ist. Denn nur dank dem reinlichen Pakt zwischen beiden konnte das Wagestück gelingen, Häßliches und Schönes, Widerliches und Erhabenes zur höheren Harmonie des Unterhaltenden zu binden. Heycks Roman - eines der amüsanteste« Bücher, die ich kenne - schafft diese Synthese. Erlebnisbücher, erstmalig geschrieben, sind oft Auszüge der feinsten Kräfte des Schreibenden gewesen und — geblieben. Den Schriftsteller HanS Heyck eine Verheißung zu nennen, wäre darum voreilig. Daß er aber im »Zeitgenoffen" einen meisterlichen Anfang genommen hat, einen Start, wie ihn mancher ruhmvoll ergraute Romanverfertiger, die stattliche Reihe seiner Werke entlang, niemals fand, darf füglich nicht-/ verschwiegen werden."