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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1925
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1925-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1925
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- Deutsch
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12 914 Evrsenblatl s. d. Drichn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. -L 202, 29. August 1925. Schnabel wünsch! auch die »Verbreitung von guten Zeitschriften«. Ich fordere Herrn Schnabel auf, ein Dutzend »guter Zeitschriften« zu nennen und cs wird sich sehr schnell erweisen, daß die An sichten darüber sehr auseinandergehen. Denn nun erhebt sich die Frage: gut für wen?! Und diese Frage gilt nicht nur für die Zeitschrift, sondern vor allem für »das Buch». Es ist ein Unding, von »Publikum« und »Leserschast« und »weiten Kreisen« zu sprechen. Es gibt kaum einen Menschen, der lesen kann und nicht irgend etwas, und sei es die Zeitung, liest. Die Wahl seiner Lektüre entspricht seiner gesamten geistigen Ein stellung, sie ist nicht unabhängig vom Menschen selbst, sondern vielmehr der sicherste Prüfstein seiner Mentalität. So verschie den wie diese ist das Lcsebedürsnis und die Wahl der Lektüre. « Man muß die Gruppen scheiden: Da sind die Leser, die planvoll und systematisch ihre Lektüre nach ihren besonderen Inter essen wählen; ein kleiner, aber sehr wertvoller Kreis. Da ist ferner die große Menge berufstätiger und von Tätigkeit ermüdeter Leser, die versuchen, der geistigen Entwicklung zu folgen, und die besonders Käufer belletristischer Literatur sind; die Männer, meist ermüdeter als die Frauen, auch Käufer leichter, spannender Bücher. Ohne allzuticf in das Wesen der Dinge zu dringen, be sitzen sie doch ein gewisses Bild des allgemeinen Zusammenhangs und sind durchaus geneigt, sich belehren zu lassen, wo sie spüren, daß man ihre Art zu leben anerkennt und nicht hochmütig aus sie herabsieht. Eine dritte Gruppe: die ungeheure Menge gänzlich Ungebil deter, denen weder der Schulbesuch noch das spätere Leben Ge legenheit gegeben haben, ihre Kenntnisse irgendwie über eine be dauerliche Oberflächlichkeit hinauszubringen. Die Mehrzahl von ihnen, Arbeiter, mit dem ehrlichsten, aufrichtigsten Willen zum Lernen und Wissen, von denen sie durch Tätigkeit und Mangel an Gelegenheit ausgeschlossen sind. Ihr größtes Leid ist, daß sie zwischen den geistigen Dingen keinen Zusammenhang gewinnen können, daß das, was sie erfahren, lauter Einzelteile sind, die sich zu keinem Gesamtbild formen lassen. Diese Gruppe steht dem -Buch«, abgesehen von meist politischen und populär-wissenschaft lichen Schriften, fast feindlich, jedenfalls teilnahmslos gegenüber, nicht aus Mangel an Interesse an geistigen Dingen, sondern aus dem begreiflichen Gefühl der Abwehr gegen eine Beschäftigung, die ihnen nicht wertvolle, fördernde Erkenntnis verschaffen, son dern nur ihre Verwirrung steigern kann. Zwischen diesen Gruppen mannigfache Zwischengruppcn und Variationen. Verschieden wie sie und ihre Einstellung muß die Propaganda für das Buch sein. Der ersten Gruppe genügt völlig eine Liste der ihr Interessengebiet erfüllenden Literatur. Die zweite Gruppe bedarf einer ständigen Bekanntgabe von Neu erscheinungen, möglichst mit Angabe des Charakters und Inhalts des Buches. Die Propaganda wird um so erfolgreicher sein, je individueller sie ist. Denn hier herrschen oft vorgefaßte, schwer ausrottbare Urteile und wer Heinrich Mann liest, wird selten Rudolf Herzog lesen; dies ist auch zum Teil eine Frage des Ge schmacks, über den sich bekanntlich nicht streiten läßt. Diese Pro paganda kann keine allgemeine Zeitschrift wie etwa »Nimm und lies!« erfüllen, weil sie bei aller Vorzüglichkeit immer eine mittlere Linie halten muß; das Wesentliche bleibt der individuellen Pro paganda des Sortimenters Vorbehalten, der seine Bücher lesen und seine Kundschaft kennen muß. Bleibt die große letzte Gruppe, das »ungeheure Brachland», wie Herr Or. Reitzer sie richtig nennt. Sie für »das Buch« durch Propaganda zu gewinnen, halte ich überhaupt für unmöglich, weil, wie ich schon darzustellen versuchte, ihre Vorbildung nicht Vermehrung von Einzelkenntnisscn, sondern Zusammenfassung von Vorstellungen fordert, ohne die eine fördernde Lektüre un möglich ist. Hier muß der Boden bereitet werden, che eine Pro paganda für das Buch Erfolg haben kann, und zwar nicht nur materiellen Erfolg. Der Buchhandel raffe sich zu einer ganz große» Tat auf! Er gründe mit feinem Namen eine Volkshochschule, in der — in ganz Deutschland — jeder, der Lust hat, seine Kennt nisse erweitern kann. Das Ziel: nicht besonders viele Einzel kenntnisse zu vermitteln, sondern ein Gesamtbild der geistigen Bewegung dieser und namentlich früherer Zeiten zu geben. Ver ständnis zu wecken für die Entstehung und Entwicklung der Ideen und Theorien früherer und jetziger Zeiten. Ein Gerüst zu bauen, das klar Grundlagen und Stockwerke erkennen läßt, die auszu- füllen dann Sache des persönlichen Studiums ist. Der Besuch selbstverständlich für jedermann und kostenlos! An Lehrkräften wird es nicht fehlen, da es genügend geeignete und bereite Fach leute aus allen Gebieten gibt, die eine solche Aufgabe mit Freude übernehmen würden. Auch Räume, in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden, gibt es ausreichend, da die Kurse wohl meist in den Abendstunden und Sonntags stattfindcn müßten. Auch sollten die Kurse nicht zu trocken, sondern lebendig sein, mög lichst mit Diskussionen usw. Der Buchhandel würde mit einer solchen Schöpfung seine Stellung nach allen Seiten sehr befestigen: den Schaffenden Ge legenheit geben, außer durch ihre Werke auch persönlich zu wirken, den Konsumierenden überhaupt erst die Möglichkeit geben, sich ein Bild der Welt zu formen; und sich in ihnen die besten und an hänglichsten Freunde zu schassen. Der Buchhandel würde verstärken, tvas er sein will und sein soll: die Verbindung zwischen den geistig Schaffenden und den Konsumierenden: sür beide Wegbe reiter. Ferner aber schreibt uns Herr Horst Schöttler aus Leipzig unter der Überschrift: Sommcrtcc, Flaschenkorke und — Bücher! Vor einigen Jahren hatten die amerikanischen Teeimpor teure den Gedanken, daß es gut sei, wenn die durstige Mensch heit nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer dem Tee genuß huldige. Und zwar möglichst in verstärktem Matze! Man begann also einen Werbeseldzug, spickte die Zeitungen mit Notizen über kalte und warme Teerezepte, und um die Zeitungen will fährig zu machen, übergab man ihnen gemeinsam schöne, große Teeinserate. Der Erfolg war der, daß schon im ersten Sommer Amerika doppelt soviel Tee als im Winter verbrauchte. Ferner: Die Verkaufsstelle der Deutschen Metallkapselsabri- ken hatte vor einigen Jahren den Gedanken, daß es gut sei, wenn der Deutsche seinen Wein nur aus Flaschen trinke, die mit Metall kapseln versehen sind. Dieser glückliche Gedanke wurde den Deut schen nahezu in jeder Zeitschrift in großen Inseraten mitgetctlt. Obgleich der Werbefeldzug durchaus nicht besonders geschickt durch geführt wurde, schämt sich heute jeder, wenn er in seinem Keller noch Flaschen mit Zelluloidüberzug vorsindet. Und nun zu den Büchern! Das deutsche Buchgewerbe klagt und stöhnt. Um dem abzuhelfen, hat man bei Zeitungen und Zeitschriften angesragt, ob sie im Interesse der guten Sache un- berechnete Füllinserate bringen wollen. Die Matern würde man dann gern zur Verfügung stellen. Außerdem würde man die Namen der generösen Verleger im Börsenblatt veröffentlichen. Ferner hat man sich entschlossen, bei den Zeitschriften anzufragcn, ob sie Wohl vor Weihnachten H Anzeigenseite (1t Seite einmal, sie!) im Interesse des Buches recht billig, am liebsten aber ganz kostenlos, veröffentlichen würden. Wer generös ist, wird auch wieder im Börsenblatt bekanntgegeben. Mit solchen Mittel» soll dem deutschen Buch aus die Beine geholfen werden! Und nun, meine sehr geehrten Herren, denken Sie bitte sämt lich einmal nach. Jeder Werbefachmann, gleichviel welcher Branche, wird Ihnen bestätigen, daß es nichts Leichteres gibt, als für das deutsche Buch durchgreifende Reklame zu machen. Je schwieriger die wirtschaftliche Lage ist, desto leichter kann das Kulturgut — das deutsche Buch — gegenüber den Zigaretten, Par fümen, Likören usw. propagiert werden. Sobald die drei oder vier großen Kanonen, die jetzt im Börsenblatt ihre wirkungsvolle Reklame auf den halb ausgesogenen Sortimenter loslassen, zu- sammenberufen werden, um ihre Fähigkeiten und Erfahrungen im Interesse des gesamten deutschen Buchgewerbes zu verwerten, liegt binnen einer Stunde der vorzüglichste Wcrbeplan vor, und das deutsche Volk kauft wieder Bücher. Trotz Buchgemeinschasten, trotz schlechter, wirtschaftlicher Lage, trotz allem und jedem! Da sagen aber die vorsichtigen Herren: »Das geht nicht beim Buche». Und das werden sie solange sagen, bis der Buchhandel
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