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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.11.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-11-25
- Erscheinungsdatum
- 25.11.1913
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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12820 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. uV 273, 25. November 1913. leisten könnten. In Amerika hat man, ungehindert durch Tradi- tion, diesen Weg eingeschlagen. Aus Unterhaltung mit Biblio thekaren ging immer wieder Herbor, daß sie Wert darauf legten, als Verwaltungsbeamte angesehen zu werden. Einer der Herren sagte mir, zwischen einem modernen amerikanischen Bibliothe kar und einem Kaufmann sei kein Unterschied. Der Kaufmann suche seine Waren an den Mann zu bringen, und der Bibliothe kar habe die Aufgabe, Leser für seine Bücher zu finden; eben sowenig wie der Kaufmann daran denken könne, in seinem Bureau zu warten, ob jemand die Güte habe, zu ihm zu kommen, eben sowenig dürfe der Bibliothekar sich auf das bloße Warten de- schränken. Dieser Auffassung wird überall Rechnung getragen. Zunächst einmal wird der Zutritt zur Bibliothek nicht erschwert (wie es in Preußen neuerdings durch Vorschrift der Lösung be sonderer Bibiothekskarten bet den Unibersitäten und technischen Hochschulen geschehen ist, sondern so weit wie möglich erleichtert. Die BenutzungSdaucr läuft ununterbrochen von 10 Uhr morgens bis 10 Uhr abends. Auch Sonntags ist die Bibliothek bis abends geöffnet. Praktisch kann man also sagen: die Bibliothek steht zu jeder Zeit zur Verfügung, und zwar für jeden. Es wird nicht nach irgend welcher Berechtigung, nach irgend einer Legitimation gefragt. Die amerikanischen Bibliotheken sind die besten demo kratischen Einrichtungen, die man drüben kennen lernen kann. Das kaufmännische Prinzip geht noch weiter. Ebenso wie es die großen Geschäfte tun, gründet man Filialen an den Stellen, wo ein besonderer Bedarf erwartet wird. Um eine schnellere Orien tierung zu ermöglichen, trennt man in den großen Bibliotheken wieder Spezialbibliotheken ab. Aber man geht noch weiter. Die größte Schwierigkeit ist die, einen erwachsenen Menschen über haupt einmal zum Besuch einer Bibliothek zu veranlassen. Man benutzt hierzu teilweise die Schule. Man gibt einem Jungen ein Buch mit der Bitte, es seinem Vater zu geben, und man versichert ihm von vornherein, daß der Vater sich gerade für das Buch interessieren werde. Dem vielbeschäftigten Vater, der vielleicht als Fabrikarbeiter abends nur wenige Stunden zu Haus ist, wird so der Hin- und Rückweg zur Bibliothek erspart. Bald aber ge winnt er Gefallen am Lesen, und am Sonntagnachmittag findet man ihn dann auch in der Bibliothek. Auf diese Weise kann man gute Lektüre in die Massen bringen. Weiter ist man bestrebt, die Kinder von vornherein zum Benutzen von Bibliotheken zu er ziehen. Deswegen hat man in Amerika zuerst in großem Maß- stabe Kinderbibliotheken eingerichtet. Es ist ein besonders packendes Bild, zu sehen, wie Kinder von 9 und 10 Jahren schon selbständig nnt ihrer Bibliothek umzugehen wissen. Um auch Menschen, die außerhalb der Stadt wohnen, Bücher zugängig zu machen, ist man an einzelnen Stellen so weit gegangen, kleinere Bllchersammlungen in besonderen Bücherschränken in hierfür eingerichteten Wagen in die Häuser zu fahren und wieder abzuholen. Besonders umfang reich sind auch die Zeitschriften-Abtcilungen. Die neuesten Tages zeitungen liegen aus und werden sehr eifrig benutzt. Wie weit man mit der kaufmännischen Organisation gegangen ist, dafür noch ein Beispiel. Man soll heute bereits auf telephonische Anfrage Auskunft erhalten. Wer wissen will, wie hoch dieser und jener Berg ist, und diese Zahl schnell braucht, soll von der Bibliothek telephonisch Antwort erhalten. Man hat sich von seiten der Bibliothekare allerdings hiergegen gesträubt. Es war mir aber interessant, zu erfahren, daß man heute vielfach selbst diese Aus nutzung der Bibliothek für statthaft hält und sich nur mit großem Recht dagegen sträubt, daß von den viel beschäftigten Bibliothek beamten auch AbsHriften aus Büchern verlangt werden. Was nun die Einrichtungen der Bibliotheken selbst anbe langt, so legt man Wert auf besonders schöne, vornehm ausge- stattcte Räume. Die jetzt sertiggestellte öffentliche Bibliothek in New York, deren Baukosten allein 37 Millionen Mark betragen haben, ist in prachtvoller Weise aus echtem Material erbaut wor den. Der Hauptlesesaal ist wunderbar ausgestattet. Nicht minder prachtvoll sind die große Kongreß-Bibliothek in Washington und die öffentliche Bibliothek in Boston. Man erinnert sich, wenn man diese vornehmen amerikanischen Bibliotheken besucht, an jene Zeiten, wo auch unsere Vorfahren Häuser, die für alle ohne Unter schied des Standes bestimmt waren, Kirchen und Rathäuser, in so wunderbarer Ausführung errichteten. Das Volk soll das Empfinden haben, daß diese vornehmen Bibliotheken Volkshäuser im besten Sinne des Wortes sind, und wer am Sonntag einmal Gelegenheit hat, in der Kongretz-Bibliothek in Washington sich umzusehen, der kann beobachten, wie tatsächlich von überall her, auch vom Lande, einfache Menschen kommen, sogar ganze Fami lien, um sich hier in ihrem Hause umzusehen. Dabei sind Ein richtungen geschaffen, daß in besonderen Studienräumen und in Spczialbibliotheken der Leser durch solchen mehr schauenden Be such nicht gestört wird. Früher hat man, wie in den Schriften der amerikanischen Bibliothekare hervorgehoben wird, stets dafür gesorgt, daß der Benutzer der Bücher nicht an die Bücher selbst herankommen konnte. Möglichst noch von der Bücherausgabe durch ein eisernes Gitter getrennt, durfte er hier nur seine Wünsche Mitteilen, worauf ihm das Buch ausgehändigt wurde. Heute sucht man in Amerika die Benutzung der Bücher so bequem wie möglich zu machen. In den allgemeinen Leseräumen sind die Bücher für jedermann zugänglich. Man geht selbst an die Regale und holt sich das Gewünschte heraus, und es wird nur gebeten, die Bücher nicht selbst wegzustellen. Man hat es be quemer als zu Haufe. In einzelnen Bibliotheken fand ich runde Tische und Stühle mit bequemer Armlehne, Beispiele, wie man auch in der Raumausstattung der Behaglichkeit des eigenen Hauses soweit es geht nahe zu kommen sucht. Ja, man findet auch öfter die Möglichkeit, mit seinem Stuhl selbst an die Bücher regale heranzurücken, und bald in dem einen, bald in dem andern Buche zu blättern, hier eine Seite zu lesen, dort ein Bild anzu sehen. Die New Uork Public Library gilt heute als die größte. Ter große Lesesaal hat 800 Sitzplätze. Die Handbibliothek dieses Saales hat allein 25 000 Bände. Die gesamte Bändezahl be trägt 2 Millionen, übertrifft also bei weitem noch die Bändezahl unserer größten deutschen Bibliothek. In dieser öffentlichen Bibliothek gibt es außerdem noch 17 Spezialbibliotheken. Auch die Benutzung der großen Bibliotheken ist ungemein erleichtert, zunächst dadurch, daß jeder ungehindert an den riesigen Zettelkatalog herankommen kann. Besonders bewundert wird die schnelle Aushändigung der Bücher. Man rechnet 10 Minuten als die höchste Zeit, die notwendig ist, um nach Abgabe des Bestell zettels das Buch lesen zu können. Ich habe mehrfach vergeblich versucht, durch Bestellung selten gebrauchter alter deutscher Lite ratur die Lieferzeit zu verlängern. Der Zettel, auf dem man auch die Nummer des Platzes notiert hat, den man sich im Lesesaal ausgesucht hat, wird abgegeben. Man kann sich dann auf seinen Platz begeben und irgend welche andre Bücher lesen; durch das Aufleuchten der Platznummer wird man darauf aufmerksam ge- macht, daß jetzt in der inmitten des großen Saales angeordneten Bücherausgabe das Buch zum Abholen bereit liegt. Als ich ein mal absichtlich versäumte, es abzuholen, wurde es mir nach wei teren 10 Minuten durch einen Boten an meinen Platz gebracht. Wie sehr man sich nach den Wünschen des Publikums richtet und sich einem zeitweilig auftretenden Bedarf anzupasscn sucht, dafür ein Beispiel. Ich war gerade in jenen Tagen in der Bibliothek, als die ersten Schlachten auf dem Balkan geschlagen wurden, und schon hatte man eine Sondcrabteilung eingerichtet, in der die wichtigste Literatur, die sich auf die Baikanvölker be zieht, zu finden war. Hier konnte man auch genaue Karten ein- sehen, und die starke Benutzung dieser Abteilung zeigte, wie sehr auch hier die Verwaltung der Bibliothek den Wünschen des Publi kums eutgegengekommen war. Besonderes Interesse hatte für mich die technische Abteilung. Auch hier fand ich ein ungemein großes Entgegenkommen der Beamten gegenüber dem Publikum. Man hatte das Gefühl, daß sic ausschließlich hierfür angestellt waren. Unermüdlich sah man sic mit oft sehr hilflosen Benutzern der Bibliothek verhandeln. Ich war immer von neuem überrascht, wie weit hier die Fragen der Besucher ins einzelne gingen. Da wollte der eine über irgend eine bestimmte Einzelheit einer neuen Spinnmaschine etwas Aus führliches wissen Der Bibliothekar gab ihm die neueste Lieratur hierüber und machte ihn auch mit der Eigenart einer hierfür be sonders eingerichteten Kartothek vertraut. Da hat man sich nicht daraus beschränkt, für jedes Buch nur einen Zettel auszufüllcn, sondern von der Tatsache ausgehend, daß unter dem Titel eines Buches sehr verschiedene Abhandlungen zusammengefaßt sind, iForlletzuag aas Seite 1L88S.)
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