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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.08.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-08-26
- Erscheinungsdatum
- 26.08.1913
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. .V 197, 26. August 1913. tuten, die unter seiner Regierung entstanden sind, nimmt heute der »Kaiserliche Botanische Garten« in St. Petersburg mit die erste Stelle ein. Mit berechtigtem Stolze konnte er in diesem Jahre auf zweihundert Jahre seines Bestehens zurückblicken. Viele wissenschaftliche Arbeiten sind aus diesem Institut in die Welt gegangen und große Bücherschätze aus dem Gebiete der Botanik in den zweihundert Jahren seines Bestehens dort gesam melt worden. Weit großartiger jedoch als die Büchersamm lung ist das Herbarium, das heute 214 Millionen Exemplare um fasst und demnächst in einem eigenen Heim untcrgebracht werden wird. Eine Reihe deutscher Gelehrter, die zur Jubelfeier des Ilortu8 üetivpvlitanus nach Rußland gekommen waren, feierte in längeren Reden die außerordentlichen Verdienste, die sich der Garten um die Botanik erworben hat, und wünschte ihm ein weiteres gedeihliches Wachsen im Interesse der Wissenschaft. In bezug auf das Volksbildungswesen im großen russischen Reiche liegt noch manches im Argen. Erstens sind die ungeheuren Entfernungen, die in einzelnen Teilen des Reiches den Schul besuch oft einfach unmöglich machen, und zweitens ist der Mangel an Lesehallen und Bibliotheken auf dem Lande daran schuld. Gerade das Fehlen der letzteren ist der Grund, daß eine im Gouvernement Woronesh unternommene Enquete, durch die sestgestellt werden sollte, wie weit die in der Volksschule erworbe nen Kenntnisse haften bleiben, ein so klägliches Resultat hatte. Bei einigen ehemaligen Schülern konnte festgestellt werden, daß sie nach einem halben Jahre das Schreiben so weit verlernt hatten, daß sie nur noch mit Mühe ihren Namen schreiben konn- tcn. Auch mit dem Lesen war es ähnlich, da die Leute nach ihrer Schulzeit tatsächlich keine Möglichkeit mehr haben, zu lesen, es sei denn, daß sie zum Militär kommen und dort einmal ein Buch in die Hände bekommen. Dies dürfte ein Grund mehr sein, dem Volksbibliothekswesen auf dem Lande größere Auf merksamkeit zu widmen. — Unabhängig von den russischen Volks schulen gehen die deutschen Schulen in Rußland ihren Weg, und es ist mir immer eine besondere Freude, von einer Neu gründung berichten zu können. Ende Mai fand in Moskau die Einweihung der neuen Räume der Bürgerschule des Deutschen Vereins statt. In der Schule werden zurzeit 140 Kinder unter richtet, eine Zahl, die jedoch bald auf 200 steigen dürfte, da die neuen Räume für diese Anzahl Platz haben und deutsche Schulen immer gern besucht werden. — Schon seit Jahren werden in West europa während der Sommermonate Fortbildungskurse für die Lehrer der Volksschulen veranstaltet. In Moskau sind solche in diesem Jahre erstmalig für Rußland eingerichtet worden und finden großes Interesse bei den beteiligten Kreisen. Aus allen Teilen des Reiches sind über 1000 Volksschullehrer zusammen geströmt, um Neues zu lernen und zu hören. Russische Professoren und Dozenten Hallen Vorträge, die neben Pädagogik auch den allgemeinwissenschaftlichen Fächern Beachtung schenken und denen sich praktische Übungen in der Pädagogik anschlietzen. Der rege Besuch der Kurse zeigt, daß sie einem sehr starken Bedürfnisse ent- gegenkommen, so daß ihr Fortgang in Zukunft gesichert erscheint. — In großzügiger Weise hat die »Baltische literarische Gesell schaft« in Riga am Rigaschen Strande sogen. Ferienkurse, die von Ende Juli bis Anfang August alten Stils dauern sollen, ins Leben gerufen. Es sind fast nur deutsche Universitätsprofessoren und Dozenten, die hier ihre Vorlesungen halten werden. Um einen überblick über das Gebotene zu geben, lasse ich die Themata folgen, die ich einem Bücherverzeichnisse, das die Firma W. Mellin L Co. in Riga zusammengestellt hat, entnehme: Ludwig Deubner-Königsberg, Entwicklungsgeschichte des religiösen Le bens im allen Rom. — K. Girgensohn-Dorpat, Die psychologi schen Hauptfragen der Religion. — Harms-Kiel, Weltwirtschafts lehre. — Leopold v. Schroeder-Wien, Die arische Weltanschauung. — E. Troeltsch-Hcidelberg, Kulturgeschichte des 19. Jahr hunderts. — A. Fischer-München, Problem der höheren Schule, reale und klassische Bildung. — Rausch v. Tranbenberg-Göttin- gen, Entwicklung unserer Anschauung vom Wesen der Elektrizität und der Strahlung. — A. v. Antroposf-Riga, Die chemischen Ele mente, Atome und Moleküle. Kürzlich ist in Moskau ein Verein gegründet worden, der mit der Zeit eine große praktische Bedeutung erlangen kann. Es ist ein »Verein zur Vermittlung kaufmännischer Bildung«, der den Zweck verfolgt, Absolventen von Handelsschulen und be sonders befähigten kaufmännischen Angestellten eine Ausbildung in Westeuropa und den Kolonien zur Vervollkommnung ihrer Kenntnisse zu ermöglichen. Da den meisten Angestellten heute eine vielseitige und gute Kenntnis des Auslandes fehlt, so verspricht man sich von den Bestrebungen des Vereins die besten Erfolge und regere Beziehungen zum Welthandel als bisher. Ein Kapital von 100 000 Rubel sichert finanziell die Existenz des Vereins. Von der russischen Negierung sind wieder einmal die drei Fassungen der Berner Konvention geprüft und als für Rußland unannehmbar verworfen worden. Man muß nun wieder Sondcr- abkommen treffen, und zwar diesmal mit Dänemark, Belgien, Eng land, Norwegen, Österreich-Ungarn und Italien, nachdem am 14. August dar deutsch-russische Abkommen in Kraft ge treten ist. Die Regierung begründet die Ablehnung der Berner Fassung damit, daß sie hofft, durch Separat- abkommen den verschiedenen Kulturen der einzelnen Völ ker mehr gerecht zu werden, und daß sie den Ausländern nicht größere Rechte gewähren will, als sie das russische Urhcber- rechtsgesey dem russischen Autor gewährt. Dänemark und Bel gien sind bis auf einige geringfügige Aenderungen bereit, sich der russisch-französischen Literaturkonvention anzuschließen, während England sein neues Urheberrechtsgesetz als Grundlage einer Kon vention angesehen wissen möchte. Die Verhandlungen mit Öster reich-Ungarn und Italien hängen von der Erneuerung der Han delsverträge ab, während Norwegen vorläufig nur prinzipiell zum Abschluß einer Konvention bereit ist. Vor nicht allzulanger Zeit las ich eine Ankündigung der »Akademie der Wissenschaften« in St. Petersburg, daß im Laufe dieses Jahres die zwei ersten Bände einer »Bibliographie aller in Rußland seit dem Jahre 1708 bis in unsere Tage erschienenen Druckschriften« erscheinen soll. Als Herausgeber wurde der be kannte Moskauer Bibliograph I. I. Bitowt genannt, der in zwanzig Jahren mit zähem Fleiße alles Material zu diesem Rie senwerke, das 15—20 Bände zu sieben Druckbogen umfassen soll, zusammengetragen hat. Wenige Tage darauf las ich dann in einer Moskauer Zeitung, daß die Villa Bitowts ein Raub der Flammen geworden sei und mit ihr das Lebenswerk des Biblio graphen, seine »Russische Bibliographie«. Aber auch eine im Ma nuskript abgeschlossene »Bibliographie Moskaus« und seine wert volle Bibliothek wurden vernichtet. Bitowt konnte von seinen wissenschaftlichen Arbeiten nichts retten und mutzte froh sein, fein im Hause schlafendes Kind in Sicherheit zu bringen. Die Energie Bitowts scheint jedoch die alte geblieben zu sein, denn voller Optimismus schrieb er kurz nach dem Brande an die Akademie der Wissenschaften nach St. Petersburg, daß er bis 1915 hoffe einen Teil seiner Arbeit von neuem fertig zu haben. Die alljährliche Ausstellung von Druckerzeugnissen, die ich im letzten Jahre ausführlich beschrieb, fand in diesem Jahre vom 17. Februar bis zum 14. April alten Stils in St. Petersburg statt. Ausgestellt waren alle im Jahre 1912 in Rußland er schienenen Werke, 34 000 an der Zahl. — Die russische Buchdruckerkunst kann in diesem Jahre das 350jährige Jubiläum des ersten russisch gedruckten Buches feiern. Es ist ein Kirchen- buch »Der Apostel«, das aus Befehl Iwans des Grausamen am 19. April 1563 von Iwan Djakow und Petr Mstislawez in Mos kau zu drucken begonnen und am 1. März 1564 vollendet wurde. Es erschien in der für die damalige Zeit enorm hohen Auslage von 1000 Exemplaren. Die biederen Moskowiter hielten es für ein Werk des Teufels und zündeten den armen Druckern das Haus über dem Kopfe an, so daß sie nur mit Mühe aus ihrem Hause und aus Moskau fliehen konnten. In Moskau erschien in diesem Jahre zum ersten Male eine vollständige Ausgabe der Werke und Briese P. I. Tschaadajews in russischer Sprache, herausgegeben von M. Gerschensohn. Alle Freunde der einsamen Denkers aus der Zeit Nikolaus' I. werden sie mit Genugtuung begrüßen, da sie bisher immer auf die französische Ausgabe angewiesen waren, die nur eine Auswahl enthielt und den Historikern nur wenig zu bieten vermochte. sFortsetzung aus Seite 8471.j
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