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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.08.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-08-14
- Erscheinungsdatum
- 14.08.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. 187. 14. August 1913. Direktor des Buchgewerbehauses gelehrt, und dem steht natür lich alles zur Verfügung, was das Hans an Schätzen besitzt. Andrerseits nutzt er seine Beziehungen zu allerlei Firmen, die zum Buchhandel in irgendwelcher Beziehung stehen, für uns tüchtig aus. Letzten Dienstag waren wir z. B. bei Sieler L Vogel, in der Papierfabrik nahe bei Grimma. Wir konnten, da der Gegenstand vorher in der Theorie ausführlich behandelt worden war, die Papierfabrikation verfolgen vom Einkauf der Lum pen bis zur Herstellung feinster Luxuspapiere, ohne daß einem etwas unklar geblieben wäre. Demnächst geht's in die Druckerei, dann in die Buchbinderei usw. Man sieht ein Buch mit ganz andern Augen an, wenn man seine technische Herstellung bis in die Einzelheiten prüfen und beurteilen kann. — Das einzige, was mir nicht so gefällt, ist, datz der Unterricht bereits früh °/,7 Uhr anfängt. Da ich im entgegengesetzten Stadtteil wohne, must ich '/,6 Uhr aufslehn. Es ist merkwürdig, wie lebendig die Stadt um diese Zeit schon ist, in der sich in Hamburg doch fast noch keine Menschenseele regt. — 18. Juli 1913. Ich bin jetzt hier in den Ferien und will endlich mal das schwere Werk zu Ende bringen. Viel zu berichten ist nicht mehr. In der Schule sind Ferien. Meine Ferien habe ich mir so gelegt, datz auf die ersten Tage das Turnfest fiel, und ich bereue das nicht. Turnfest oder Bundesschietzen und Gegröhl, Pferdcwurst, Schmalzbäckereien und Tingeltangel flössen in meiner Vorstel lung immer ineinander, so oft ich davon Härte. In bezug aus das Turnfest bin ich von dieser Meinung ein für allemal geheilt. Es war einfach hinreitzend. Ob man wollte oder nicht, man ge riet hinein in den Feststrudel. In den letzten Tagen gab's für den Leipziger nur noch das Fest. Und als am Sonnabend die Stratzen im Schmuck der Eichen- und Tannengirlanden prangten und die großen Fahnen an den knarrenden Stangen schwer hin und her und auf und nieder schlugen und die kleinen knatternd im frischen Ostwind standen, da schlug die Stimmung in die Massen, die ein Fortkommen auf den Straßen fast zur Unmöglich keit machten. Nach langem Schmollen ist auch die Sonne wie der zum Vorschein gekommen, und sie ist den Turnern treu ge blieben über die Festtage. Solange ich zu Haus bin, ist's trübe, oder es regnet gar. Aber noch einiges vom Turnfest. Zum Festzug gingen wir — meine Schwester, mein Bruder und ich — so in der Absicht, eben mal hinzusehn und dann wieder zu gehn, es würde doch sicher schrecklich langweilig sein, 30 009 Turner vorbeimarschieren zu sehen. Und wie waren wir schließlich bei der Sache und haben den Turnern mit zugejubelt und haben nicht gewankt und sind nicht gewichen, bis der letzte Mann vorüber war. Es war nicht die einzelne Gruppe, die interessierte, son dern der Zug in seiner Gesamtheit, voran die braunen Deutsch südwestafrikaner, dann die von der Westküste Nordamerikas, die aus Kiautschou usw. usw. Dann Tausende von Deutsch-Öster reichern und endlich in endloser Folge die Reichsdeutschen aus allen Himmelsrichtungen. Die Ausländsdeutschen, unter ihnen vor allem die aus Böhmen, und einzelne deutsche Gruppen, wie die Elsaß-Lothringer und die aus der Ostmark, wurden von der Volksmenge mit tosendem Jubel und Beifall begrüßt. Und dann die Fahnen, eine hinter der andern, im Sonnenschein als glitzerndes, prunkendes Band über den Reihen entlangziehend. Sie wirkten prächtig, wenn wir etwas zurllcktraten und über sahen eine Reihe von 300—400 mit einem Blick. Darunter waren wieder alte Veteranen aus den Jahren vor 48, klein, un scheinbar, oft nur noch Fetzen, die durch ein Gewebe zusammen- gehalten wurden, aber sie wurden mit Stolz getragen und jubelnd begrüßt als Zeugen einer Zeit, in der die Turner fast allein die Träger des Reichsgedankens waren. Es war das Bild des in aller Welt einigen deutschen Volkes, das vorllber- zog, und so wenige sich darüber klar geworden sein mögen, enrpfunden haben sie's alle, die in dichten Scharen die Straßen säumten. Es war kein Schaustück mit historischen oder gar allegorischen Gruppen und Bildern, es war eine nationale Kund gebung, so gewaltig und eindringlich, wie man keine so bald wieder sehen wird in deutschen Landen. Nachmittags kamen wir aus dem Festplatz an, als gerade die Freiübungen der 17 000 begonnen halten. Über die ausgedehnten Anlagen des Fest platzes werden Sie gelesen haben. Wer das alles nicht gesehen hat, kann sich aber keine Vorstellung davon machen. Vor allem auch wie alles klappte, ließ einen nicht aus dem Erstaunen heraus kommen. Die Massenfreiübungen waren ja imposant. Ich für meine Person habe ihre Wirkung im ganzen mehr grotesk als schön ge funden. Z. B. wenn die Hände durch die Luft fuhren und man nur noch weiße Striche und drüber ein rosarotes Flimmern mit den Augen aufnahm. Das gab dann übrigens ein Geräusch, als ob einem ein Flug Stare über den Kops schwirrte. Oder wenn der Rmnpf nach vorn unten gebeugt wurde und die ganze Fläche wie mit weißen Mehlsäcken besetzt war. Ich bin bis abends 10 Uhr aus dem Platz gewesen, ohne mich eine Minute zu langweilen. Aber erzählen will ich nicht mehr davon, sonst kommt der Brief überhaupt zu keinem Ende. — Was sonst Leipzig bietet an Museen, Konzerten, wird natürlich fleißig ausgenutzt. Sehr viel des Inter essanten bietet die Baufachausstellung. Trotzdem sagt man ihr kein glückliches Ende voraus. In Buchhandelskreisen sängt an die Bugra immer mehr in den Vordergrund des Interesses zu rücken. Rechnete man ursprünglich mit einem Etat von etwa 1!4 Million, so ist der Ansatz jetzt schon auf 4^ Millionen heraufgesetzt worden, Wohl infolge unvermutet starker Beteili gung ausländischer Staaten mit eigenen Häusern. Hoffentlich kommt kein Fiasko dabei heraus. Ob das große Publikum, das doch die Einnahmen bringen muß, soviel Interesse an der Sache haben wird? Hier wollte ich nun eigentlich endlich schließen. Heute morgen gab mir aber F. G. Ihren letzten Hamburger Brief, der mich, wie alles, was mit Hamburg zusammenhängt, sehr interessiert hat. Ta steht aber auch allerlei drin, dem ich nicht zustimmen kann. Ich weiß, Sie werden mir's nicht übelnehmen, wenn ich meine ganz gegensätzliche Meinung offen ausspreche, überzeugen werde ich Sie freilich nicht. — Da ist erst mal die Sonntagsruhe. Sollten sich die Leute wirklich nicht daran gewöhnen können, daß am Sonntagnachmittag nichts mehr zu haben ist? Junge Leute, die das vergessen, müssen dann eben in den sauren Apfel beißen und im Wirtshaus essen, 's ist ja ihre Schuld. Aber Rücksichtnahme ist doch hier nicht angebracht. Wer bisher den Sonntag schon in irgend einem Ausschank zubrachte, wird davon nicht berührt, der »Solide« wird sich — zwar mit etwas bänglichem Schielen nach dem Geldbeutel — doch der größeren Reichhaltigkeit und Ab wechslung dieses Ausnahme-Abendbrotes freuen. Es mag ja eine ganze Anzahl Leute geben, denen es gleichgültig ist, wo sie ihren Sonntagnachmittag zubringen. Weit mehr sind jeden falls derer, die sich des Sonntags freuen, als einer Gelegenheit, mal andere Dinge zu betreiben, als das Geschäft. Eine kleine Gruppe aber, die die Schließung der Läden zu verhindern weiß, kann hier der Stein sein, der, ins Wasser geworfen, immer weitere Wellenringe erregt, der immer weitere Kreise in Mitleidenschaft zieht, denen die Freiheit des Sonntagnachmittags unendlich viel bedeutet. — Über den Bahnhofsbuchhandel ärgere ich mich auch jedesmal. Hier in Leipzig liegen die Verhältnisse ebenso, wie Sie sie schildern. Man sollte meinen, eine Eingabe des Börsenvereins an den Reichstag müßte die Sache sofort ins Klare bringen. Über die kleine Ehrung Liliencrons durch den H.-A. B.-V. habe ich mich sehr gefreut. Ich habe öfters draußen gesessen und die Stimmung dieses Grabes auf mich wirken lassen. Der kleine braune Heidefleck, auf dem immer einige leuchtende, fremdartige Blumen liegen, das dickbezopfte holsteinische Maidlein mit den schweren Rosenkctten, drüber der graue holsteinische Himmel und weit am Horizont »blau umdunstet ferne Wälder«. Es ist ganz Liliencron. »Alpen, Berge usw. sind mir im höchsten Grade widerwärtig. Für mein kleines magerstes, erbärmlichstes Fleck chen Heide in Holstein geb' ich alle Alpen usw. der Erde. Nein: Heide und Nordsee: die lieb' ich nur«, hat er 1906 noch geschrieben. Hin und her gehen die Fäden zwischen diesem Grabmal und dem, der drunten liegt, und dem, der besinnlich dabeisteht und seine Verse kennt. Er ist doch ein liebenswerter Mensch gewesen. — Bezeichnend dafür, wie bei uns öffentliche Meinung gemacht und gefälscht wird, ist Kotzde. Ich habe, wo, weiß ich nicht mehr, das eine und andere über den Prozeß gelesen. Danach war Kotzde mausetot und für immer erledigt, und die Jugendschriftenaus- lFortsetzung aus Seite 8üW.>
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