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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.07.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1913-07-31
- Erscheinungsdatum
- 31.07.1913
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- Deutsch
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wutzt ist, auf die hinzuweisen man als ehrlicher Freund der Künstler nicht müde werden darf. Um das traurige Kapitel der Bilderdiebstähle, deren sensa tionellster Fall ja noch immer die selige Mona Lisa ist, bemühen sich mit mehr oder minder glücklichem Gelingen immer wieder spekulative Köpfe. Auch ehrsam und würdig dreinschauende Küster können der Versuchung des lockenden Mammons nicht widerstehen, so daß es gar nicht zu verwundern ist, wenn der Mesner in Maria Trastevere, der vielleicht einmal von den wahnsinnigen Bilderpreisen gelesen hat, auf den genialen Ein fall kam, in seiner Kirche einen kleinen Brand zu inszenieren, um dabei eine berühmte Madonna von Bellini zu entführen. Run, der Gedanke war nicht so übel, aber leider hat man den armen Teufel bald erwischt, und statt des erhofften Goldregens wird ihm Wohl etwas anderes, weniger erfreuliches erblühen. Der italieni sche Staat aber hat wieder einmal eines seiner Wunderwerke vor dem Kunsthunger amerikanischer Multimillionäre oder tüchtiger Kunstspekulanten gerettet und wird sich Wohl jetzt, genau so wie in Frankreich, den Kopf zerbrechen, wie man die Kunstheiligtümer des Landes vor der schnöden Gewinnsucht von Menschen schützt, denen ein ordentlicher Beutel voll Geld lieber ist, als eine Ma donna mitsamt den Gläubigen, die vor ihr auf den Knien liegen. Ein jeder spekuliert eben in seiner Art so gut, als er kann. Aber so gut wie sich der, Küster von Maria Trastevere verspeku- licrt hat, wird Wohl auch der Berliner Neuheiten-Vertrieb Elektra die Rechnung ohne den Wirt gemacht haben. Gerhart Haupt- mann Pontifex Maximus ist in seiner königlichen Würde empfind lich gekränkt worden, und dafür müssen alle deutsch und literarisch empfindsamen Zeitgenossen ihm Genugtuung zuteil werden lassen. So etwa verkündete ein von einem richtiggehenden, sonst aber unbekannten Redakteur Unterzeichneter Prospektus, dessen zweites Blatt eine Huldigung an den Dichter enthielt, während auf einer Einlage der verehrliche Leser und Mitdeutsche aufgefordert wurde, bei dem Neuheiten-Vertrieb Elektra ein Bild des Dichters Ger hart Hauptmann zu 6, 3 oder 1 zu bestellen. Man sieht, die Intelligenz des betriebsamen Deutschen ruht und rastet nicht. Aber Spatz beiseite, eine derartige plumpe Reklame ist weder schön noch klug. Die Leute, die dumm genug sind, den frommen Schwindel nicht zu merken, kaufen sich ein Bild von Gerhart Hauptmann bestimmt nicht. Und die, die cs sich eventuell kaufen würden, sind eben nicht dumm genug. Im Gegenteil, sie ver abscheuen diese Art, unter dem Deckmantel heiliger Entrüstung über eine Sache, die ihnen sonst so gleichgültig ist wie nur etwas, um jeden Preis ein Geschäft machen zu wollen. Widerspruchsvoll, wie nun mal alle Dinge des Lebens, sind auch die Ereignisse auf dem Kunstmarkt. Während dort die Leben den hungern und unter Zuhilfenahme der traurigsten Mittel ein menschenunwürdiges Dasein sichren, werden die Werke der großen Toten nach wie vor mit Riesensummcn anfgcwvgen, mit denen man eine ganze Anzahl von Künstlerexistenzen vielleicht auf die Dauer ihres Daseins dem Elend entreißen könnte. Für einen Rembrandt aus der Sammlung Steengracht in Amsterdam haben die Kunsthändler Gebrüder Duveen kürzlich 1 Million Franken bezahlt, für ein Porträt des Engländers Romney 830 000 -kt. Soll ich hier ausrechnen, wieviel Gutes mit diesen beinahe zwei Millionen hätte getan werden können? Nein, denn es ist zweck los, gegen diesen Unfug zu zetern und sich die Federn kaput zu schreiben. Vielleicht gelingt es aber doch einmal einem Menschen, dieses in seinen letzten Konsequenzen so ungeheuerliche Problem zu durchforschen und einen Weg zu zeigen, um Einhalt zu ge bieten. Er würde sich moralisch den Nobelpreis verdienen. Daß die Futuristen, die eben durch ihren Papst R. T. Mari nem die 15 sausgerechnet 15) Möglichkeiten des Futurismus in die Welt hinausposauncn lassen, noch nicht das non pluo ultra der modernen Kunst sind, wird ihnen jetzt durch eine neue Künst lergruppe in Paris, die Orphisten, ack ooulos demonstriert und be wiesen. Orphismus ist also das neueste Schlagwort der Pariser yuartior I-atin-Bewohner, und wer nicht weiß, was er sich dar unter vorzustellen hat, dem sei es gesagt, daß man die Farben malen muß, wie sie durch ein Prisma erscheinen, und daß diese Farben auf der Leinwand so nebeneinanderstehen müssen, wie die verschiedenen Stimmen einer Komposition. Freilich ist auch mir der Sinn dieser Rede vorläusig noch etwas dunkel, aber als ge wissenhafter Chronist darf ich solch bedeutsame Erscheinungen meinen Mitmenschen nicht vorenthalten. Gottlob aber steht zu hoffen, daß all die Künstlergruppen und -Grüppchen mit ihren im Kaffeehaus ausgebrüteten Hirn gespinsten nicht die ganze Well verwirren werden. Wenn das Unheil, das sie anrichten, auch nicht ganz ohne Einfluß bleibt, so sorgt die Nüchternheit des Lebens doch immer wieder dafür, daß die Mehrheit den Sinn für das Reale nicht verliert. Eine ge legentliche Umfrage bei den Kunstverlegern würde es eklatant beweisen, wie der Sinn für das wirklich Gute und Echte in der Kunst noch immer fest im Menschen wurzelt und die Erziehungs bestrebungen zur Veredelung des Geschmacks, zur Hebung des Interesses an der Kunst keineswegs so völlig resultatlos bleiben, wie es die ausgemachten Skeptiker meinen. Mag auch der Kitsch in der Kunst noch einen wesentlichen Prozentsatz im Konsum aus- machen, so steht ihm gegenüber doch eine erfreuliche Zunahme im Absatz des Guten und künstlerisch Wertvollen. Daß sich das Publikum vielfach und lange gesträubt hat, die sogenannte künst lerische Hauskost zu lausen, war gar nicht so unverständlich. Denn wie die Künstler, so sind auch die Verleger vielfach über das Ziel hinausgeschosscn und haben Dinge hcrausgebracht, denen sie ehr licherweise im eigenen Hause selbst kaum einen Platz eingeräumt hätten. Zeichnungen und Bilder von outrierter Steifheit, Kinder spielzeug, dem ganz das Odium des Kindlichen, Naiven fehlte, sollte den Leuten mit Gewalt als das einzig Wahre aufgezwun gen werden. Aber so absurd sich auch der Most gebärdet hat, nach und nach sieht man doch einen guten Wein sich herauskristalli sieren. Wohin man blickt, in Kunst- oder Kunstgewerbeausstellun- gen, wird mit mehr Ziel, Maß und Zweckmäßigkeit gearbeitet als früher. Und diese klarere Kunstcrkenntnis läßt, wenn nicht alle Zeichen trügen, auch eine geschäftliche Gesundung des Kunst handels erwarten, der in erster Linie den Bedürfnissen der breiten Masse dient. Daß dieser entgegen aller Verachtung, die die Künstler sonst dem Warenhause entgegenzubringen Pflegen, sich dort immer mehr breit macht, beweist, daß A. Wertheim in Berlin soeben eine Ab teilung für alte und moderne Graphik eröffnet hat. Für die alten Meister kann man natürlich keine lebenden Künstler verantwortlich machen, denn sie sind der Besitz von Händ lern, die eben ihre Verkaufsobjekte dorthin geben, wo ihnen am meisten Absatz winkt. Und das soll, wenn es auch nicht statistisch nachgewiesen und sehr zweifelhaft ist, das Warenhaus sein. Aber daß ein Künstler wie Willi Geiger, der um seine Popularität doch nicht besorgt zu sein braucht, weil er eben niemals ein Künstler für die ganze breite Masse sein wird, und doch genug der Freunde für seine Kunst hat, sich auch ins Warenhaus flüchtet, ist bedenk-I lich. Ich möchte hier daran erinnern, was ich an dieser Stell« schon empfahl, nämlich, daß dann die Inhaber regulärer Kunst-I Handlungen und Salons diesen Künstlern einfach mit gleicher! Münze zahlen sollten. Soll ich auch heute von Publikationen reden, die den Kunst-I Handel interessieren, so sei vor allem des schon in dem letztem Stuttgarter Briefe erwähnten großen Handzeichnungswerke» gedacht, das der Verlag von Felix Krais, Stuttgart, übe» die in der Herzoglichen Behördenbibliolhck zu Dessau aufgefundel neu Handzeichnungen deutscher Meister herausgidt. Welch ungel heurer Wertschätzung sich die Handzeichnung als spontanster, inl timster Niederschlag des künstlerischen Schaffens erfreut, brauchl kaum noch gesagt zu werden, und wenn es eines Beweises bei dürfte, so wären es allein die Riesenpreisc, die in den letzte» Jahren dafür angelegt wurden. So wird man dieser hochinteiD essantcn Publikation, die wie andere Bilderschätze auch ihr cigkD nes Schicksal hat, gewiß abseitiges Interesse entgegenbrtngcr» Der Subskriptionspreis des im Dezember erscheinenden Werkel beträgt in Ganzleder -Ä 150.—, in Leinen -L 125.—. Nach E» scheinen erhöht sich der Preis. Begeisterungsfähigen KunW Händlern, die Liebhabern und Freunden der Handzeichnunge» etwas Besonderes bieten wollen, ist hier Gelegenheit zu regD Entfaltung ihres kaufmännischen Talentes geboten. sFortsctzung aus Seite 77IV.)
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