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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.07.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-07-31
- Erscheinungsdatum
- 31.07.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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!^!U ^N9-ichI->v°!>.rr ^-/d-r-n «<-umÄn-! zo -""-n^n'-8nz-!g-n^ah?-n 30 Morr^^u^eder^ür die ZsUe 10 p).. für '/, s. 32 M. sl^ ' " Nr. 175. Leipzig, Donnerstag den 31. Juli 1913. 80. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Kunst und Kunsthandel. VI. <v siehe Nr. 148.» Kunst und Sittlichkeit. — Von der wirtschaftlichen Organisation der Künstler. — Bilderdiebstähle. — Plumpe Reklame. — Bilderpreifc. — Eine neue Kunstrichtung. — Geschmackswandlung und -Gesundung. — Kunst im Warenhause. — Neue Bücher und Bilder. — Vom neuen Dresdener Museum. Mit nicht geringem Interesse werden die Kunsthändler die gegen die Bekämpfung der unsittlichen Literatur gerichteten Ver° Handlungen auf dem 8. Internationalen Verlegerkongreß in Bu° dapest verfolgt haben. Das Börsenblatt hat in seinen Nrn. 159, 181 und 162 eingehend darüber berichtet, und es ist sicher, daß auch die Kunstverleger und Kunsthändler bei der Lektüre sich mancherlei Gedanken gemacht haben werden. Das Hinübcrgleiten in das Gebiet des Unsittlichen und damit Strafbaren ist in der Kunst aller Zeiten genau so häufig gewesen wie in der Literatur. Da aber bei der Kunst die direkte Wirkung fast immer eine un mittelbarere, augenfälligere war, so sind auch die Gefahren für Verleger und Händler immer unmittelbarer und größer gewesen. Dem Buche ist seine pornographische Tendenz keineswegs immer gleich auf den ersten Blick anzusehen, und besonders die mo derne Literatur hat in der Fähigkeit, sie mit dem Mantel der Wissenschaft zu umgeben oder nur für Eingeweihte verständlich zu machen, eine gewisse Virtuosität erlangt, die man unter Um ständen bewundern must. Anders ist es beim Bilde oder bei der Plastik. Hier ist nichts zu verschleiern, hier brauchen nicht erst 50 oder 60 Seiten gelesen zu werden, um wieder einmal auf eine an stößige, strafbare Stelle zu stützen. Hier liegt alles offen zutage und übt je nach der geistigen Beschaffenheit des Beschauers seine Wir kung aus, die zwischen verheerend und erhebend schwanken kann. So sehr man nun auch mit der Bewegung gegen den aus gemachten Schmutz in Wort und Bild sympathisieren mag, so muß man doch immer wieder darauf Hinweisen, wie eben gerade die sich tausendfältig abstufende Wirkung dessen, was man mit radi kalem Vorgehen bekämpfen will, zu Jrrtümern und Verurtei lungen führen mutz, die dem Empfinden direkt Hohn sprechen. Es wird keinem der Leser das Bild Septembermorgen von Chabas unbekannt sein, und keiner, der seine ehrliche Freude an diesem jungen Menschenkinde kundgibt, wie es so dasteht, ganz wie es der liebe Gott geschaffen, wird sich einen unmoralischen Menschen schelten lassen wollen. Aber der Umstand, daß selbst im freien Amerika, in Chicago sich Menschen fanden, die das Bild für un sittlich erklärten und einen Händler, der es ausstellte, einfach verhafteten und vor das Gericht zitierten, muß nicht nur tiefe ! Bedenken, sondern Helle Empörung Hervorrufen. Hätten wir in Deutschland Grund, uns über diese unerhörte Maßnahme zu mokieren und zu meinen, daß bei uns so etwas nicht nröglich sei, so wären wir fein heraus. So aber lehrt die Geschichte des I deutschen Kunsthandcls, wie mehr als einmal ganz harmlose I Dinge, die nur in der schmutzigen Phantasie geiler Lüstlinge I unsittlich erscheinen können, dem Strafrichter zum Opfer fielen l oder wenigstens ausgeliefert wurden. Zur Ehre der zwölf ame- Irikanischen Geschworenen fei es gesagt, daß sie den Händler, der Idas Bild mannhaft als ein Kunstwerk verteidigte, dem auch nicht Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 86. Jahrgang. der leiseste Schein des Unsittlichen anzudichten sei, freigesprochen haben. Und mit dem gleichen Vergnügen kann man konstatieren, baß auch kürzlich in Leipzig mehrere wegen der Erzeugnisse eines jüngeren, hochtalentierten Künstlers angeklagte Kunsthändler das Gleiche erlebt haben, daß also die Vernunft der Richter über die Unvernunft widerlicher Patrone gesiegt hat. Aber so erfreulich das ist, so wenig darf man sich doch in den Gedanken einwiegen, daß damit alles gut und schön sei. Sittlichkeitsschnüssler werden nach wie vor überall zu finden sein und ihren traurigen Kamps gegen ihre eigene nackte Menschlichkeit fortsetzen. Deshalb muß mehr als je in einer Zeit, wo die besten und feinsten Köpfe mit glücklichem Gelingen dabei sind, die Erotik ihres brutalen Hinter grundes zu entkleiden, sie als etwas Großes, Schönes, Edles zu proklamieren, auch die Gegenströmung und Aufklärungsarbeit da einsetzen, von wo aus sie am besten ihren Weg ins Volk nehmen können. Und dieses Bemühen hat man bei aller Anerkennung dessen, was da in Budapest gesagt wurde, etwas vermißt. Die ungeheure Schwierigkeit, die Grenze zwischen sittlich und unsittlich zu ziehen, wird natürlich immer bestehen bleiben, wird ob der tausendfältig verschiedenen geistigen Beschaffenheit der Einzelindividuen zu überwinden fast unmöglich sein. Aber gerade diese Tatsache müßte den internationalen Buch- und Kunsthandel unablässig bemüht sein lassen, im Verein mit den besten Geistern der Zeit eine denkbar weitgehende Klärung herbeizuführen, um vielleicht einmal dahin zu kommen, daß man aus geistiger Stärke und Übermacht heraus Gesetze diktieren kann, denen die Majorität der plumpen Masse sich fügen muh. Daß die wirtschaftliche Organisation der Künstler immer weiter um sich greift und voraussichtlich bald das ganze Deutsche Reich umspannen wird, werden die Leser aus den Notizen der Tagespresse ersehen haben. Das Vorgehen Münchens hat Früchte getragen. Berlin und Dresden sind gefolgt, und auch in Karls ruhe und Frankfurt ist der erste Schritt zur Organisation der in den betreffenden Orten wohnenden Künstler getan. Ja selbst die Künstlerinnen haben sich angeschlossen, und wir haben heute schon mit der Tatsache eines Frauenkunstverbandes zu rechnen, dem durch Namen wie Käthe Kollwitz, Dora Hitz u. a. immerhin eine gewisse Folie gegeben ist. Daß die im letzten Bericht geäußerten Befürchtungen, die Künstler möchten mit ihrer Organisation im Hintergrund ihre Forderungen überspannen und sich damit mehr schaden als nützen, sich bald praktisch zeigen würden, war vorauszusehen. Wie andere Leute, so kann auch der Berichterstatter schon aus der am eigenen Leibe gemachten Er fahrung sprechen. Mit Recht und Pflicht bezieht man sich auf seine Zugehörigkeit zum Verband und fordert. Aber — aber, die Herren vergessen eben doch, wie leicht sie sich ins eigene Fleisch schneiden und wie groß die Gefahr ist, daß der angebliche Gewinn, den sie sich ausrechnen, glatt ausgeht durch die Zurückhaltung, die sich die Verleger ihnen und überhaupt deni zeitgenössischen Kunstschaffen gegenüber auferlegen werden. Sehr vernünftig und beherzigenswert hat übrigens kürzlich Professor Arthur Kampf im »Berl. Tagebl.« über die Angelegenheit geschrieben. Denn so richtig sein Satz ist, daß die Kunst den Zusammenhang mit dem Volke verlieren würde, wenn sie nicht auch ihren Platz in der Volkswirtschaft behauptet, so beweisen die sine ira ot stuckio geschriebenen Ausführungen, wie sehr er sich der Gefahren be- 1003
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