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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.06.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-06-26
- Erscheinungsdatum
- 26.06.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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..>? 145, 26. Juni 1913. Künftig erscheinende Bücher. Sörimbl»« I- d. Dlschn. vuchh-nd-I. K715 seiriüii^iro xkiiLiri4-4öii4 vLir würde. Da oben sitzen sic nun, die Trustmagnalen und Eisenkönige, in Hemdärmeln, bratend vor Hitze, und vom Abgrund der Straße heult die unbändige Neu gierde, die wütende Erwartung des Volkes herauf zu ihnen. Aber weder die Hitze noch der Lärm stört sie. Steinern wie Statuen hören sie Mac Allans Plan mit an. Doch wie dann die Reihe an ihnen ist, wie sie das Geschäft abschließen und Anteilscheine zeichnen sollen, gebärden sie sich gleich Fakiren, die vom Beitstanz er griffen sind. Mac Allan baut den Tunnel. Die Schiffahrtsgesell schaften laufen Sturm dagegen, denn ihre großen Luxus dampfer sind total entwertet, wenn man in einem elek trischen Train tief unter dem Meeresgrund, in sechs unddreißig Stunden von Amerika nach Europa spurten wird. Die Welt verändert ihr Antlitz, so tiefe Furchen zieht Mac Allans stählerner Wille darin. Die Börse beider Erdteile fällt in Tobsucht. Die Zeitungen sind wie in einem Rausche. Mac Allan bleibt ruhig und baut den Tunnel. Eine furchtbare Grubenkatastrophe tötet zweitausend Menschen. Mac Allans arme, kleine Frau, sein holdes Kind werden von den wütenden Arbeitern erschlagen. Streik und Zusammenbruch erfolgt, ein Run auf die Kaffen der Tunnelgesellschaft, der mit beispiellosen Schreckensszenen endet. Mac Allan wird angeklagt, wandert ins Gefängnis, ist dann jahrelang wie ein Geächteter. Aber er baut den Tunnel dennoch. Seine Besessenheit hat gesiegt. Von einem atemlosen Tempo wird man durch die vierhundert Seiten dieses Buches dahingefegt. Man ist in ihnen wie in einem Expreßzug. Umgeben und durch- schüttert von dem Sausen vorwärtsjagender Eile. Ein gehüllt von dem Dröhnen einer metallisch donnernden Kraft. Und zur Seite hat man die zurückweichende, nach rückwärts stürzende Landschaft, die tanzt und sich dreht, und ausschaut, als ob sie taumelnd in sich selbst zu- sammensinkcn wollte. In diesem Buch rollt der Donner ungeheuerer moderner Maschinen. Weite und Welt horizonte sind in ihm. Aber alles wirbelt und tanzt und dreht sich, und man sieht nur große Konturen, sieht nur Blassen, zusammengeballt und mit fortgerissen in der rasenden Bewegung dieser Zeit. Man spürt das unerhörte Tempo der Gegenwart, der heutigen Epoche, während man dieses Buch liest. Man spürt gleichsam die Erde ringsum vibrieren, als erbebe sie bis in ihren Grund unter der zugreifenden Gewalt des Menschen. Man spürt das Fiebern, Keuchen, Wüten und geniale Delirieren der unermeßlichen Arbeit, die rund um uns her verrichtet wird. Und das ist zuerst ein beklemmen des Gefühl, dann aber ein befreiendes Glücksbewußt sein. Man wird niedergedrückt und gleich darauf an gefeuert, hoch emporgehoben und wie berauscht von Mut, von Entschlußfreude und Zuversicht und von Seligkeit, dieses schäumende Leben von heute mitleben zu dürfen. Man wird gewissermaßen lebendiger, indem man dieses Buch liest. Das aber scheint mir der edelste Gehalt dieser Dich tung zu sein. Das ist es ja, was wir überhaupt brauchen: Bücher, die unser Daseinsgesühl steigern, Kenntnis, Zutrauen, Beziehung und Wille zur Welt in uns ver vielfältigen, mit einem Wort: Bücher, die uns lebendiger machen. Das Buch von Kellermann ist ein erstes Resultat. Eine Erfüllung. Natürlich bleibt es vollkommen gleich gültig, vollkommen nebensächlich, ob man wirklich jenen Tunnel bauen könnte oder nicht. Der Mechanismus solch einer riesigen Unternehmung ist hier mit absoluter Richtigkeit dargestellt, glaubhaft, unbedingt überzeugend, und darauf kommt es an. Der Dichter ist in diesem Buch ein Finanzier von Bravour, ein Techniker von Genie, ein Sozialpolitiker mit weitem Horizont, über all das hinaus aber ist er ein Dichter. Er macht das Herz klopfen hörbar, mit dem eine aufgeregte Welt diese Milliardcngründung verfolgt. Er zeigt die großen Konturen des Daseins, gibt eine Massenbewegung, die ozeanische Wirkung hat. Auf diesem enormen Hinter grund von Anonymität wirken die Paar Persönlichkeiten, die er zeichnet, mit doppelter Wucht. Der ungeheure Wille der ganzen Menschheit ist in ihnen enthalten, ist in ihnen angcsammelt und cingeschlossen wie Explosions stoff. Wie Sprenggeschosse sind sie, blank und stählern, zielsicher, kalt, das verheerende Feuer in ihrem Innern bergend. In der Hand des Schicksals sind sie wie Taster und Schalter, mit welchen ungeheure elektrische Ent ladungen ausgelöst werden. Dieses Buch ist ein Resultat, und es besiegelt einen neuen Anfang. Es ist so durch und durch modern, wie etwa die drahtlose Telegraphie. Gefesselt, erregt und verblüfft bestaunt man die rätsel haft einfache Gewalt, die hier bezwungen ward, und denkt: Was doch die Menschen heute alles zuwege bringen! Dieses Buch ist so völlig up to äats wie ein Äroplan, der zum Himmel ansteigt und mit seinem Propeller hoch über unsern Häuptern der Sonne ent gegen das metallene Lerchenlied der Gegenwart singt. Dieses steil aufsteigende Buch mit seiner tollkühn über dem Wirklichen kreisenden Wahrheit hat solch eine neue Kraft, hat solch ein neues inbrünstiges Jauchzen, daß wir aufblicken, umherschanen und uns besinnen, in welch einer wundervollen Zeit wir leben. Felix Salten. 5. ki5cnkk/ Vekl. äQ / vLk1.1
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