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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1913
- Strukturtyp
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- 1913-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1913
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6376 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhanbel. Redaktioneller Teil. .Ir 136, 16. Juni 1913. Kreise für das Schrifttum gewonnen und vom Kino den Weg zum Buche finden werden.« Das sind eitel Luftspiegelungen einerseits und Selbstbetrug andererseits! Vielmehr werden die Autoren, zumal diejenigen, denen Kunst und Schrifttum die bekannte tüchtige Kuh ist, die sie mit Butter versorgt, für das Kino geworben werden und bloß den Weg zum Film finden, wie das schon jetzt bei so vielen erwerblustigen Schauspielern — darunter auch solchen von Ruf — leider der Fall ist. Ich glaube also, daß die ganze Bewegung, soweit sie gegen« wärtig zu überblicken ist, nicht nützlich, sondern weit mehr schäd« lich ist. Ottokar Stauf von der March. Über den Einfluß des Kinos auf das kulturelle Leben der Gegenwart — im günstigen tote auch im ungünstigen Sinne — ist bereits so vieles und Beachtenswertes gesagt worden, daß die neuauftauchende Frage über den Einfluß des Kinos auf die Literatur und den Buchhandel eigentlich sich nur in denselben Gedankenbahnen zu bewegen braucht. Der Einfluß des Kinos ist tatsächlich ein ganz ungeheurer, und zwar ebenso im guten wie im bösen Sinne. Es ist zweifellos richtig, daß das Kino mit seiner Anschaulichkeit und greifbaren sinnlichen Wirkung die Gedankenwelt der großen Masse anregt, die sonst nichts oder nur sehr wenig für Literatur und das Buch übrig hat. Dieser Masse die Romanwerke unserer Dichter näherzubringen, ist sicher ein geistiger Gewinn, der mittelbar dazu beiträgt, das Interesse für den Dichter und sein Werk, dasBuch, in Kreisen zu erwecken,die weder durch die Kritik, noch durch sonstige Anzeigen für die Romanliteratur zu interessieren wären. Nun ersteht aber die Frage, ob dieser — immerhin problematische Gewinn nicht durch die Abtötung des Interesses in anderen Kreisen aufgehoben wird, die dem Buche durch das Kino entzogen werden könnten. Das ist aber Wohl kaum zu befürchten, wie cs auch in der Natur der Sache liegen dürste. Es kann sich bei der Filmierung von Romanen voraussichtlich Wohl nur um solche Werke handeln, die durch einen großen buchhändlerischen Erfolg bereits anerkannt und populär sind, so daß eine Beeinträchtigung des Erfolges für den Verleger von vornherein ausgeschlossen erscheint. Im Gegen« teil, er hat durch die Ausführung Wohl nur eine Steigerung der Popularität und damit seines Absatzes zu erwarten. Sollte die Filmierung einen mindcrbekannten Autor und Roman be treffen, so tritt wieder der wirksame Vorteil für Autor und Ver lag ein, daß das Buch durch die Vorführung erst bekannt und dann als Druckwerk zur Geltung kommt, was dem Autor wie dem Verleger in gleicher Weise zugute kommt. Einen Nachteil für diese beiden sehe ich demnach in der Filmierung durchaus nicht, ja ich möchte sogar einen Vorteil konstatieren, der jedes Be denken überwinden Hilst. Notwendig dürfte es aber sein, diesen möglichen Vorteil in der Praxis zu fixieren, und zwar dadurch, daß Autor und Verleger, sofern deren Rechte gemeinsam sind, an dem Ertrage der Filme partizipieren, also Tantieme beziehen, was durch Vereinbarung mit den Filmfabrikanten leicht zu organisieren ist. Überdies könnte jeder Verleger die Bedingung stellen, daß der Vorführung in jedem Kinotheater zum Schlüsse eine gefilmte Anzeige zu folgen hat, etwa in der Form: Der Roman »(folgt der Titel)« ist in Buchform erschienen und für ^ .... in allen Buchhand lungen zu haben. — Diese Anzeige dürfte dem Absatz des Buches in vielen Fällen förderlich sein, was überdies noch durch die Verpflichtung verstärkt werden könnte, daß dieselbe Anzeige je- weilig in dem gedruckten Programm desselben Unternehmens mit zum Abdrucke gebracht werden müßte. Mit diesen beiden Maßnahmen, deren praktische Möglichkeit außer jedem Zweifel steht, durste die eventuell befürchtete nach teilige Einwirkung des Kinos aus das betreffende Werk bestens paralysiert sein, uckd ich glaube daher, sagen zu können, daß Autor und Verleger dem Kino unter den gegebenen Verhältnissen nur Vorteile abgewinnen können. Moriz Band. Ich halte die Beeinflussung der belletristischen Literatur durch den Kincmatographcn, so interessant und bildend gute Vor führungen nach allen Richtungen belehrender Verbildlichung wirken können, für geschmackverderbend, was dichterisch geschil dertes Leben betrifft. Gedankenlose Unterhaltungs- und Scn- sationssucht, also Oberflächlichkeit im wahrsten Sinne, wird da durch geradezu gezüchtet. Das Theater leidet nicht allein peku niär auffallend unter dieser Konkurrenz, sondern tiefer noch in der minderwertigen Empfänglichkeit eines großen Teils seines Publikums. Dasselbe Verhältnis gilt für die erzählende Lite ratur. Nicht das Gute, Verinnerlichte, sondern das Sensationelle findet hier in erster Linie Anwert. Damit ist Wohl alles gesagt. Ich glaube, daß nur sehr ausnahmsweise Besucher von kine- malographischen Theatern nach einem Buche des Autors grei fen, der sie mühelos für eine Stunde oder auch weniger, unter halten hat. Goswina v. Berlepsch. Eine Schädigung des Bücherabsatzes durch das Kino halte ich für ausgeschlossen. Denn wer wirklich als Käufer eines Buches in Betracht kommt, wird dies bildliche Referat ebenso wenig für das Buch nehmen wollen, wie ein wirklicher Interessent ein Zeitschriftenreferat für ein Werk als gleich wertige Gabe nimmt. Vielmehr kann die Verfilmung als Reklame wirken. Aber da sie auf eine große Zahl von grund sätzlichen Ntchtbücherkäufern wirkt, wird der Einfluß im ganzen gering sein. Künstlerisch hat das Buch mit dem Kino wenig zu tun. Nur der Stoffhunger der Filmindustrie und das Greifen nach dem berühmten Namen erklären die eifrige Anleihe der Filme bei den Büchern. Die besten Kinostücke sind immer die, die sich an kein Buch anlehnen, denn die Bedingungen für die Kinokunst — die meines Erachtens wirklich im Entstehen ist — sind ganz andere als für das Wortdrama oder den Roman. In einer Aufsatzserie im Literar. Zentralblatt (im Erscheinen begriffen) habe ich diese Ansicht näher begründet. vn Alexander Elster. Da bin ich wirklich überfragt, sagen wir Sachsen. Ich kenne das Kino zu wenig. Ich halte die Momentaufnahme für eine geniale Erfindung, aber den Kientopp für eine Geschmacksver irrung, eine Seuche, die den ganzen Tag schleicht. Was ich bis her vom Kino gesehen habe, das erweckte mir nur den Eindruck: Entweder das Ding wird grundanders, oder es hört auf. Was wir heute sehen, kann nichts anderes sein als ein Übergang. Unter keinen Umständen haben wir vom Buch Ursache, uns vor dem Kientopp zu fürchten. Das Theater konnte sich fürchten. Aber das Theater zweiten und dritten Ranges. Dennoch widmen auch ernste Künstler dem Kino ihre Kräfte. Aber das Buchgewerbe braucht sich nicht zu fürchten. Was ich von Kinobesuchern ge sehen habe, das kauft entweder keine Bücher, wenigstens keine Belletristik, oder hat soviel Zeit und Geld, daß das Bücher kaufen dabei gar nicht in Frage kommt. Fordert der Kientopp die Oberflächlichkeit und Sensationssucht, so leidet der Buchhandel nicht, denn solche Ware haben wir auch übergenug, um überreizte Nerven zu kitzeln. Zur Verfilmung selbst eignen sich nur zwei Arten von Literatur, die Theaterdichtung oder der Spannungs roman. Die elftere erlebt vielleicht im Kino ihre einzige Auf führung. Gönnen wir ihr's! Der Spannungsroman, den man bekanntlich für l, höchstens 2 ««kauft*), wird solange nicht leiden, als es in der Eisenbahn noch keinen fahrenden Kieniopp gibt. Der echte, gute Roman ist eine große ernste Dichtung, die himmelhoch über dem Kientopp steht. Seine Verbreitung kann nicht gehindert werden, selbst wenn ihn das Kino gelegentlich »verfilmen« würde. Auch ein modernes Wort, das selbst ganz verfilmt klingt. Ich würde als Buchfreund nie vom Kientopp etwas erwarten, würde aber fürchten, mich zu blamieren, wollte ich mich vor ihm ängstigen. Das gesamte Buchgewerbe steht über haupt viel zu hoch, um überall Gefahren wittern zu dürfen. Wer sich ängstigt, geht immer am Gespenst zugrunde. Der Buch handel hat nichts zu fürchten, niemals!, denn er vertreibt die höchsten Werte der Menschheit. Er wird Krisen durchmachen, es werden auch je und je einzelne Existenzen bedroht sein. Das *) 50U in Kommission! (Fortsetzung auf Seite 8413.)
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