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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1913
- Strukturtyp
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- 1913-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1913
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6374 Börsenblatt f- d. Dlschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. PS 136, 16. Juni 1913. Schaufenster eines Geschäfts mit sehr billigem Preis ausgestellt ist, der Verkäufer gehalten ist, dem in den Laden kommenden Kunden, der dieses bestimmte Stück zu erwerben wünscht, es zu dem billigen Preise zu geben. Daran hängt zunächst das Renommee und sein geschäftliches Vorwärtskommen; die Verkehrssitte hat daraufhin festgesetzt, daß, wer geschäftlich zu seinem Vorteil locken will, damit nicht betrügen darf. Und wenn man ein bestimmtes Stück in einem Schaufenster oder in einem Laden mit Preisangabe ausstellt, so bietet man cs damit eben jedem Kauflustigen bindend an! Überdies ist sehr Wohl in Rücksicht zu ziehen, wo der be stimmte Kreis von Personen aufhört und der unbestimmte an fängt. Ich würde z. B. geneigt sein, die Zirkulare, die ein Ver leger jedesmal an eine bestimmte Anzahl von Sortimentem unter Firmenadresstcrung schickt, als Angebot an einen bestimmten Kreis von Personen anzusehen, und ich glaube bestimmt, daß, wenn es zu einem Prozeß kommt, der Richter dies als einen bindenden Vertragsantrag ansehen wird. Wir haben ja auch z. B. in der Einrichtung des Automaten einen bindenden Vertragsantrag an einen unbestimmten Kreis von Personen, und jedenfalls ist es durchaus nicht von der Hand zu weisen, daß der Verkäufer von vornherein (natürlich immer soweit der Vorrat reicht und dergleichen) sich jedem Kunden gegenüber an sein Angebot für gebunden halten will, und daß es eine Verkehrssitte gibt, die dies bestimmt. Ja wenn in einem Handelszweige auf feste Preise gehalten wird, wie dies im Buch handel der Fall ist, so dürste daraus für die Auslegung eines Rechtsstreits hervorgehen, daß, wenn der Verleger dem Verkäufer überhaupt liefern will, er auch die von ihm selbst angesetzten Bedingungen, also namentlich den Kaufpreis allgemein gelten lassen mutz, also dem Publikum gegenüber den Ladenpreis, dem Sortimenter gegenüber den Nettopreis. 3. Wenn es sich um eine irrtümliche Preisan gabe handelt. Der Fall, der uns hier beschäftigt, wird ja meist so liegen, daß sich der Verleger bei der Vorankündigung des Werkes ver kalkuliert hat, daß etwa das Buch nachträglich umfangreicher oder seine Herstellung teurer geworden ist und er deshalb den einmal angekündigien Preis nicht mehr einhalten möchte. Dann kommt eine andere, ebenso schwierige Rechtsfrage hier hinein, nämlich die Frage nach dem Irrtum und nach der Zulässigkeit einer An fechtung des Rechtsgeschäfts wegen Irrtums. Liegt Irrtum vor, so kann der, der sich geirrt hat, das Rechtsgeschäft anfechten, also in unserem Falle der Verleger sein Angebot. In ß 119 des BGB. heißt es ganz allgemein: »Wer bei der Abgabe einer Willens erklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Er- klärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben haben würde. Als Irrtum über den Inhalt der Er klärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen wer den.« Auch hier gibt es eine große und von jeher die Rechts wissenschaft bewegende Streitfrage, nämlich wie weit ein Irrtum als erheblich anzusehen ist und demgemäß die Anfechtungsbefug nis für das Rechtsgeschäft gibt. Man ist sich nun allgemein jedenfalls soweit einig, daß der Irrtum sich auf den Inhalt des Geschäfts und auf die Willenserklärung als solche beziehen muß, nicht aber aus Dinge, die außerhalb und vor der Erklärung liegen und den Beweggrund für die Erklärung abgegeben haben. Also in unserem Falle: Wenn sich der Verleger bei der Angabe des Preises geirrt hat dergestalt, daß er den Preis, der da steht, nicht hat angeben wollen (Schreibfehler, Druckfehler oder dergl), so liegt ein Irrtum in der Erklärung selber vor. Hat er sich aber in der Kalkulation geirrt, so ist es nach allgemeiner Juristen ansicht kein zur Anfechtung berechtigender Irrtum, denn er liegt nicht in der Erklärung selbst, sondern längst vor der Erklärung. Man nennt diesen letzteren Irrtum auch den Geschäftsirrtum. Ob dem Irrtum ein Verschulden zugrunde liegt, ist gleichgültig, und ob sich der Irrtum auf wesentliche Eigenschaften bezieht, ist Frage des besonderen Falls. Eine Preisangabe wird man im allgemeinen immer als etwas Wesentliches ansehen können, es sei denn, daß der Unter schied ganz unerheblich ist. Darüber entscheidet die Verkehrssitte. Es ist jedenfalls klar, daß, wenn in einem Angebot durch Druck fehler anstatt 16 -kk 6 -F gesagt ist, dies ein zur Anfechtung be rechtigender Grund ist und der Verleger daraufhin den Vertrag anfechten kann. Natürlich liegt ihm die Beweislast ob, daß es sich wirklich um einen solchen Irrtum handelt, und dieser Beweis wird oftmals nicht leicht zu führen sein, ganz abgesehen davon, daß es auch sehr umständlich ist, wenn man etwa einer großen An zahl von Bestellern gegenüber einen Druckfehler als solchen Nach weisen müßte. Jedenfalls scheiden aus der Jrrtumsfrage alle diejenigen Fälle aus, in denen der einmal angesetzte Preis seinerzeit den Absichten des Verlegers entsprach und er willkürlich oder aus besserer geschäftlicher Erwägung später einen anderen Preis festsetzt. Dann fehlt die Angriffsfläche für die Jrrtumsan- fechtung, und es kommen nur die sonstigen Regeln für die Ge bundenheit in Betracht. 4. Die Frage der Auslegung nach Treu und Glauben. Wir sehen schon aus dem Bisherigen, daß die ganze Frage mit vielen Wenn und Aber und vielen Klausulierungen durch setzt ist, und es handelt sich darum, solche schwierig gelagerten Fülle unter Würdigung der Umstände des Falles und unter vernünf tiger Berücksichtigung des wirtschaftlichen Zwecks zu entscheiden. Es ist also hier fürwahr ein rechter Tummelplatz für die modernen Auslegungsregeln, für die Rechtsfindung nach der Verkehrssitte und für den berühmten allgemeinen Z 157 des BGB.: »Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.« Nun ist der Buchhandel zweifellos ein Geschäftszweig, der auf Anstand hält und der wilde Sitten jedenfalls nicht auskommen lassen will. Wenn der Verleger Prospekte herausgibt, so machen diese von vornherein in allen ihren Angaben auf Wahrheit An spruch, und es läßt sich ganz allgemein sagen, daß, wenn man etwa auf fest angegebene Preise im Buchhandel nicht mehr rechnen könnte, dann Wohl die Verkehrssicherheit einen argen Stotz er leiden würde*). Die Tendenz der modernen Rechtspflege geht aber gerade dahin, daß alles Unklare und Unsichere möglichst einge schränkt werden soll im Interesse einer Sicherheit des Verkehrs, daß man also jedenfalls sowohl mit der Anerkennung eines Irr tums wie etwa mit einer laxen Auffassung der Gebundenheit an einen Antrag seitens der Gerichte nicht rechnen darf. Da der Z 145 des BGB. die Gebundenheit an einen Vertragsantrag im Prinzip festsetzt, so glaube ich annehmen zu dürfen, daß die Rechtsprechung immer mehr dahin gelangen wird, die Fälle, in denen man vielleicht früher noch eine nicht bindende Ankündigung annehmen wollte, immer mehr einzuschränken zu gunsten des Prinzips der Gebundenheit! Dazu kommt noch folgende Erwägung: In allen solchen Fragen werden schon seit dem alten HGB. die Kaufleute strenger angefaßt als die Nichtkausleute. Aus dem alten HGB. stammt ja, wie schon oben betont, die Aufnahme des Prinzips der Ge bundenheit in das Bürgerliche Recht, und was im HGB. noch an besonderen Bestimmungen über Handelsgeschäfte steht, zeigt fast durchweg eine Verschärfung der sonst im Bürgerlichen Recht geltenden verkehrssichernden Grundsätze. Es ergibt sich daraus also, daß der Verleger nicht darauf rechnen kann, bei der mo dernen Auslegung eines solchen Falls allzu nachsichtig behandelt zu werden. Denn da er Kaufmann ist, wird man um so mehr von ihm verlangen müssen, daß er seine Offerten mit der Sorg falt eines ordentlichen Kaufmanns abfaßt, also jedenfalls nicht die Interessenten zu einem Kauf animieren darf mit Hülfe leicht sinniger Preisangaben, die er nicht einhalten kann und später für sich günstiger zu gestalten hofft. *> Im Antiquariat sind hierfür natürlich andere Grundsätze ge geben. Hier wird man beispielsweise stets damit rechnen müssen, daß das Angebot eines seltenen Werkes nur ganz kurze Zeit bindend sein kann oder hinsichtlich des Preises immer »freibleibend« gemacht werden dürfte.
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