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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.03.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-03-08
- Erscheinungsdatum
- 08.03.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Nr. 55. Leipzig, Sonnabend den 8. März I9IZ. 80. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Das billigste Buch. Wir haben es, zwiefach sogar. Es kostet keinen Taler, keine zwei Mark, keine halbe, nicht einmal sechs Dreier; — es wird ver schenkt, wird in den Tageszeitungen angezeigt, so daß der be glückte Zeitgenosse nur zuzugreisen braucht.... In der Nummer der »Münchner Neuesten Nachrichten« vom 18. Februar steht eine schwarzumränderte, vierzigzeilige, gewich tige Anzeige des »Verlags vr. Baecker L Co., Leipzig, König- stratze 194« sub titulo »Intelligente Menschen«. Die hat von den Abonnenten der Zeitung jeder gelesen, der sich zu der »intelli genten« Kategorie der Erdenkinder zählt, und jeder, der ihr be gierig zustrebt. Jeder hat daraus erfahren (ich gebe die Stellen in Anführungszeichen wörtlich nach den Inseraten, die der Redaktion des Börsenblatts vorliegen), »daß heutzutage nur das gefällt, was gut aussieht, was einen guten Eindruck macht«. Jeder hat vernommen, daß »Wert haben und ihn zu zeigen ver stehen, vielfachen Wert haben« bedeute, daß es »nicht genüge, ein taktvoller, bescheidener Mensch zu sein und gut gekleidet zu gehen«, sondern daß man sich »moderne Lebensart, imponierende Umgangsformen und weltmännische Lebensklugheit« aneignen müsse. Und jeder intelligente Mensch in München samt jedem, der's werden will, weiß jetzt, daß vr. Baecker L Co. »10 000 Exem plare eines 48seitigen Buches« mit dem Titel: ,Der große Wert guter moderner Umgangsformen und weltmännischen Auftretens' in brillanter Ausstattung, mit »Pa. Pa. Illustrationen« usw. an jede Person, die Interesse an dem »Buche« hat, verschenken. »Einsendung des Portos erwünscht, jedoch nicht Bedingung.« Und — seltsame Duplizität der Ereignisse! — in der Vor abendnummer der »Neuesten« vom gleichen Tage verkündete der »Verlag Max Wendel, Leipzig, Querstraße 350« (die Haus nummer ist offensichtlich Kontrollzahl) urbi st orbi, daß »Tüch tigkeit allein nicht über das Vorwärtskommen entscheide«, daß »nicht das Innere des Menschen, das er nicht überall zur Schau tragen kann«, sondern »sein Äußeres, das er in beliebiger Weise zeigen kann« den Ausschlag gäbe. Die Vorteile, die vornehmes Auftreten mit sich brächte, seien »unermeßlich«, und »die Lust, sich in feinen Kreisen zu bewegen«, wüchse »von Tag zu Tag«. Max Wendels Verlag hat — seltsame Duplizität der Ereignisse! — ein Buch Herstellen lassen, von dem er 10 000 Exemplare gratis verteilt. Jede Person, die ein Interesse an dem »Buch« hat, kann es bekommen; Einsendung von 10 4 für »Portis« ist erwünscht, aber nicht Bedingung. »Personen unter 16 Jahren erhalten das Buch nicht.« Was für ein grobschlächtiger, kompromittierender Unsug wird da wieder einmal dem Verlagsbuchhandel an die Rock- schötze gehängt! Man könnte lachen, hätte die Sache nicht einen so bitterbösen Untergrund. Schulmeister und Propheten, Ver eine und selbst Behörden arbeiten mit heiligem Eifer an einer Vertiefung unserer Kultur, man predigt auf den Gassen das Evangelium der Echtheit und hat manches Talmischeusal schon in die Wolssschlucht geworfen, nun kommen biedere Herrschaften mit einer Kapuzinade, die unverblümt aus die schlechtesten In stinkte des Gernegroßes spekuliert und deshalb in all ihrer Lächer lichkeit grausam gefährlich ist! Und die smarten Geschäftsleute gehen unter der Maske des Verlegers einher. Womit sie eigentlich ihr Geschäft machen wollen? Man weiß es, wenn man auch darauf verzichtet hat, als »intelligenter Mensch« von den beiden »Büchern« das so liebreich angebotene Freiexemplar zu beziehen. Einsendung der »Portis« ist ja, wenngleich nicht Bedingung, so doch erwünscht. Welcher hoff- nungsvolle Jüngling wird Wohl den angepriesenen Leitfaden zu den noblen Mysterien des Genttums mit unnobler Gebärde, soll heißen, ohne Freimarke beizufügen, bestellen? Es wird in- und ausländische Briefmarken regnen ins Haus der Herren vr. Baecker L Co. und Max Wendel, denn die Anzeigen werden sicherlich nicht nur in den »Münchner Neuesten Nachrichten« erschienen sein. Wie hoch mögen Wohl die Herstellungskosten des »brillant ausgestatteten«, 48seitigen Merkchens mit den »Pa. Pa. Illustra tionen« kommen? Ich wittere einen sehr ergiebigen Fischzug. Ter Hinweis im Wendelschen Inserat, daß Knäblein unter sech zehn Jahren das schöne »Buch« nicht bekommen würden (also Taufschein mitschicken!), ist, denke ich, auch gar kein schlechtes Lockmittel. Erwiesenermaßen wird der Kientopp brechend voll, sobald der Avis »Nur für Erwachsene« erscheint.... Weiter wird ja die Erziehung zum höheren, zielbewutzten Menschentum mit der Lektüre des Gratisbüchelchens durchaus noch nicht ihr Ende finden; man darf füglich überzeugt sein, daß die Adepten, die willig sind, nach der ersten Freilektion für die ferneren Etappen recht tüchtig werden zahlen müssen. Dann wird sich in Leipzig zu den Freimarken hübsche klingende Münze gesellen! Ich meine, der Verlagsbuchhandel hätte Wohl Veranlassung, die beiden Volksbeglücker recht deutlich abzuschütteln und gegen die seltsame Geschäftsgebarung nachdrücklich zu protestieren. Es wird selten Vorkommen, daß ein Geschäftsmann seiner Ware so deutlich das Kriterium des Schundes mit aus den Weg gibt, wie es hier geschehen ist. Wer Augen hat, zu sehen, der erkennt das auch, und dann mag es sich Wohl fügen, daß wieder einmal ein Stäubchen auf den blanken Schild des Buchhandels, dem anzugehören die beiden Herrschaften ja vorgeben, geblasen wird. W. Sacken. Erwiderung. Aus dem Artikel des Herrn Sacken ersehen wir zu unserem Bedauern, daß genannter Herr von dem Versandbuchhandel und dem modernen Reklamewesen nicht viel versteht oder über haupt ein durch Sachkenntnis nicht getrübtes Urteil besitzt. Der ganze Artikel enthält Beschuldigungen und Verdächtigungen, die vollständig aus der Luft gegriffen sind und jeder soliden Basis entbehren. Auf diese Sache kurz eingehend, bemerken wir, daß das in unseren Inseraten angezeigte Buch ein 32 fettiger Prospekt über ein größeres Werk zum Ladenpreis von »kk 20.— ist. Es handelt sich hier um ein gründliches Unterrichtswerk, von dem wir bereits einige tausend Exemplare verkauft haben. Wie dessen Käufer darüber denken, geht aus Hunderten uns unaufgefordert zugegangenen Anerkennungsschreiben hervor. Wir weisen deshalb die Äußerung des Herrn Sacken, es handle sich hier um Schundliteratur, mit aller Energie zurück. Die Bemerkung, daß wir nur an erwachsene Personen lie fern, hat nur den Zweck, Schulkinder von Bestellungen fernzu halten, mit denen wir im Versand prinzipiell nicht Verkehren. Die Einforderung von 10 ^ Porto, wodurch noch lange nicht un- 832 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 80. Jahrgang.
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