13. 17. Januar 1913. Künftig erscheinende Bücher. So wirkt dieses Buch, ganz abgesehen von den interessanten, aufschlußreichen Erinnerungen der Gräfin, die etwa hundert Seiten des Buches einnehmen, wie eine intime Biographie. Die wechselnden Stadien der religiösen Entwicklung Tolstois liegen hier in voller Klarheit vor uns. Wir sehen, wie er der begabten Freundin über den Kopf wächst; wir sehen ihn in der Arbeit immer wieder über seine Werke hinauswachsen, sehen ihn in seinem Verhältnis zu Frau und Kindern, zu Nachbarn und Freunden, zu den Bauern seines Gutes und Bezirkes, zu den großen Schriftstellern seiner Zeit, zu den Besten Europas und zur russischen Regierung und ihrer Bureaukratie, unter deren Verfolgung er schon frühzeitig leiden mußte. Wir sehen den Mann, dessen Kraft sich zu simsonhafter Wut steigern konnte, um dann wieder ganz kindlich hingegeben, gütig und sanft zu werden. Wir sehen ihn im Kampfe mit furchtbaren und inneren Gewalten, mit der nationalen Not der Zeit und in der Not eines ewig liebebedürftigen und unbefriedigten Herzens. Erst in der un mittelbaren Beziehung zu vertrauten Menschen lernen wir den wahren Tolstoi in der Fülle und Intimität seines Wesens kennen. Tolstoi, der diesen Briefwechsel vor seinem Tode selbst durch gesehen hat, bezeichnet ihn als seine beste Autobiographie. Was die Briefe seiner Freundin, der Gräfin A. A. Tolstoi betrifft, so darf man sagen, daß sie den Briefen Tolstois fast ebenbürtig sind. So steht zu erwarten, daß dieses Werk der Kenntnis des Menschen und des Dichters Tolstoi sehr gute Dienste leisten wird. Vor Erscheinen bestellt liefere ich m.4ü°/o u.7/6 Georg Müller Verlag in München