Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-09-16
- Erscheinungsdatum
- 16.09.1912
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19120916
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191209164
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19120916
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1912
- Monat1912-09
- Tag1912-09-16
- Monat1912-09
- Jahr1912
- Titel
- Börsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Autor
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
10754 «sqmblatt I. d, Dtichn. «E-md-l. Nichtamtlicher Teil. 216, >6. September 1912. Benutzung von Kinodramen« schaffen konnte, die anscheinend selbst bei der Verabschiedung der Novelle von 1010 zum deut schen Urheberrecht trotz des Vorgangs der Revidierten Berner Konvention nur ungenügende Beachtung sand. Hierdurch wird wirtschaftlich die Tatsache erklärt, warum man in dieser No velle und in ihren Vorveratungen nur immer die Rachempfin dung von Büchern durch das Kino und noch nicht die Nach empfindung von Kinostücken durch Bücher im Auge hatte. Hier ist eben altes im Fluß, und erst die neueste Entwicklung, die Länge der Kinvgeschichten, ihre selbständige Formung,ihre wach sende Unabhängigkeit von den viel älteren und naturgemäß reicheren Buchgeschichten, hat die Möglichkeit hcraufgefllhrt, daß man heute auch nach einer Geschichte, die man im Kino sah, eine literarische Erzählung schreiben kann. Diese Mög lichkeit ist jetzt nicht mehr von der Hand zu weisen, und das Recht kann daher jeden Tag in die Lage kommen, eine solche Frage entscheide» zu müssen. Nun wird man von vornherein geneigt sein, zu erklären, daß, wenn die Nachempfindung des Gedruckten durch das Äinematogramm verboten ist, umgekehrt auch die Nachcmpfin- dung des Kiuemalogramms durch das Gedruckte verboten sein muß. AVer solche rechtliche Überzeugung würde wenig besagen, wenn etwa das Gesetz anderer Meinung wäre oder auch nur eine andere Deutung zuließe. Und merkwürdiger weise liest vr. B. May, dessen Buch »Das Recht des Kine- matographen« ich jüngst hier besprach,*) eine solche Folge aus dem Gesetz heraus. Obwohl er zunächst unter Berufung auf Allfeld ganz richtig aussührt, daß das Kinematogramm dem Gegenstände des literarischen Urhebcrrechtsgesetzes näher steht als dem des Kunstschutzgesetzes, fährt er dann (Seite 114) wörtlich fort: »Gleichwohl hat die neue Bestimmung über den Schutz des kinemalographischen Erzeugnisses in das Kunst schutzgesetz Aufnahme gefunden, und zwar war hierfür Wohl be sonders die Erwägung maßgebend, daß der Kinematograph nur gegen die bildliche Wiedergabe seines Stoffes, nicht auch gegen die schriftliche Erzählung der vorgefllhrten Begeben heiten geschützt werden soll und sich insofern der urheber rechtliche Schutz des kinematographifchen Erzeugnisses von dem eines literarischen Werkes unterscheidet.« Diese Meinung stimmt mit der Ansicht Köhlers überein, die dieser — allerdings schon 1007 und 1008, was hierfür wichtig ist**) — ausgesprochen hat. »Denkbar ist eine Aus führung«, sagt er, »auch bei Werken der bildenden Kunst, so bei Kinematogrammen, so bei Licht- und Schattenbildern, die man an dem Auge des Zuschauers hin- und Hergleiten läßt, so bei elektrischen Bildern u. a. Inwiefern hier ein Schutz gewährt ist, gehört dem Kunstwerkrecht an: auch wenn diese Bilder eine Art dramatischen Wirkens ausmachen, handelt es sich nicht um ein Personen-, sondern um ein Sachdrama, das lediglich durch Mittel der Bildniskunst wirkt und daher, wenn es überhaupt schlltzenswert ist, dem Kunstschutz angehört.« Obgleich ein Mann wie Köhler das sagt, muß ich cs doch als unrichtig bezeichnen und möchte dieser Ansicht nachdrücklichst cntgegentreten. Es gibt allerdings bewegte Photographien, bet denen in diesem Sinne Köhlers lediglich ein Kunstschutz in Frage kommen kann; das sind die Naturaufnahmen, die Vorführungen von Tagesereignissen, naturwissenschaftliche und belehrende Films (aber selbst diese nicht einmal alle, da auch hier eine neue literarische Tat, etwa eine wissenschaftliche Entdeckung in Frage kommen und urheberrechtlichen Schutz ») Vgl. Nr. 198. **> Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht, Stuttgart 1907, S. 173. In gleichem Sinn äußert er sich in »Kunftwerkrecht« S. LS und 54. (Stuttgart 1908.) beanspruchen kann, der weit über den bloßen Schutz des Bildes htuausgeyt). Es muh mithin (was übrigens auch die tägliche Praxis lehrt) einganz scharfer, energischer U u t e r s ch e i d u n g s st r ich zwischen diesen tat sächlichen Films und den »Dramen« gezogen werden. Jeder Kinobesucher zieht — wenn auch unbewußt — solchen Strich; die Künstwirkung ist bei beiden Gattungen eine ganz andere. Eine Parforcejagd, bei der ein Reiter stürzt, hat nichts Dramatisches; dieselbe Jagd, bei der dieser stürzende Reiter aber der Held einer Geschichte wäre,*) die künstlich ausgebaut ist, würde zu einer ganz anderen Kunst gattung; sie erwürbe dadurch neben der darstelle rischen Kunstqualität auch die dramatisch- literarische Kunstqualität! Hier zwischen Per sonen- und Sachdrama in Köhlers Sinne unterscheiden zu wollen, wäre m. E. graue Theorie, über die das Leben längst hinwcggegangen ist, und ich kann mir diese Stellungnahme Köhlers nur dadurch erklären, daß sie schon 5 Jahre - und zwar Jahre riesiger Kinoentwicklung — zurückliegt. Das, was ein Drama schafft, ist die Handlung. Und diese Personen im Kinodrama bewegen sich nicht etwa bloß wie der zufällig mit aufgenommene Spaziergänger oder wie der auf dem Manöverfelde photographierte Fürst, sondern sie sprechen und handeln im Sinne der Dichtung. Ebensowenig kann man jene hier bekämpfte Meinung mit der Begründung stützen, daß es sich beim Kinodrama um »Schein« und nicht um »Wirklichkeit« handle. Ich habe schon bei der Besprechung des Mayschen Buches im Börsenblatt (S. 0777) darauf hingewiesen, daß man bei der dramatischen Kunst niemals von Wirklichkeit reden könne. Sie bleibt eben sogut noch Schein, wenn sie bon Menschen in Fleisch und Blut gespielt wird, die hier stets etwas anderes darstellen, als sie sind, wie es »Schein« ist, wenn man diese Vorstellung photo graphiert und dann vorführt. Man denke nur einmal an den Fall, im Theater habe man einen so schlechten Platz (und die Akustik sei schlecht), daß man die Worte nicht versieht oder nur die Hauptsachen (wie im Kino auch) hören kann. Dann hat man unverfälschtes Kino. Denn die Schauspieler im Kino reden ja auch, und der Kinodramatiker hat ihnen im wesent lichen vorgeschrieben, was sie reden müssen; damit aber der Zuschauer es besser verstehe, gibt er ihm hier und da, sobald es nötig wird, durch geschickt gewählte Titel, Überschriften, Briefe, Einzelsütze die richtige Direktive. Die Illusion besorgt dann das übrige, genau wie im Theater, wo wir auch wisse», daß die Landschaft aus Pappe, das Gift harmloses Pulver, der Pistolenknall nur Schein ist und der Gestorbene hernach sein Abendbrot verzehren wird. Also mit solchen konstruktiven Unterscheidungen ist rechtlich nichts anzufangen, und man wird gerade hier gut tun, den Dingen, wie sie sich wirtschaftlich und laienverständlich entwickelt haben, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Glauben wir hiernach gezeigt zu haben, daß das Kine- matogramm etwas literarisch Geschütztes seinem Sinne und seiner Art nach sein kann, so ist damit freilich noch nicht erwiesen, daß es auch nach unserem deutschen Recht so sein muß und wirklich so i st. Im Kunstschutzgesetz ist das Kinematogramm gegen bildliche Wiedergabe, gegen kinematographische Nach ahmung geschützt, das unterliegt keinem Zweifel; nun fragt es sich nur, ob die einschlägigen Gesetzesbestimmungen auch die Anerkennung eines literarischen Schutzes zulaisen. *) Ähnliche Vergleiche lassen sich beliebig hcranziehcn: Auto mobil- und Eisenbahnunglücke, einerseits ohne dramatische Begeben heit, andrerseits in den Konnex einer dramatischen Handlung gesetzt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder