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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1905
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- 27.09.1905
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- Deutsch
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8520 Nichtamtlicher Teil. «V 225, 27. September 1905. ins Auge gefaßt hatten, denn es heißt darin: »ihre hauptsächliche Bestimmung ist die. unsrer Sprache gewisse Gesetze zu geben, sie rein und beredsam zu gestalten und zu befähigen, allen Künsten und Wissenschaften Ausdruck zu geben.« Ihr »ständiger Sekretär« RSgnier-Desmarais hat schließlich allein eine ziemlich unvollständige und konfuse Grammatik versaßt. So bleibt nur das berühmte »viotion- nlurs» übrig, das sie in sechzig Jahren schließlich glück lich zu Ende geführt haben. Aber die französische Literatur zog keinen nennenswerten Gewinn aus der Arbeit. Die Akademiker arbeiteten mit Unlust daran; sie betrachteten ihre Aufgabe als eine Plage (»oorvss«) und ließen nach Richelieus Tode in ihrem Eifer noch mehr nach. Pellissier zitiert ein köstliches Epigramm Boisroberts an Balzac aus dem Jahre 1643: Dt 1s ässtin w'aurait kort obligö »1650 ist man beim i angelangt. Die Arbeit scheint ganz in Frage gestellt zu sein, so daß mehr als dreißig Jahrs später eins der Mitglieder der Akademie, Furetisre, ein Privileg erhält, das Wörterbuch allein zu Ende zu führen. Darob große Empörung der Vierzig, sie stoßen Furetidre aus und gehen nun doch etwas energischer vor. Aber noch dauert es zehn Jahre, bis das Wörterbuch fertig vorliegt; aber das von Furetidre war bereits vier Jahre vorher erschienen. — Und dieses Wörterbuch entsprach durchaus nicht dem ursprünglichen, in den Satzungen festgelegten Plane. Es fehlten die lateinischen Übersetzungen, die veralteten Aus drücke. die Zitate aus guten Autoren, an deren Stelle die Akademiker gekünstelte Beispiele selbst erfanden. Aus dem geplanten historischen Wörterbuch war ein Wörterbuch der Umgangssprache geworden. Die Aufgabe war ihnen offen bar zu schwer und — zu trocken! Der Hauptzweck des Wörterbuchs sollte der sein, -die Sprache festzulegen- — als es im Jahre 1694 endlich erschien, war die Arbeit durch die großen Klassiker des siebzehnten Jahrhunderts längst getan. »Es blieb Voltaire Vorbehalten, einige Tage vor seinem Tode (1778) die Akademiker zum Entschluß der Schaffung eines neuen Wörterbuchs auf geschichtlicher Grundlage zu bringen. Die Inangriffnahme der Redaktion dieses neuen Werkes zog sich wieder jahrzehntelang hin. und nicht weniger als sechzig Jahre waren erforderlich, um den Buch staben X zum Abschluß zu bringen, dessen Beendigung von der Akademie kürzlich gefeiert wurde — allerdings einer der häufigsten Anfangsbuchstaben des französischen Alphabets. Wenn die Arbeit in diesem Tempo weitergeht, und wenn wir auch nur zwanzig Jahre (anstatt sechzig) für jeden Buchstaben rechnen, so würde das Ende des Wörterbuchs, wenn es überhaupt je dazu kommen sollte, etwa ins 26. Jahrhundert fallen, und dann wäre der Anfang natürlich längst wieder völlig veraltet! »Ein andres, nicht weniger unschönes Kapitel ist das der willkürlichen Ernennung neuer Akademiker, bei der alle andern Motive, sowohl religiöser und politischer als be sonders auch persönlicher Art. weit schwerer wiegen als das wirkliche literarische Verdienst. In neuerer Zeit ist das demokratische Frankreich an die Bevorzugung adliger Be werber gewöhnt worden und findet das ganz in der Ordnung. Wer kennt z. B. heute noch, sogar im engen Kreise der Literaten und Literarhistoriker, Rothelin. Montreurl. Costlosquet? Das find einige der »Unsterblichen« — dagegen dürfte es allgemein bekannt sein, daß gerade von den größten Geistern die meisten der Akademie nicht angehörten, sei es. daß sie sich um diese Ehre nicht sonderlich bemühten, sei es. daß sie aus religiösen, ethischen, politischen. nur selten aber aus rein literarischen Gründen keine Gnade vor dem Richterftuhl der Unsterblichen fanden: im sieb zehnten Jahrhundert Descartes. Pascal. Molisre, La Rochefoucauld, im achtzehnten Jahrhundert Vauvenargues. Lesage, Jean Jacques Rousseau, Diderot, im neunzehnten Jahrhundert Balzac. Thsophile Gautier. Flaubert. les Goncourt. Ferd Fabre, Becque. Zola. Alphonse Daudet. Der 41. Sessel, der symbolisch für die nicht Auserlesenen reserviert ist, scheint in der Tat der Sessel der wirklich »Un sterblichen« geworden zu sein. »Der neue Geist in der Literatur wurde grundsätzlich stets so lange von der Akademie serngehalten. wie es nur irgend anging. Deshalb hatten gerade die größten Neuerer des neunzehnten Jahrhunderts: Flaubert. die Brüder Goncourt. Zola, wie schon erwähnt, vergebens an die goldnen Tore der Akademie geklopft; Alexander Dumas hatte seine glänzendste Schaffensperiode längst hinter sich, als er endlich im Jahre 1874 in den Kreis der Akademiker ausgenommen wurde. Und Victor Hugo, in Frankreich das größte literarische Genie des neunzehnten Jahrhunderts, wurde erst im Jahre 1841 dieser Ehre teilhaftig, während seine Meisterwerke bereits viel früher erschienen sind. (Hernani i. I. 1830. »kkotrs Oams äs Daris« 1831, »1.6 roi sLMllse, 1832, »Ra^ Lias« 1838); aber im Jahre 1829 wählte man Arnault. 1830 Vienne und Pongerville. 1832 Jay nsw. »Auf dem Gebiete der literarischen Kritik und der Preis verteilung sind die Leistungen der Unsterblichen nicht weniger anfechtbar. Die erstere sollte nach dem Sinne des Gründers und satzungsgemäß eine der vornehmsten Auf gaben der Akademie bilden. Aber die größten Meisterwerke sind geschrieben worden, ohne daß die Akademie auch nur Notiz davon genommen hätte. — wieviel unfähige ephemere Geister dagegen sind mit einem der vielen Preise ausge zeichnet worden, über die die Akademie, leider, das Ver- sügungsrecht besitzt! »Die »Lcaäswis kr»n>;»iss« ist ein Luxusinstitut und hat hauptsächlich dekorativen Wert. Und ihre Anhänger haben ganz recht, wenn sie behaupten, mit ihrem Verschwinden entstände eine fühlbare Lücke in der Pariser Gesellschaft. Dies zumal, seit zu ihren Feierlichkeiten die Damen Zutritt haben. Die Akademiker sehen in Wirklichkeit ganz anders aus. als sie Alphonse Daudet in seinem köstlichen »I-'Iin- mortsl« gezeichnet hat. Viel richtiger erscheint mir der Ein druck. den man aus der Lektüre von Maupassants Uol-Lmi von ihnen gewinnt, bezw. von dem Interesse der Pariser Damenwelt an ihren Sitzungen und Zeremonien. .. .« G. Pellissier schließt feine verdienstvolle, recht inter essante Arbeit, aus der hier nur einige besonders auffällige Tatsachen und Daten herausgegriffen werden konnten, mit folgenden amüsanten Worten: »Jedenfalls zählen die aka demischen Sitzungen zu unfern begehrtesten Schaustellungen. Für Frauen und Fremde sind das besondre Leckerbissen. Das schöne Geschlecht wurde erst im achtzehnten Jahrhundert zugelassen. Im Jahre 1702 durften die Töchter des Mi nisters Chamillart der Aufnahmczeremonie ihres Onkels, des Bischofs de Senlis beiwohnen. Aber der Bischof hatte bos hafte Nichten, die ihren Onkel ganz einfach lächerlich machen wollten! .... Und die Ausländer lassen die Gelegenheit einer Akademiesitzung nie unbenutzt vorübergehen: die aus Europa und Amerika, weil es so etwas bei ihnen zu Hause nicht gibt; die Chinesen, die auch nicht fehlen, weil nichts besser sie an ihr eignes Land erinnern könnte. Es ist wirklich nichts weiter als eine chinesische Zeremonie. - 5. -Wie Zola seine Romane aufbaute.« Einer derjenigen Großen, dem die ablehnende Haltung der französischen Akademie lange Zeit sehr nahegegangen ist,
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