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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.06.1905
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- Erscheinungsdatum
- 20.06.1905
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- Deutsch
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5680 Nichtamtlicher Teil. 140, 20, Juni 1905, die folgenden literarischen Arbeiten bis zur Kritik der reinen Vernunft (1781) mußte der Autor auf eigne Kosten drucken lassen; zum mindesten brachten sie ihm keine baren Ein nahmen °), Wie jeder wahrhaft Schaffende arbeitete eben auch Kant nicht irgendwelchen äußern Anlasses wegen, sondern aus innerem Drange, um des fokratischen Daimo nions und um der Notwendigkeit der Sache willen, — Mit seinem bedeutendsten vorkritischen Werke, der allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels (1755), passierte es ihm sogar, daß er an einen Verleger kam, der noch während der Drucklegung fallierte'). Das ganze Waren lager wurde vor der Messe gerichtlich versiegelt, und so ge langte die Schrift weder in die Hände Friedrichs des Großen, dem sie gewidmet war, noch zur Kenntnis des Publikums, Daruns ergab sich die weitere unangenehme Folge, daß Kant als der wirkliche Urheber der berühmten Theorie über die Entstehung der Sonne und des Planetensystems, die er eben dort in konsequenter Anwendung Newtonscher Grundsätze zum erstenmal vorgetragen hatte, völlig im Dunckel blieb. Als aber Lambert, der philosophische Mathematiker und nachmalige Freund unsers Denkers, 1761, ohne dessen Buch zu kennen, in seinen Kosmologischen Briefen ähnliche Thesen vortrug, wurde er von aller Welt angestaunt und bewundert, — Selbst nach dem Erscheinen des kritischen Hauptwerkes, als Kant nunmehr Honorare erhielt, waren diese, nach BorowSkis Urteil^), im Vergleiche zu denen anderer sehr mäßig. Ein solches Schicksal wird manchem Anfänger, der mit seinen Manuskripten von Pontius zu Pilatus, will sagen von Verlag zu Verlag wandern muß, zum Tröste gereichen. So hatte Kant die Leiden des jungen Autors zur Genüge an sich selbst erfahren, und er hat sie offenbar auch später nicht vergessen, als er ein gefeierter und vielbegehrter Schriftsteller geworden war. Das läßt sich entnehmen aus der Skizze: Über die Buchmacherei, zwei Briefe an Herrn Friedrich Nicolai (1798), in der er trotz des guten Verhält nisses zu seinen eignen Verlegern nicht davor zurückschreckt, mit Al Fresko-Strichen eine humoristisch-satirische Schilderung des bunten Getriebes zu entwerfen. Wie so manches tiefe und charakteristische Wort des Philosophen, das in unsrer Zeit der Vergessenheit entrissen wurde, verdient auch sie aus den vergilbten Blättern seiner Werke wieder ans Licht des Tages gerückt zu werden, »Die Buchmacherei-, lesen wir da, -ist kein un bedeutender Erwerbszweig in einem der Kultur nach schon weit vorgeschrittenen gemeinen Wesen sGemeinwesenj, wo die Leserei zum beinahe unentbehrlichen und all gemeinen Bedürfnis geworden ist. Dieser Teil der In dustrie in einem Lande gewinnt aber dadurch ungemein, wenn jene fabrikmäßig betrieben wird; welches aber nicht anders als durch einen den Geschmack des Publikums und die Geschicklichkeit jedes dabei anzustellenden Fabrikanten zu beurteilen und zu bezahlen vermögenden Verleger geschehen kann. Dieser bedarf aber zur Belebung seiner Verlags handlung eben nicht den innern Gehalt und Wert der von ihm verlegten Ware in Betrachtung zu ziehen, wohl aber den Markt, worauf, und die Liebhaberei des Tages, wozu die allenfalls ephemerischen Produkte der Buchdrucker presse in lebhaften Umlauf gebracht und wenngleich nicht dauerhaften, doch geschwinden Abgang finden können. Ein erfahrener Kenner der Buchmacherei wird als Verleger °) Schubert a. a. O. 199; oergl. Borowski 231. ») Petersen in Königsberg. Borowski 269, 170; K. R. Dreher, Der Buchhandel und die Buchhändler zu Königsberg in Preußen im 18. Jahrhundert im: Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, XVIII, Band (1896), S, 174, ") Borowski 170 f. »> Ibiäem 231, nicht erst darauf warten, daß ihm von schreibseligen, allezeit fertigen Schriftstellern ihre eigene Ware zum Ver kauf angeboten wird; er sinnt sich, als Direktor einer Fabrik, die Materie sowohl als die Fa?on aus, welche mutmaßlich — es sei durch ihre Neuigkeit oder auch Skurrilität des Witzes, damit das lesende Publikum etwas zum Angaffen und zum Belachen bekomme, — welche, sage ich, die größte Nachfrage oder allenfalls auch nur die schnellste Abnahme haben wird , , ,; der, welcher in Fabri kationen und Handel ein mit der Freiheit des Volkes ver einbares öffentliches Gewerbe treibt, ist allemal ein guter Bürger, es mag verdrießen, wen es wolle; denn der Eigen nutz, der dem Polizeigesetze nicht widerspricht, ist kein Verbrechen, und Herr Nicolai als Verleger gewinnt in dieser Qualität wenigstens sicherer als in der eines Autors, ,,,->») Während seines schriftstellerischen Wirkens hat Kant eine ganze Reihe von Verlegern gehabt. Die wichtigsten unter ihnen, in ungefähr zeitlicher Folge, sind: Hartung und Kanter in Königsberg, der ältere und jüngere Hartknoch, beide Johann Friedrich mit Vornamen, in Riga, F, Th, Lagarde oder, wie die Firma eigentlich hieß, Lagarde und Friedrich in Berlin und endlich Nicolovius in Königsberg, Natürlich stritten und rissen sich die verschiedenen Firmen geradezu um die Ehre, jede, auch dis geringfügigste Schrift des Berühmtgewordenen zu übernehmen; man sehe nur die Briefe Breitkopfs vom 21, März 1778, des ältern Hartknoch vom 19, November 1781, Nicolovius' vom 13,/24. Juni 1789, des jüngern Hartknoch vom IS./2S, August 1789 und 9./20, Oktober 1790, sowie Fr, Th Rinks vom 13. Juli 1802, Ferner vergleiche man auch den Brief Biesters, des Heraus gebers der Berliner Monatsschrift, vom 18. Dezember 1792 und Schillers ehrerbietig-dringende Aufforderungen zur Mitarbeit an den Horen vom IS, Juni 1794 und I, März 1795, — Die Honorare, die Kant nunmehr bezog, lassen sich relativ am besten aus dem Brief wechsel feststellen Durch den frühern Königsberger Ober bibliothekar Professor Rudolf Reicke in drei stattlichen >°) Die Worie, mit denen Kant zum Schlüsse gewisse litera rische Unternehmungen kennzeichnet, sind auch für die Gegenwart beachtenswert. Die Hauptsache sei nämlich »durch die Seltsamkeit des Spektakels, wo Dinge, aus der natürlichen Lage gerückt, aus dem Kopf stehend oorgestcllt werden, viel Neugierige herbei zuziehen, um durch eine Menge von Zuschauern (wenigstens auf kurze Zeit) den Markt zu beleben und so im literarischen Ge werbe die Handelsindustrie nicht einschlummern zu lassen; welches dann doch auch seinen, wenngleich nicht eben beabsichtigten Nutzen hat, nämlich vom zuletzt anekelnden Possenspiel sich hernach desto ernstlicher zur gründlichen Bearbeitung der Wissenschaften anzu- schicken.-- — Die Abhandlung erschien, 22 Seiten stark, bei Nico lovius. Veranlaßt wurde sie durch das 1798 anonym heraus- gekommene Buch von Nicolai: Leben und Meinungen Sempronius Gundiberts, eine» deutschen Philosophen, sowie durch den von dem Berliner Buchhändler edierten Nachlaß Justus MöserS, i» denen Kants Philosophie in unzulänglicher Weise kritisiert war. Die Antwort Nicolais vom Jahre 1799 ist betitelt: Über meine gelehrte Bildung, über meine Kenntnis der kritischen Philosphie und meine Schriften dieselbe betreffend und über die Herren Kant, I, B, Erhard und Fichte, 1808 veröffentlichte Nicolai auch zwei Bände philosophischer Abhandlungen. Für diese Hinweise bin ich Herrn Professor vr. Vaihingec-Halle zu Dank verpflichtet. Goethe schrieb anläßlich der oben zitierten Schrift am 28. Juli 1798 an Schiller: -Kants Zurechtweisung des Saalbaders ist recht artig. Es gefällt mir an dem alten Mann, daß er seine Grund sätze immer wiederholen und bei jeder Gelegenheit auf denselben Fleck schlagen mag. Der jüngere, praktische Mensch thut wohl, von seinen Gegnern keine Notiz zu nehmen, der ältere, theoretische muß niemanden ein ungeschicktes Wort passieren lassen. Wir wollen es künftig auch so halten , , ,-
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