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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1925
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1925-06-04
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1925
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- Deutsch
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9116 Börsenblatt s. b. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X: 128, 4. Juni 1925. Fern von seiner Familie, sern von seinen Freunden, ohne einen richterlichen Beistand mußte er die letzten schweren Stunden seines Lebens tiberstehen, und wenn wir uns In die Briese des tressltchen katholischen Geistlichen Pöschcl vertiefen, so dilrsen wir ohne Uber hebung scststeilenl Palm hat sie mit Seelengröße ge tragen, als ein echt deutscher Man» und als ei» wahrhastiger Christ ist er gestorben. Mit Bitternis müssen wir weiter seststcllen, daß der welsche Richter angcordnct hatte, daß der Vollendete gleich aus dem Nicht platz in nn geweihtes Erdreich gelegt, also gleich Missetätern bestattet werden sollte. Glücklicherweise ist cs aber den Brannaner Bürgern gelungen, den Toten nach Rück zug des Militärs in die Stadt aus den Gottesacker zu bringen. Ein Zeichen, wie sehr die Bürgerschaft Braunaus an dem Hinsterben dieses bedauernswerte» Mannes tetlgenommcn hat. Wehmut erfüllt uns, wenn wir diese Geschichte hören, aber eines kann uns trösten, daß er, der große Deutsche, wenn auch sern von Frau »nd Kindern, aus deutscher Erde und umgeben von deutschen Bürgern bestattet wurde. Die Bürger Braunaus, voran das Stadt-Oberhaupt, sie werben diese Stätte, die wir heute geweiht haben, heilig und in Ehren halten, des sind wir ganz gewiß. Es war mir vergönnt, im Jahre 1998 den Ivvjährigen Todes tag unseres teuren Vorsahren hier erleben zu dürfen. Noch höre ich von damals, als Hosschauspieler Kaser, auch ein getreuer Bürger Braunaus, die Festrede hielt, die ,Heil-Ruse' in meinen Ohren, und wenn wir heute wieder in Ihre geliebte Stadt gekommen sind — 19 Jahre sind seither verslossen, und so manches Schwere liegt hinter „ns —, so besteht hier noch dieselbe Begeisterung sllr deutsches Wesen wie damals. Lassen Sie mich auch an dieser Stelle im Name» sämtlicher Familien Palm, aller Nachfahren, besonders aber im Namen der hier anwesenden Urenkelin von Johann Philipp Palm, den ties- geslihlten Dank anssprechen sür die große Ehrung, die der Börsen- veretn der Deutschen Buchhändler zu Leipzig durch Setzung dieses Gedenksteines uns erwiesen hat. Ferner sür die überaus freund liche Einladung, die an uns ergangen ist, und sllr den herrlichen Empsang der Stadt Braunau. Doppelt notwendig ist es in unserer heutigen Zeit, unseres großen Vorsahren zu gedenke», und wir können an dieser Stelle nur geloben, trotz allen Druckes von außen dem Vorbild und Ahnen nachzu leben, seine Treue, seine Vater landsliebe, sein echter deutscher Sinn, sie wer den unvergessen bleiben. Was einem Palm und einem Schlageter geschah und was in den letzten Jahren an Schmach und Schande unser», Volk zugefllgt wurde, das darf nicht wieder geschehen. Dasiir setze ein jeder seine ganze Kraft ein. Ist auch traurig unser Geschick und das unserer Brüder in Österreich, wir wolle» ei» jeder in der Stille, aber um so tüchtiger, mit Zähigkeit und Festigkeit daran arbeiten, daß unser gemeinsames Va't erlaub wieder empor kommt und sich losschiittelt von sremder Bevor mundung. Deutsch wollen wir siihlen, deutsch wollen wir denken, deutsch wollen wir handeln! Gemeinsames Schicksal, gemeinsames Unglück, das bindet, das kettet!« Im Anschluß hieran wurde die erste Strophe des Deutsch landliedes eindrucksvoll gesungen. Daraus nahm Herr vr. Friedrich O l d e n b o u r g - München das Wort, um auch der anwesenden Damen zu gedenken und sie ganz besonders zu begrüßen. Nach diesem war die Mitternachtsstunde herangerückt, und voller Befriedigung verließ man das gastliche Haus, um am Sonntag morgen frisch zur Stelle zu sein. Gegen 10 Uhr füllte sich am Sonntag, dem 24. Mai, der aus gedehnte, ein schönes Städtebild darstellende Hauptplatz. Das schöne Wetter trug dazu bei, ziemlich die ganze Stadt ans die Beine zu bringen; auch sehr viel Landleute aus der Umgebung waren zu sehen, welche anscheinend Sonntags ihre Einkäufe vor- zunehmcn pflegen, denn alle Läden waren geöffnet. Auch Kollege Höglinger i. Fa. Stampfl L Co. als einziger, aber gewichtiger Buchhändler am Platze, hatte sein schön geschmücktes Haus offen, und es war vielen von uns vergönnt, seine Räume mit manchen sür Sortimenter vorbildlichen Einrichtungen zu sehen. Einige Zimmer sind recht behaglich eingerichtet, um die Bücherfreunde in Muße die beabsichtigten Einkäufe vornehmen zu lassen. Ein ganz intimer Raum allerdings schien nur für bevorzugte Besucher bestimmt zu sein, denn der Flascheninhalt darin ist eigentlich sonst ! in Buchhandlungen nicht zu finden. Oder soll hier Wilhelm Büschs weise Lehre in der Praxis umgesetzt werden? Der Palm 1874, Verein jüngerer Buchhändler in München, der so zahlreich vertreten war, um seinen Ramensgcber zu ehren, nahm vor dem Rathaus mit der Standarte Ausstellung. Ihm schloß sich eine Reihe ortsansässiger Vereine, darunter die Sänger und Turner schaft, die Feuerwehr, ein Trachtenverein sowie die national sozialistische Gruppe an. Im geschlossenen Zug ging es auf kur zem Wege, zuletzt zwischen Gärten hindurch ans die Baumwiesc, die Richtstätte Johann Philipp Palms. Schon von weitem war der etwa 4 Meter hohe Obelisk sichtbar, den eine Tannenhecke auf drei Seiten umschließt *). Die Schauseite zeigt in Lebensgröße das erzene Brustbild Palms in einem Oval. Darunter befindet sich die Inschrift; äob. kbil. ?s1m am 26. ^u§u8t 1806 Hier nahmen die Fahnenabordnungen Ausstellung, während die Weiherede Herr Paul N i t s ch m a n n - Berlin, Erster Schriftführer des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, hielt. Sie hatte folgenden Wortlaut: »Herr Bürgermeister, meine Herren Vertreter der städtischen, staatlichen und militärischen Behörden, liebe und verehrte Vertreter der Familie Palm, hochansehnliche Versammlung! Heute vor zwei Wochen, just um die gleiche Stunde, hat der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig zum Gedächtnis an seine im letzten Weltkriege gefallenen Berufögenossen vor seinem Hause in Leipzig ein erzenes Denkmal errichtet und feierlich etnge- weiht. Eine schlanke, ragende Jünglingsgestalt, die mit der einen Hand zur Erde weist, in der die heilige Saat schläft, der Wethe frühling, den ein hartes Geschick uns abgesordert, und die mit der anderen Hand nach oben deutet, wohin alle Saat strebt, um in der Zukunft Frucht zu tragen. Uber den noch frischen Wunden, über den noch in unverblaßter Erinnerung stehenden Opfern des Weltkrieges aus den Rethen unserer Freunde und Kollegen will und kann der deutsche Buch handel aber nicht die ihm Zugehörigen vergessen, die in früheren gewaltigen Kämpfen sür Vaterland und Freiheit den Heldentod ge funden haben. Zu ihnen gehört vor allen anderen Johann Philipp Palm, der deutsche Buchhändler aus Nürnberg, der am 26. August des Jahres 1806 an der Stelle, um die wir hier versammelt sind, durch französische Kugeln den Tod gefunden hat. Wer Palm war und warum er fiel, hier in Braunau ausführen zu wollen, hieße Eulen nach Athen tragen. Ist die Stadt Braunau doch in der ganzen deutschsprechenden Welt erst durch den Namen Palms und durch diese Nichtstätte bekannt und berühmt geworden. Auch der Frage nachzusinncn, erscheint mir müßig, ob Palm schuld los gestorben, also eines der unzähligen Opfer französischer Gewalt justiz auf deutschem Boden geworden ist, oder ob er eine Schuld im Sinne der Gesetzgebung des fremden Gewalthabers getragen hat. Die Geschichtsschreiber sind sich in der Beantwortung dieser Frage nicht einig, und sie wird vielleicht niemals zweifelsfrei gelöst werden können. Aber gleichviel, ob Palm die Streitschrift, um derentwillen er sein Leben lassen mußte, selbst verlegt und verbreitet oder ob er sie nur ohne Kenntnis ihres Inhalts nach damaliger Buchhändler sitte als Kommissionär von der einen zur anderen Stadt geleitet hat, für uns starb er in der Ausübung seines schönen und edlen und, wie mir bis zum heutigen Tage wissen, in Kriegszeiten und unter feindlichen Waffen nicht ungefährlichen Berufes, und er wird deshalb als ein Held und Wegbereiter der deutschen Freiheit bei uns fortleben. Als Held wird mancher vielleicht fragen? Er, der schlichte Mann hinter dem Ladentische, der niemals die Waffen trug? Und doch war seine Tat echtes Heldentum, und Kaiser Napoleon wußte wohl, warum er ihn öffentlich erschießen und die Kunde von seiner Erschießung an allen Kirchen- und Nathaustiircn der besetzten deut schen Landcsteile anschlagen ließ. Er wußte wohl, warum er ein abschreckendes Beispiel geben mußte; denn er wußte, daß die Waffen des Geistes gewaltiger sind als die aus Stahl, wußte wohl, daß das Wort tiefere Wunden schlägt und schneller tötet als das Schwert, und wußte endlich, daß der Geist, aus dem das Wort der gehaßten und gefürchteten Streitschrift entstand, der Geist der Empörung *) Der Schöpfer des Denksteins ist der ortsansässige Konservator vr. Preen.
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