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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1925
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- 1925-06-06
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- 06.06.1925
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Redaktioneller Teil. 130. 6. Juni 1925. sie später — etwa nach Erledigung ihrer politischen Ausgabe — wieder zu lesen. Trotzdem liegt auch in der »unbefugten Verbreitung« solcher Schriftwerke zweifellos eine Urheberrechtsver- lctzung und nicht eine dem »Vortrag« gleich zu achtende erlaubte Maßnahme In Wahrheit führen die herkömmlichen Begriffsbestimmungen vom Wesentlichen der Tatbestände weg. weil sie in einer der natur wissenschaftlichen Betrachtungsweise verwandten Art lediglich in ein zelnen sinnlich wahrnehmbaren Elementen wesentliche unterscheidende Merkmale suchen, a n st a t t von der »B e st i m m u n g« auszugehcn, der das Schriftwerk dient Der Begriff der Vervielfältigung« knüpft rcchtshistvrisch an de» Begriff des Nachdrucks an und weist durch diesen historischen Zu sammenhang aufs deutlichste auf die für das Gemeinschaftsleben der letzten Jahrhunderte wesentlichste Form hin, in der geistige Inhalte breiten Massen zugänglich gemacht worden sind. Wenn in der früheren Gesetzgebung an Stelle des Begriffs der Vervielfältigung der Begriff des Nachdrucks gewählt worden ist, dann ist dies nicht deshalb ge schehen, weil die technische Eigenart des Nachdrucks als solche eine besondere rechtliche Bewertung notwendig erscheinen ließ, sondern weil die gesetzgebenden Organe offensichtlich davon aus gegangen sind, das; der Nachdruck die einzige im Gemeinschaftsleben wesentliche, die einzige dem Urheber »gefährliche Form« der Verviel fältigung darstcllt. Trotz dieser nahen sprachlichen Beziehung zu einem bestimmten technischen Verfahren kann es nicht zweifelhaft sein, daß der Begriff Nachdruck im rechtlichen Sinne umfassender war als der Begriff des Nachdrucks im technischen Sinne, daß er nämlich auch diejenigen Formen der Vervielfältigung umfaßte, die »technisch« nicht die geringste Verwandtschaft mit dem Druckerciver- fahrcn haben, jedoch mit Rücksicht ans ihre »Bestimmung« im sozialen Leben dem Nachdruck im technischen Sinne gleichwertig sind. Wenn dann die gesetzgebenden Organe an die Stelle des Wortes »Nachdruck« den Ausdruck »Vervielfältigung« gesetzt haben, so sollte damit nicht etwa »eine sachliche Änderung gegenüber dem älteren Ncchtszn- stande« lierbcigeführt werden svgl. R.G.Z. Band 107, S. 270); cs sollte vielmehr nur klargestcllt werden, daß »jede Art der Wiedergabe des Werks, sie möge ans mechanischem Wege oder durch Handbetrieb be wirkt werden, unter das Verbot der Vervielfältigung fällt« lN.G. a. a. O. Seite 278). Es ist mithin — vom technischen Standpunkt aus gesehen — Unvergleichbares in einem Tatbestand zusainmengc- mcngt worden. Schon hieraus erhellt, wie wenig es nach der dem Gesetz zugrunde liegenden Tendenz aus die technischen Elemente der artiger Tatbestände ankommt und welche überragende Bedeutung die »Bestimmung des Schriftwerks« hat, die das Technisch-Unvergleichbare zu einer sinnvollen Einheit zusammenfchlicßt Die entscheidende Frage lautet daher: welche besondere Be deutung hat im Nahmen der allgemeinen »Bestimmung des Schrift werkes« die Verbreitung auf der einen, der Vortrag auf der anderen Seite? Der Vortrag — wie ihn die gesetzgebenden Organe bei Ab fassung des Lit.U.G. allein gekannt haben wendet sich an eine räumlich geschlossene Hörergemcinschast, der »Verbreitung« ist dagegen die Beschränkung auf den räumlich zusammengeschlosscnen Kreis nicht eigentümlich. Der Vortrag ist daher — auch wenn der die Hörerschaft umfassende Raum noch so weit ausgedehnt ist infolge der begrenzten Reichweite des menschlichen Organs und seiner damaligen Surrogate eine im Verhältnis zur Verbreitung stark be schränkte Bedeutung für die »Bestimmung« des Schriftwerkes; denn die Verbreitung trägt ihrem typischen Charakter nach die Möglichkeit in sich, das Werk sämtlichen Bewohnern der zivili sierten Erdoberfläche zugänglich zu machen, es zu verbreiten in des Wortes weitester Möglichkeit. Der Vortrag hat dagegen seinem typischen Charakter nach nicht eine gleichgerichtete Sendung Es ergibt sich also dies: Der Vortrag ist seinem typischen Charakter nach eine Nebenform des Zugänglichmachcns eines Schriftwerks, dadurch gekennzeichnet, daß durch das bei ihm angewandte Verfahren das Werk nur einem räumlich zu- s a m m e n g e s ch l o s s e n e n Kreis von Hörern zugänglich gemacht werden kann; die Verbreitung, d. h. hier stets die gewerbs mäßige Verbreitung — ist eine soziologische Haupt- sorm des Zugänglichmachcns eines Werkes, dadurch gekenn zeichnet, daß das bei ihr angewandte Verfahren die Möglichkeit in sich schließt, das Werk in räumlich unbegrenzte Weiten der zivili sierten Erdoberfläche zu tragen Hieraus erhellt ohne weiteres, daß die Wieder gabe durch Rundfunk unter den extensiv inter pretierten Begriff der Verbreitung fällt Diese beiden Urteile, von denen ich hier nur Teile wieder- gegcben habe — namentlich das des Landgerichts III ist noch viel länger —, sind in mehr als einer Hinsicht sehr beachtens wert: erstens wegen ihres geraden Hingchens auf Zweck und Sinn des Urheberschutzes, dem gegenüber das ängstliche Hasten an Wor ten des Gesetzes und an Begriffen der Theorie abgelchnt wird; zweitens in der Ablehnung, daß es sich um »Vortrag« handle, also Hofsmanns Meinung bestritten wird; drittens in dem den bei den Urteilen eigenen Ausweg auf den Gedanken der Verbreitung als selbständiger Urheberrcchtsvcrletzung. Aber gerade dieser dritte, den Gerichten als rettender Ge danke erscheinende Gesichtspunkt ist ein Verlegenhcitsprodukt. Denn man kann ihm entgegenhalten, daß (auch gewerbsmäßige) Verbreitung geschützter Werke und Werkteile erlaubt ist, sobald keine Vervielfältigung vorliegt: Verleihen, Vortragen, Zitieren, Erzählen. Ich zeigte oben schon, daß auch der Vortrag eine Ver breitung ist; und wenn die Beschränkung der Zuhörerzahl und der unmittelbare Kontakt des Vortragenden zu seinen Hörern sicherlich den Vortrag von der Rundfunksendung unterscheidet, kann die gleiche Tatsache ihn nicht von der Verbreitung unterscheiden. Denn ob die Hörerschaft breiter ist oder nicht, den Erdball umfassen kann oder nicht, kann nicht in einem Falle Verbreitung, im anderen N i ch t Verbreitung bedeuten! Sollte sich die Rechtsprechung bis in die höheren Instanzen und die Rechtswissenschaft mit jenem Verlegenheits-Rettungsweg der beiden Landgerichte begnügen, so mag es ja gut sein; aber das glaube ich nicht; und deshalb müssen wir doch wieder zu der Alternative Vortrag—Vervielfältigung zurückkehren. Tatsache ist, daß die beiden Gerichte aus ihrer Rechtsüber zeugung heraus den Weg gesucht haben; diese Rechtsüber zeugung ist die richtige, sie bedarf nur noch der endgültigen juri stischen Stütze. Warum soll diese nicht in der Anwendung des Vervielfäl tigungsbegriffs auf die Rundfunksendung zu finden sein, wie ich dies von Anfang an vertreten habe? Man wendet ein : I. der Sprach gebrauch steht dem im Wege; 2. der juristische Begriff verlangt einen körperlichen, greifbaren, wahrnehmbaren Gegenstand der Verbreitung, eine Vielheit von selbständigen bleibenden Dingen. Darauf sage ich zu 1: Sprachgebrauch ist sehr wichtig, aber des Wandels fähig. Wer sprach früher von Sendung im Funk sinne? Riefe man also hier, wie es die erwähnten Juristen jetzt tun, den Sprachgebrauch zu Hilfe, so gäbe es keine »Sendung« im Funksinne, sondern Sendung bedeutete Postsendungen, Hans Sachsens poetische Sendung und dergleichen. Es gibt also einen neuen Sprachbegriff der »Sendung«, warum soll es keinen neuen Sprachbegriff der Vervielfältigung geben? Und zu 2: Wo steht denn, daß der juristische Begriff der Vervielfältigung einen körper lich selbständigen Gegenstand betreffen muß? Nirgends im Ge setz. Die Definition, die das Reichsgericht in anderem Zusam menhang gibt, beruht auf der früheren Technik; ich kann also gerade die Ausführungen des Landgerichts III heranziehen, um hier dem technischen Begriff den Zweckbegriff nach Urheber recht entgcgenzustellen. Vervielfältigung ist dasselbe wie Ver vielfachung. Will jemand bestreiten, daß der »Vortrag« des in den Sender Sprechenden durch Mechanik und Technik verviel facht wird? (Das ist jedenfalls dem Sprachgebrauch entsprechen der als die bewußte »Vervielfältigung in einem Exemplar«.) Auch die »Vielheit von selbständigen bleibenden Dingen« ist bei dem Radio gegeben. Dies habe ich in meinem ersten Aufsatz (Bbl. Nr. 145 von 1924) schon ausgcführt und darf darauf verweisen, da ich es jetzt mit verstärkter Überzeugung seiner Richtigkeit auf recht erhalte, — keineswegs nur, wie Hoffmann in seinem soeben erschienenen Kommentar zum Verlagsrecht Seite 21 von mir be hauptet, cke 16A6 kerencka, sondern für das geltende Recht! Es handelt sich also um mechanische Vervielfachung eines Vortrages, und das durchbricht die für den Vortrag gegebene Ausnahmebe stimmung infolge der Vervielfachung. Ohne Aner kennung dieser Begründung bleibt -er Schutz des Urhebers gegen Rundfunksendung ein nur gefühlsmäßig begründetes Recht.
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