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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1925
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- 1925-06-06
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- 06.06.1925
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>6 130, 6. Jum 1925. Redaktioneller Teil. Damit ist es also nichts, und das haben auch die Berliner Richter eingesehen, die jedoch ihrerseits einen neuen Weg ein geschlagen haben und in der Entscheidung der Prozesse von Gerhart Hauptmann und Hugo von Hofmannsthal gegen Sendegescll- schasten den Autoren rechtgegeben haben; sie haben nämlich nicht die Frage auf: Vervielfältigung oder Vortrag, — sondern darauf abgestellt, daß die gewerbsmäßige Verbreitung verboten ist, und glauben damit die Frage gelöst zu haben. Das ist meines Erachtens wiederum ein Irrtum; denn ge werbsmäßige Verbreitung geschieht auch durch Vortrag; ich wüßte also nicht, wie man durch die bloße Feststellung der Un- erlaubtheit der Verbreitung um die Kernfrage »Vortrag oder Vervielfältigung?« herumkommen will. Doch hören wir zunächst einige der wesentlichen Ausführungen aus diesen beiden Landgerichtsurteilen: Das Landgericht l sagt unter anderm: Nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Lit.U.G. hat der Urheber eines Schriftwerks die ausschließliche Befugnis, das Werk zu ver vielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten. Die Be fugnisse der Vervielfältigung und die der gewerbsmäßigen Ver breitung sind zwei getrennte Befugnisse (RGZ. 39, 111). Jede dieser Befugnisse kann für sich verletzt werden (vgl. Gold bäum »Urheberrecht und Urhebcrvertragsrecht«, Anm. 4 zu § 11 Lit.U.G., S. 148). Im Schrifttum ist die Meinung vertreten worden (Alexan der Elster »Urheberrechtliche Fragen beim Rundsunkbetrieb« in »Markenschutz und Wettbewerb« Angust/September 1924, Nr. 11/12, S. 229/30; Hans Erich Wolfs, »Rundfunk und Schriftsteller« in »Recht und Leben«, Wochenbeilage der Vossischen Zeitung vom 19. Februar 1925), daß die Sendung eines Werkes durch Rundfunk als eine Vervielfältigung zum mindesten im wirt schaftlichen Sinne anzusehen sei. Diese Auslegung des Begriffs der Vervielfältigung, der sich auch der Kläger nicht anschließcn zu wollen scheint, tut aber nach der Ansicht des Gerichts der Gcsctzestcrminologie und dem gemeinen Sprach gebrauch Gewalt an. Wenn das Reichsgericht in dem Urteil vom 7. November 1923 (NGZ 107, 279) ausflihrt, daß der Begriff der Ver vielfältigung die Herstellung eines körperlichen Gegenstandes erfordere, so steht diese Begriffsbestimmung nicht nur mit der bisherigen Recht sprechung und Literatur, sondern auch mit dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens in Einklang. Ebensowenig wie als Vervielfältigung wird man die Rundfunk sendung als die Herstellung einer »Vorrichtung für Instrumente« be trachten können, »die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen« (8 2 Abs. 2 Lit.U.G.). Dieser von Reiche »Funkrecht«, 1925, S. 45/46, vertretenen Auffassung wird man in Übereinstimmung mit Hoffmann (»Radio und Recht« in der Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht, 1. August 1924, Nr. 15/16, S. 455) entgegcnhaltcn müssen, daß 8 2 Absatz 2 Lit.U.G. nicht die schöpferische Tätigkeit, die etwas Neues bringt, schützt, sondern Vervielfältigungen, Werkexcmplare einer »Be arbeitung« des Werkes gleichstem (vgl. Goldbanm »Urheberrecht«, Anm. 9 zu 8 2 Lit.U.G. S. 24). Der Kläger hat sich auch ans diese Gcsctzbcstimmung nicht berufen, sondern hat geltend gemacht, daß die Beklagte durch Rundfunk sein Werk gewerbsmäßig verbreite. Das Urhcberrechtsgesctz vom 19. Juni 1901 enthält — gleich dem alten Gesetze vom 11. Juni 1870 — keine Definition des Begriffs »Verbreitung«. Die U mgren - zung des Begriffs ist der Wissenschaft und Praxis über lassen morden. Als Faktoren, mit welchen die Auslegung dabei zu rechnen habe, bezeichnet das Reichsgericht (N.G.St. 2, 247) haupt sächlich den gemeinen Sprachgebrauch, die Terminologie der übrigen Reichsgesetze sowie den inneren Zusammenhang des konkreten Gesetzes und den legislatorischen Gedanken, ans dem es beruht. Diesen Aus führungen schließt sich das Gericht mit der Maßgabe an, daß für die Auslegung nicht die bei der Beratung ausgesprochenen Gedankengänge der gesetzgebenden Körperschaften allein, sondern der ans dem Gesctzcstert sich ergebende Wille der Regelung von Nechts- und Lebensverhältnisscn nach einer bestimmten Richtung hin entschei dend ist. Wie in einer Dichtung die Nachwelt oft Gedanken findet, deren sich der D i ch t e r selbst vielleicht nicht bewußt war, so können ans einem Gesetz sich Folgerungen ergeben, an die der »Gesetzgeber« n i e gedacht hat. Mit einer Übermittlung von Werken der Literatur durch Rundfunk haben weder die gesetzgebenden Körperschaften noch die Gerichte gerechnet, die in der Vergangenheit den Begriff der Ver breitung ans Grund des Urhcberrechtsgesetzes entwickelt haben. Für den gegenwärtigen Rechtsstreit kann darum nicht ausschlaggebend sein, daß das Reichsgericht in der Entscheidung vom 7. November 1923, die sich hauptsächlich mit den Fragen des »Nachdrucks« und der daran BSrsrnbIM l. de« Deutscheu Buchhandel. V2. Jahrgang. anschließenden Verbreitung beschäftigt, in Übereinstimmung mit der älteren Literatur unter Verbreitung jede Handlung versteht, durch die ein Exemplar des Werkes anderen Personen als den bei der Her stellung und Vervielfältigung des Werkes beteiligten zugänglich ge macht wird. Nachdem die Technik soweit vorgeschritten ist, daß auf drahtlos-telephonischem Wege Werke der Literatur von einem Punkte gleichzeitig nach allen Himmelsrichtungen bis in fremde Erdteile über mittelt werden können, wird man vielmehr, ohne mit dem Sprach gebrauch des täglichen Lebens und dem Grundgedanken des Gesetzes in Widerspruch zu geraten, die Rundfunksendung als eine »Verbreitung« betrachten dürfen. Von Bedeutung ist dabei, daß durch den Rundfunk ein Werk zwangsläufig einem größeren Per sonen kreis zugänglich gemacht wird. Ans den Grundgedanken des Gesetzes muß aber deswegen noch mehr eingegangen werden, weil noch zu prüfen ist, ob nicht die Rund funkübermittlung als »öffentlicher Vortrag« eines Werkes anzusehen ist, sodaß die Art der »Verbreitung« bereits erschienener Werke ge mäß 8 Absatz 3, Lit.U.G. zulässig wäre. Als Grundgedanke des Gesetzes wird nun allgemein anerkannt, daß ein jeder über die Ge staltungen seiner wissenschaftlichen oder künstlerischen Gedankentätig keit die alleinige Herrschaft besitzt und darüber zu bestimmen hat, ob, wie und wann sie zur öffentlichen Kundgebung gelangen sollen (R.G.St. 2, 249). Diesem Grundgedanken des Gesetzes gegenüber stellt sich die Vor schrift des 8 11 Absatz 3 als eine Ausnahmebestimmung dar. In der amtlichen Begründung des Gesetzes (Carl Heymanns Verlag, S. 23) heißt cs: »Wenn Bühncnwerke noch nach dem Erscheinen Schutz gegen Aufführung genießen, so beruht dies darauf, daß bei solchen Werken die öffentliche Darstellung regelmäßig das hauptsächliche Mittel der Verwertung ist. Für andere Schriftwerke tritt die Aussicht, von dem Vertrage Nutzen zu ziehen, mit dem Erscheinen im Buchhandel völlig zurück.« Wie diese Begründung und Fassung des Gesetzes selbst ergibt, ist mit Rücksicht darauf, daß durch den öffentlichen Vor trag eines Werkes keine wesentlichen Interessen des Urhebers be einträchtigt werden, die Sondervorschrist des 8 11 Absatz 3 gegeben worden Das Landgericht III aber führt unter anderm folgendes aus: Der Urheber eines bereits erschienenen Schriftwerks hat nach den Worten des Gesetzes zwar die ausschließliche Befugnis, das Werk zu »vervielfältigen« und »gewerbsmäßig zu ver breiten«; der »öffentliche Vortrag« des Werkes ist jedoch allgemein erlaubt, sobald das Werk erschienen ist. Vergleicht man die Begriffs bestimmungen, die von diesen drei Tatbeständen der Verviel fältigung, der gewerbsmäßigen Verbreitung und des öffentlichen Vortrags in Theorie und Praxis gegeben worden sind, mit dem Tatbestand der Wiedergabe durch Rundfunk, so liegt die Annahme nahe, diese Wiedergabe als eine Art des öffentlichen Vortrags anzusprcchcn. Bei der Verviel fältigung muß nach jenen Begriffsbestimmungen ein »körper licher Gegenstand« hergcstellt werden, der das Werk in »sinnlich wahrnehmbarer« Weise »wicdergibt«. Eine Verbreitung setzt nach jenen Begriffsbestimmungen voraus, daß ein im Wege der Ver vielfältigung hergestelltcs Exemplar des Werks anderen Personen zu gänglich gemacht wird (vgl. jedoch den Sprachgebrauch des Reichs gerichts in Bd. 107 Seite 64 zu 2) Es kann daher nicht geleugnet werden, daß nach jenen Begriffs bestimmungen die Wiedergabe durch Rundfunk wohl keines falls als eine Vervielfältigung oder Verbreitung ansgesaßt werden kann, daß sie vielmehr — wenn überhaupt einen gesetzlichen Tatbe stand, dann den des öffentlichen Vortrags erfüllt. Jedoch: die ange- deutcten Begriffsbestimmungen kranken sämtlich daran, daß sie das Schwergewicht nicht auf das Wesen des Tatbestandes legen, sondern ihn in der Hauptsache nach äußerlichen Merkmalen charakterisieren, nach Merkmalen, die zwar regelmäßig, aber nicht notwendig dem Tat bestände — seinem wahren Wesen nach — anhaftcn. Die Äußerlichkeit der Charakterisierung wird schon daran deutlich, daß nicht einzuschcn ist, warum es vom rechtlichen Standpunkt aus darauf an- kommcn soll, ob die Wiedergabe eines Werkes durch Vermittlung körperlicher Gegenstände oder durch das Medium des gesprochenen Wor tes stattfindet. Der einzige Unterschied, der rechtlich wesentlich sein könnte, scheint darin zu bestehen, daß die Herstellung körper licher Werkexcmplare dem Empfänger des Exemplars die Möglichkeit gibt, beliebig oft das Schriftwerk zu lesen oder in anderer Weise auf- zunehmen, während der Hörer des Vortrags ans einmaliges Hören angewiesen ist. Auch dieser Unterschied kann jedoch in Wahrheit nicht wesentlich sein. Denn es gibt Schriftwerke — etwa gewisse politische Flugblätter —, deren Bedeutung sich ihrem Wesen nach darin erschöpft, daß sie einmal gelesen werden sollen. Diesen Schriftwerken ist es ganz unwesentlich, daß der Empfänger die Möglichkeit hat, 1227
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