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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.02.1876
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- 23.02.1876
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- Deutsch
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666 Nichtamtlicher Theil. 44, 23. Kebruak. deutsche Publicum. Selbstverständlich brachte diese so hervorragende ^ Mitarbeiterschaft Bürger, der wohl öfters nach Köttingen zu den! Hainbündlern hereinkam, mit Dieterich zusammen und ist anzu- > nehmen, daß er damals gleich den so sympathischen Eindruck aus den älteren Verleger machte, dessen Wirkung sich nie wieder verliert. Bürger muß etwas ungemein Bestechendes in seinem Wesen gehabt und namentlich in Stunden freudigen, gemeinsamen Lebensgenusses ein gar frisches, geniales Sichgehenlassen entfaltet haben, das aller Herzen gewann. Zahlreiche Briefe geben davon Zeugniß. Doch mehr noch als durch solche gesellige Talente gewann er sich Freund schaft und Liebe durch das seltsame Gemisch seines Naturells, das eine feurige Leidenschaftlichkeit mit einer seltenen Geradheit, Offenheit und Rechtlichkeit wunderbar vereinte, ein Doppelwesen, das für ihn freilich auch zum tragischen Schicksale ward. — Die Zeugnisse aus dieser ersten Zeit sind sehr spärlich. Es sind geschäftliche Erwäh nungen über Separatabdrücke, Beischlüsse und dergleichen. Eine Notiz Boie's an Bürger vom 12. Dec. 1774 gibt uns wenigstens einen Beweis von dem Vertrauen, das Letzterer bei Dieterich ge nießen mußte. Bürger hat Bote um Bücher gebeten, darauf schreibt dieser: „Schreiben Sie ein Wörtchen an Dieterich und er wird sich kein Bedenken machen, Ihnen Alles zu schicken, was Sie haben wollen." 1775 bekommt Voß von Bote die Rcdaction des Musen almanachs übertragen und da jener Göttingen einer neuen Stellung wegen verläßt, bricht er aus Bequemlichkeit mit Dieterich und läßt seinen Almanach in Lauenburg (später in Hamburg) erscheinen. Doch ein Mann wie Dieterich gab die Fortsetzung seines, des Göttingischen Musenalmanachs, nicht aus und seiner Mühe gelang es, einen anderen intimen Freund Bürger's, Göckingk, für die Redaction zu gewinnen, welcher sich dieser in den Jahren 1776—78 unterzieht. Bürger muß seine Beiträge nun theils seinem Freund Voß, aus Rücksicht auf den mahnenden Boie, dessen Schwester mit Voß verlobt ist, theils seinem Freund Göckingk zuwenden. Wenn wir bemerken, daß Letzterer dabei denLöwcnantheil erhält, so dürfen wir dies vielleicht auch einer Theilnahme für Dieterich von Seiten des Dichters zuschreiben. Für persönlichen Verkehr in dessen Hause haben wir in einem Briese Göckingk's vom 25. Mai an Bürger das erste Zeugniß, wo es heißt: „Könnten Sie übermorgen über 8 Tage in Göttingen seyn, so flög ich dahin, Sie in Dietcrich's Hause zu umarmen." Beide Alnianache bereiten sich natürlich nicht unbe deutende Konkurrenz, besonders der Boß'sche scheint darunter zu leiden. In mehreren Literaturgeschichten hat sich die irrige Angabe eingeschlichen, als ob Bürger mit Göckingk vereint der Redaction des Dieterich'schcn Alinanachs schon in diesen Jahren (76—78) ab gelegen habe. Der Briefwechsel legt jedoch klar dar, daß unseres Dichters Verhältniß zum Almanach in dieser Zeit kein anderes war, als zu Boie's Zeit, dasjenige eines allerdings hochbedeutenden Mit arbeiters. Auf jeden Fall scheint aber im Publicum dieser Alma nach als derjenige angesehen worden zu sein, in welchem die Pro ducts der so schnell beliebt gewordenen Bürger'schen Muse haupt sächlich veröffentlicht werden, und dies ist wohl eine Hauptursache dafür gewesen, daß dieser nach wie vor gut „ging", während der Voßische, wie erwähnt, ziemlich unter der Concurrenz zu leiden hatte. Schon 1776 sehen wir Boie hinter dem Rücken von Dieterich an einer Wiedervereinigung beider Kalender arbeiten und zwar so, l daß Göckingk in die Redaction des Voßischen einträte, auf neue Un kosten unseres Dieterich, der von einer Versöhnung mit Voß nichts wissen will. Göckingk zeigt sich nach längeren Unterhandlungen dazu bereit, doch verschiebt sich seine positive Kündigung bis zum Jahr 1778, nachdem er fürs zweite Jahr einen neuen Contract mit Dieterich gemacht, der ihm 100 Thaler baar und 50 Thaler in Büchern gibt; gewiß sür damalige Zeiten nicht wenig. In der Zwischenzeit wird an Bürger gebohrt, seine Sachen doch dem ^ Voßischen zuzuwenden und am S. Januar 1777 schreibt Voß selbst - au Bürger: — „Bohn hat den Almanach aus künftiges Jahr wie- > der übernommen. Schade, daß Göckingk schon sein Wort an Diete rich gegeben hatte, sonst wäre ich wegen der Sammlung ganz sicher. Aber jetzt wird mir in der That bange, daß es mir an guten Ge dichten, das heißt, die sür Jedermann sind, an Bolksgcdichten, fehlen kann, da so viele in Dietcrich's Almanach fließen. Hölty ist mir auch gestorben, und Miller — mit seinen leidigen Romanen! Lie ber Bürger, verlaß mich nicht! Der Almanach ist mein Hab' und Gut und Ihr gebt Euer: Das Mädel, das ich meyne: dem Buch händler, der Euren Freund und Bruder so unwürdig behandelt hat! Ich weiß wohl, daß Ihr auch Göckingk's Freund seid, aber Göckingk verliert nichts, wenn der Göttinger Almanach auch ein Gedicht weniger hat, denn er sucht nur aus Dietcrich's Vorrath das Beßte aus und haftet gar nicht dafür, wie dieser Vorrath be schaffen ist." Darauf antwortet ihm Bürger unterm 23. Januar 1777: „So lange Göckingk Herausgeber des Dieterich'schen Alinanachs ist, kann ich mich diesem nicht ganz entziehen. Es kann sein, daß in die sen bessere Stücke kommen als in den Ihrigen, weil der Dichter das klus oder Lliuns in dem Wertste seiner Werke nicht unterscheiden kann. — Als Sie und Boie mit Dieterich wegen des Alinanachs zer fielen, plagte mich Dieterich baß durch dreh oder vier expresse Boten, bepackt mit schwchren güldnen Versprechungen, seinen Almanach zu übernehmen. Hätte ich es angenommen, so ließe mein Unternehmen sich ebenso vertheydigen, als die Stolbergische Homer-Uebersetzung.») Dennoch schlug ich Alles standhaft aus, weil mein Freund Voß die Herausgabe eines Alinanachs in Besitz genommen hatte. Fern seh von mir alles Rühmen ..." Die Erwähnung seiner Homer-Uebersetzung bringt uns wieder direct auf Bürger's Beziehungen zu Dieterich zurück, die in dieser Zeit mehr und mehr positive Gestalt annehmen. Ich lasse einige herausgezogene Briefstellcn selbst darlegen, in wie zuvorkommender Weise Dieterich sein Verlegervcrhältniß zu Bürger anbahnt, das sich zuerst auf das größere Gedicht „Der Raub der Europa" und die schon berührte Homer-Uebersetzung erstreckte. Bezüglich der letzteren schreibt Bürger, nachdem sich die Unter handlungen mit dem Buchhändler Weygand, der sich vor der Stol- berg'schen Concurrenz fürchtet, zerschlagen haben, an Sprickmann am 16. Januar 1777: ... „Deß (nämlich des Zerfalls mit Wey gand) wird sich mein Freund und Gönner Dieterich freuen. Denn der hat noch so viel Vertrauen zu mir, daß er meineUebersetzung**) trotz zehn Stolbergischen auf die ansehnlichsten Bedingungen drucken und verlegen will" .., und am 3. April desselben Jahres meldet er über Beides und auch schon über die beabsichtigte Herausgabe seiner Gedichte an Boie: ...„Dieterich nimmt den Verlag meiner Ge dichte gegen meine Dir in der Hauptsache bekannten Bedingungen mit Freuden an. Ebenso läßt er sich auch in Ansehung Homers Alles gefallen. Er bot mir doch 4 Dukaten für die »Europa« und soviel Exemplare, als ich wollte, an. Zeus Kronion aber erhob ! meinen Geist, daß ich das Gold nicht, sondern nur noch zlvci Dutzend Exemplare annahm." Welcher Autor wünschte sich nicht einen Ver leger wie Dieterich, und wo fände ein Verleger einen Schriftsteller, dem bei der Honorarverhandlung Zeus Kronion in solch' edler Weise den Geist erhebt, wie hier unserm Bürger? — Heute hat wohl immer nur Gott Hermes die Hand im Spiel. Im Sommer des Jahres 1778 muß dann Göckingk an die ») Stolberg hatte eine Homer-Uebersetzung begonnen, obgleich ihm Bürgers Anfänge einer solchen bekannt waren. Bekanntlich übersetzte Voß nachher selbst den Homer, zerfiel darüber gänzlich mit Stolberg, trug aber freilich den Sieg über Beide davon. »»1 Diese Büraer'sche Homer-Uebersetzung fand in der That der Zeitgenossen hohen Beifall, — so Gleim's, der ganz entzückt davon ist.
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