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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.02.1876
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- 21.02.1876
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- Deutsch
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lung keineswegs für ein „Schriftwerk" im Sinne des Gesetzes vom 11. Juni 1870. Aber gerade, daß dieses Gesetz die Briese überhaupt nicht speciell von den schutzberechtigtcn „Schriftwerken" ausgenommen hat, hält Hr. vr. Uhde nach wie vor für eine Lücke desselben. Mit dieser Ansicht befindet er sich indeß im Widerspruch nicht nur mit der gesummten Jurisprudenz, sondern auch mit den Verhandlungen des Reichstags. Die im Regierungs-Entwurf motivirte allgemeine Bezeichnung des „Schriftwerks" als Object des Rechtsschutzes er schien dem Reichstag so unbedenklich, daß hierüber in der sonst sehr eingehenden Debatte über tz. 1. auch nicht ein einziges Wort verloren wurde. Daß aber der Richter den von mir bezieltcn Renter'schen Briefen die Qualität als „Schriftwerk" nicht absprechen werde, ist mir so unzweifelhaft, daß ich meinem Gegner nur wiederholt an- heimgcben kann, wenn er durchaus ein richterliches Erkenntniß Provociren will, aus seine Gefahr hi» die von mir verlegten Reuter'- schen Briefe nachzudrucken. Ein Nachdruck der Wilbrandt'schen Sammlung, den mein Gegner entfernt in's Auge zu fassen scheint, könnte die Controverse natürlich nicht zum Austrag bringen, da diese eben als Sammelwerk unzweifelhaft gegen Nachdruck ge schützt ist. — Unter den in tz. 7. aufgeführten Voraussetzungen würde das Gesetz den Nachdruck einzelner Briefe sogar gestatten, aber nicht, weil es Briese sind, sondern aus Gründen, die für jedes Schriftwerk gelten. Uebrigens bin ich in der Lage, mich aus einen bereits vor liegenden Rechtsspruch beziehen zu können, den mein Gegner um so eher gelten lassen wird, als derselbe nicht nur die von ihm selbst schon erwähnte Goethe-Kästner'sche Correspondenz, sondern auch eine», dem nnsrigen ganz analogen Streitfall betrifft. Eine Anzahl von Goethe an Kästner gerichteter Briefe wurde (ob aus der bei Cotta erschienenen Sammlung?) 1856 von der Ällg. Deutschen Verlags-Anstalt in Berlin abgedruckt. In der auf Cotta's Antrag cingeleiteten Untersuchung wegen Nachdruck bestritt die Berliner Verlags-Anstalt sowohl die Qualität der von ihr ab- gedrucktcn Briefe als Schriftwerke, als auch den Uebergang des eventuelle» Urheberrechts aus Cotta, da dieser die Briefe nicht von den Erben Gocthe's, als des Verfassers und Urhebers, sondern von den Erben des Adressaten erworben habe. Der erstere Einwand wurde durch das Erkenntniß des preußischen Ober-Tribunals vom 28. Juni 1861 verworfen, der zweite dagegen anerkannt (vgl. Oppenhoff, Rechtsprechung des königl. Ober-Tribunals. I. Se. 473 u. II. Se. 210). Deshalb verzichtet auch die von mir erwähnte Verlagsbuchhandlung in dem meinen Herren College» bekannten Falle auf die Veröffentlichung der von Fritz Reuter während der Festungszeit an seine» Vater gerichteten Briefe, so lange sie die selben nicht von den Rechtsnachfolgern des Autors, sondern nur von den Erben des Adressaten erwerben kann. Um das wahre xunotanisalions, die Qualität von „Briefen" als „Schriftwerk" herumgehend und anknüpfend an eine von meiner Seite nur beiläufig, und sogar nur hypothetisch gefallene Aeuße- rung, sucht Hr. vr. Hermann Uhde „die heikelste Seite der Sache darin, daß das Autorgesetz nicht habe Indiskretionen bestrafen, sondern Vermögensbeschädigungen verhüten wollen". Daß letzteres nicht zutreffend, habe ich bereits nachgewiesen, und darüber, ob das Urheberrecht in erster Linie nicht gerade rein persönliche Interessen des Autors zu schützen bezwecke, wird unter den Juristen lebhaft gestritten. Indem mein Hr. Gegner bei seiner „Lückentheorie" stehen bleibt, gesteht er mir wenigstens doch das zu, daß die „Lücke" eine vom Ge setzgeber geplante sei, ja, das von mir beigebrachte Material hat ihn überzeugt, daß es unmöglich sei, diese angebliche Lücke zu stopfen. Damit erachte ich de» von ihm, sogar unter Assistenz des „Füsiliers ^ Göck" vcrtheidigten Posten für verloren. Er sucht auch vergebens, aus dem Rückzug sich noch hinter die von ihm citirten und zum Theil von ihm selbst cdirten Memoirenwerke ic. zu verschanzen. Denn die Veröffentlichung derselben würde erst dann strafbar er scheinen: 1) wenn ein bezüglicher Strafantrag gestellt wäre*), 2) wenn nicht etwa eine der in Z. 7. des Gesetzes vom II. Juni 1870 vorgesehenen Ausnahmen vorläge, und 3) wenn die Autoren oder deren Erben irgendwie die Absicht kundgegebcn hätten, daß sic ihr Autorrecht an den fraglichen Schriftwerken existent werden lassen wollten, wie bezüglich der hier zur Frage stehenden Reuter'- schen Briese unzweisclhaft eine solche Erklärung vorlicgt, die ja eben den Einspruch des Hrn. vr. Uhde veranlaßt hat. Der zuletzt berührte, von allen auf die Sache eingehenden Fach- schriftstcllern hervorgehobcnc Unterschied zwischen einem latenten und dem existent gewordenenAntorrecht wird Hr». vr. Uhde viel leicht den Weg zeigen, aus dem auch der Laienverstand sich mit der Unterstellung von Briefen unter den Schutz des Gesetzes vom 11. Juni 1870 versöhnen kann. Existent wird dasau jedem Schrist- werk latent vorhandene Urbeberrecht dadurch, daß dieses als lite rarisches Product erscheint, gleichviel, ob auf Veranlassung des Be rechtigten oder eines unbefugten Nachdruckers. Diesen Unterschied hier weiter zu entwickeln, würde indeß zu weit führen; ich verweise daher ausEndcmann, I. a. Sc. 5 u.6, und Hoffman», I. o.Se.41u.ff. „Was für Zustände! Was für ein Gesetz!" ruft Hr. vr. Uhde aus, nachdem er sich überzeugt hat, daß meiner Interpretation des selben mit juristischen Gründen nicht beizukommen ist. Im Prak tischen Rechtsstreite müßten wir uns aber dem, durch gesetzlich be rufene Sachverständige instruirten Urtheiljuristisch gebildeter Richter unterwerfen, also können wir nicht umhin, auch in dieser, an Stelle eines Rechtsstreits geführten Controverse die juristischen Conse- qucnzen des Gesetzes zu ziehen. Sonst verlieren wir den Boden unter den Füßen. Den Zweck, meine Auffassung des geltenden Rechts gegen den Vorwurf der Ungeheuerlichkeit und Abenteuerlichkeit zu vertheidigen, glaube ich sattsam erreicht zu haben. Denn ich glaube nachgewiesen zu haben, daß Gesetz, Wissenschaft und Praxis auf meiner Seite sind. Alle weiter aufgeworfenen und vielleicht noch aufzuwersenden Detailsragen zu erschöpfen, daraus muß ich verzichten, nicht nur aus räumlichen Rücksichten, sondern mehr noch, weil ich, wie die Leser dieses Blattes, Besseres zu thnn haben, als uns in juristische Spitz findigkeiten zu vertiefen, wegen deren die Gelehrten selbst nichts weniger als einig sind. Das beweist die Fülle der einschlägigen Lite ratur, deren Quintessenz Hr. vr. Uhde aus der Hoffmann'schen Dissertation schöpfe» kann. Daraus wird er sich überzeuge», daß ein Unterschied zwischen Briefen und anderen Schriftwerken prin zipiell nicht zu statuiren ist, aber auch, daß die Frage in der Fach literatur bereits so erschöpfend behandelt ist, daß bei unverhoffter Fortführung unseres Streites kaum etwas Neues zur Sache beige bracht werden könnte. Nachdem beide Theile, wie im ordentlichen Prozeßgange Rechtens, zweimal zum Wort gekommen, würde ich wenigstens es nur dankbar anerkennen können, wenn die vereheliche Redaction uns beiden zuricse: sapisuti sat!*") Wismar, 14. Februar 1876. D. C. Hinstorff. *) Dies ist auch, meines Wissens, bezüglich der von Hrn. vr. Her mann Uhde erzählten Veröffentlichung eines Renter'schen Brieses durch die „Hamburger Nachrichten" nicht geschehen. **) Ein solches Verfahren würde der Dankbarkeit, welche das Börsen blatt den beiden geehrten Parteien für ihre werthvolle» Beiträge schul det. durchaus zuwider sein; wir möchten es vielmehr dem eigenen Er messen von Herrn vr. Uhde überlassen, ob er der vorliegenden Frage noch einen weitern Artikel widmen wolle oder nicht, und sind ersteren Falles im voraus überzeugt, daß derselbe von den Lesern des Börsen blattes das gleiche Interesse in Anspruch nehmen darf, wie die seitheri gen Artikel. D. Red.
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