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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1876
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- Erscheinungsdatum
- 07.02.1876
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- Deutsch
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30, 7. Februar. Nichtamtlicher Theil. 4-i9 Königin Luise, in den Stand gesetzt, seinen Verlag mit dem nöthigen Capital zu betreiben. Der Herzog interessirte sich lebhast für die ausblühendc classische Literatur und wollte, toenn nicht die Vertreter derselben selbst, doch wenigstens einen Theil ihrer Werke nach seiner Residenz ziehen. Er besuchte den Laden seines Hosbuchhändlers fast täglich und vermehrte dadurch, wie Humboldt spöttisch bemerkt, das Register der Launen deutscher Fürsten. Wahrscheinlich aber hätte er seinen Zweck erreicht, wenn den armen Michaelis nicht gleich bei seinem ersten Artikel ans Schiller's Feder das Mißgeschick betroffen hätte, welches bewirkte, daß er auch der einzige blieb. Höchst in teressant ist die ganze Angelegenheit abcrhauptsächlich deshalb, weil mit ihr Wilhelm von Humboldt in unserem Briefwechsel ans tritt, welcher in Berlin, wo der Musenalmanach bei klngcr gedruckt »vurde, den Dichter vertrat, alle Verhandlungen über Format, Papier, Schriftsorten leitete, die Corrccturcn überwachte und zum Theil selbst las und so nach monatelanger mühevoller und verdrieß licher Arbeit der Geburtshelfer dieses Schmerzenskindes wurde. Schiller hatte das Manuskript zu dem Almanach bereits im August 1795 abgelicsert und erwartete nun begreiflicher Weise, daß der Verleger, der sich mit demselben im Buchhandel einsühren wollte, alles ausbiete» würde, um ihn rechtzeitig fertig zu stellen. Statt dessen geschah zum größten Befremden des Dichters nichts, Michae lis bezahlte weder in Jena, wo nur Schiller sein Redaclionshonorar erhalten hatte, seine übrigen Schulden, noch beschaffte er Papier und ließ überhaupt nichts von sich hören, wohl aber kam aus Neu strelitz die Nachricht, er sei verreist. Scheinbar war also Schiller's Argwohn vollständig berechtigt, und man kann ihm gewiß nicht verdenken, daß er sich über solche Saumseligkeit höchst besremdct und entrüstet aussprach. Doch hätte er sowohl als Humboldt vor ihrem gänzlich verdammenden Urtheil wohl abwarten können, ob sich Mi chaelis nicht rechtfertigen könne, und als er das dann wirklich glänzend gcthan, hätte man wohl eher erwarten dürfen, daß sich in ihnen Mitleid für den Bedauernswerthen regen würde. — Mi chaelis war das Opfer eines abgefeimten Betruges geworden, der in jener Zeit der langsamen Verbindungen längere Zeit »»entdeckt bleiben konnte. Er hatte vor seiner Abreise sein Geschäft einein ihm seit lange bekannten, auch beim Herzog in Ansehen stehenden Mann übergeben, und das in Jena schuldige Honorar in einem Briese mit 1000 Thalern zur Post befördert. Sein Vertreter aber holte den Brief zurück, unterschlug das Geld und hielt auch während der ganzen Abwesenheit des Verlegers alle einlaufenden, auf die Angelegenheit Bezug habenden Briese zurück, sodaß Michaelis sich als de» Vernachlässigten und Beschädigten betrachten mußte. Sosort nach seiner Rückkehr nach Neustrelitz eilte er nach Berlin und bewies seine vollständige Unschuld so schlagend, daß Humboldt, der Schiller's Zorn vorher in jeder Weise geschürt und ihn in dem Vor satz, mit Michaelis zu brechen, bestärkt hatte, nunmehr in mehreren ausführlichen Briefen seinen Vertheidiger machen und den Dichter besänftigen mußte. Betrübend aber ist es, zu sehen, daß auch diese beiden, geistig so hochstehenden, vornehmen Naturen der Schwäche kleindenkender Menschen unterworsen sind, ihr Unrecht nicht einge stehen zu können, sondern das unangenehme Gefühl desselben da durch los zu werden suchen, daß sie den Verleger fortan wollig ignoriren. Auch seinem Freunde Körner gegenüber, der Michaelis vorher nach Schiller's Darstellung kurzweg sür „einen Lump" erklärt hatte, findet der Dichter nur eine dürftige Zeile der Recht fertigung sür ihn. — Goedeke findet übrigens gewiß mit vollem Rechte einen der Hauptgründe zu dieser Härte in dem Umstande, „daß der Buchhändler ein — Jude war, gegen den man schon glaubte rücksichtsloser sein zu dürfen, als gegen einen gleichberech tigten Christen". Allerdings ein eigenthümlicher Grund bei zwei so hervorragenden Vertretern des „Evangeliums der Humanität", wie es Schiller und Humboldt waren. Der Almanach wurde übrigens schließlich trotz aller Hinder nisse, wenn auch nicht zur Messe, doch Anfangs 179S fertig, befrie digte, wie es bei seinem Inhalte nicht anders sein konnte, allgemein und fand großen Absatz. Die Hoffnung des Verlegers, auch ferner mit Schiller in Verbindung bleiben zu können, erfüllte sich freilich nicht; der Dichter war und blieb sür ihn unzugänglich, spätere Briese von ihm wurden nicht mehr beantwortet. Auch von einem Werke von Schiller's Vater über die Baumzucht war er Verleger und das dafür stipulirte Honorar von 55 Friedrichsd'or spielt in Humboldt's Briefe» eine große Rolle, wie sein Verbleib, nachdem es von Michaelis bezahlt ist, in ei» eigenthümliches Dunkel gehüllt ist. Schiller's Vater zeigte im August 1795 dem Sohne den Empfang von 225 fl., also, den Friedrichsd'or zu 9 fl. gerechnet, von 25 Frie drichsd'or an mit herzlichem Danke und der Bemerkung, daß „er Wohl cinsehc, daß er ohne des Sohnes Verwendung nicht so viel be kommen haben würde". Goedeke faßt sein Urtheil über die Sache in die diplomatisch vorsichtigen Worte zusammen: „Ich weiß nicht, ob man Schiller Unrecht thut, wenn mgu annimmt, er habe von dem eigentlich dem Vater voll gebührenden Honorar 30 Frd'or., also den größer» Theil sür sich behalten. Da ohne seine Vermittlung der Vater schwerlich 25 Frd'or. bekommen hätte, und da er mit den er haltenen dankbar zufrieden war, geschah ihm kein wirkliches Unrecht, wenn ihm die übrigen 270 fl. auch wohl behagt haben würden." Mit dem Drucker des Musenalmanachs, Joh. Fr. Unger in Berlin, beginnt die Verbindung Schiller's als Verleger einzelner seiner Werke im Sommer 1797. Er druckte zuerst den Roman Agnes von Lilien, von Karolinc von Wolzogen, Schiller's Schwäge rin, von dein zuerst Bruchstücke in den Horen erschienen waren. Kurz darauf machte ihm der Dichter den Vorschlag, denVerlag eines deut schen „Theater-Kalenders^ zu übernehmen, der alljährlich erscheinen sollte und historische Arbeiten über das Theater der Alten und Neuen, kritifche Aufsätze, dramatische Ausarbeitungen, Statistik des Theaters rc. enthalten sollte. Das Unternehmen ist leider nicht zu Stande gekommen. — Auch eine andere Idee, die der an Projecten aller Art überaus fruchtbare Dichter gefaßt hatte, blieb unausge führt: mit Goethe gemeinschaftlich eine Sammlung deutscher Schau spiele, jedes begleitet von einer eingehenden Kritik, herauszugeben. Daß bei diesem, wie bei vielen solcherPlänedasunaushörlicheGeld- bedürfniß des Dichters die Hauptveranlassung war, geht aus den Worten hervor, mit denen er das Project bei Goethe befürwortete: „Wir können sehr gut zu diesem Verdienste kommen, wenn wir das kritische Geschäft gesprächsweise unter uns abthun, in zehn bis fünf zehn Abenden ist es abgethan und für jeden sind dreihundert Thaler verdient." Auch von feiner Frau verwerthete Schiller bei Unger einige Arbeiten, da derselbe ein „Journal der Romane" verlegte, für welches er gern jede von Schiller empfohlene Arbeit acceptirte, wenn auch nicht jede mit des Dichters Empfehlung versehen erscheinen konnte. Erst Anfang 1800 sagt Schiller dem Verleger ein eigenes größeres dramatisches Werk zu, welches in Kalendersormat und etwa in der Ausstattung des Musenalmanachs von 179l> erscheinen sollte. Den Titel verschweigt der Dichter hartnäckig, denn cs war ihm im höchsten Grade verhaßt, wenn schon lange vor der Vollendung seiner Werke im Publicum und in den Zeitungen über die in Bearbeitung befindlichen Stoffe verhandelt wurde und nicht eher als bei llebcr- sendung der ersten vier Acte, im April 18M, erfuhr der Verleger den Titel des Stückes: Die Jungfrau von Orleans. Ilnger war na türlich hoch erfreut und ging sosort an den Druck. Wieder beküm merte sich Schiller eingehend um die Ausstattung, bittet diesmal eigenthümlicher Weise, Antiqua zu nehmen statt Fractnr, hat gegen den zu breiten Steg und gegen die zu kleinen »nd zu scharfen Typen Einwendungen, und bittet um die Wahl eines sorgfältigen und zu gleich mit praktischem Sinn begabten Correctors. Erst am 15. Ok tober erhielt Schiller seine Freiexemplare.
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