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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.01.1876
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- 24.01.1876
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- Deutsch
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tischen Prinzip organisch und unorganisch entwickelte, im Lause der Zeit so vieles, auch Mundartliches, annahm und ausstieß, und auf jedem Schritte weiter beweist, daß sie eben die Schrift eines leben digen, einen großen Theil seiner inneren Welt in der Literatur niederlegenden und seine Sprache unter mancherlei Störungen sortentwickelnden Volkes ist. Zu allen Zeiten hat sich ein seine Zeit gewissermaßen beherrschender Schreibgebrauch gebildet, bis ein anderer aufkam, der ihn verdrängte, um dann selbst wieder einem anderen zu weichen. An einem solchen Punkte, wo die bisher übliche Schreibweise einer andere», jedoch aus dieser sich entwickeln den, Weichen soll, stehen wir auch heute. Aber mit Recht erinnert Raumer in seiner Vorlage daran, daß die historische Sprachforschung auch für dieses Gebiet ihre große Bedeutung hat, und die Conferenz wird eine richtige Entscheidung getroffen haben, wenn sie beschloß, das phonetische Prinzip nur so weit in Geltung kommen zu lassen, so weit es nicht im Widerspruch mit der Etymologie ist. Auch namhafte Vertreter des phonetischen Prinzipes, wie D., welcher in seiner Schrift zur deutschen Rechtschreibung geneigt ist, sich den Italienern und Spaniern (deren Sprache ja eine so sehr andere Geschichte hat als die unsere) in deren Thun anzuschließen, ob gleich er dem Schreibgebrauche ein ziemlich weites Feld einräumt, hat jetzt als Mitglied der Commission im Interesse der Einheit viele von seinen früheren prinzipiellen Forderungen ausgcgeben und sich, ebenso wie der als Vertreter der Buchdrucker zugezogeue B., der Majorität in den meisten Fällen der beschlossenen Aenderun- gen angeschlosscn. Wird nun jetzt etwas festgesetzt, so ist freilich zu erwarten, daß es dabei nicht für alle Zeit sein Bewenden habe; allein für lange Zeit wird doch die heutige Festsetzung maßgebend sein, sich einbürgern und Dauer haben. Wenn daher der Rus nach Verein fachung und fester Regel so allgemein ist, so darf man sich einer seits nicht scheuen, stärker mit Ungehörigem aufzuräumen, als der Theoretiker in seiner Schrift Wohl Vorschläge anderseits darf man nicht schwanken, es darf kein „auch so", „besser" u. dgl. bei einer Schreibung gelten, sondern ein Bestimmtes muß gegeben werden, woran jeder Lehrer sich zu halten hat und sich halten kann, und um der Schule willen müssen die Regeln wo immer möglich so gegeben werden, daß die Ausnahmen sich nicht zu breit machen. Die Commission hat sich denn auch nicht gescheut, in dieser Beziehung namentlich mit den Dehnungslauten ziemlich scharf auszuräumen, und hier eine feste und sichere Basis geschaffen, auf welcher die nach dieser Richtung hin seit Jahren entschiedene Bewegung ihren Ab schluß finden wird. II. Als die Conferenzen am 4. d. M. in den Räumen des Cultus- ministeriums durch den Herrn Minister selbst eröffnet wurden, fehlte von den geladenen Vertrauensmännern nur einer, Professor Hildebrand aus Leipzig, der zu allseitigem Bedauern durch Krankheit am Erscheinen verhindert war; alle übrigen vierzehn Conserenzmitglieder haben die Strapazen der elf 5—gstündigen Sitzungen bis zum Ende ausgehalten. Außer ihnen wohnten neben den technischen Räthen des Ministeriums, den Herren Geh. Räthen Bonitz, Wätzold, Schneider und Stander, auch der Ministerialdirector W. Geh. O.-R.-R. Greiss, und als Gast in den ersten Sitzungen der General der Cavallerie und Direktor des militärischen Bildungswesens v.Rheinbaben bei; der Kultusmini ster selbst und der Unterstaatssecretär v. Sydow waren nur in je einer Sitzung zugegen. Den Vorsitz führte Geh. Rath vr. Bonitz nicht bloß mit unermüdlicher Ausdauer, sondern mit völliger Unparteilichkeit, Sicherheit und — wie Prof. v. Raumer gelegentlich in einem ihm gewidmeten Toaste sich ausdrückte — „mit derjenigen strengen Logik, wie sie von dem erste» Kenner des Aristoteles nicht anders zu erwarten war". Denn freilich war das Amt nicht leicht; die Gegen sätze, auf Grund verschiedener wissenschaftlicher Uebcrzcugungen und praktischer Erfahrungen gewonnen, platzten mitunter heftig auf einander. Ost war es nöthig, Wiederholungen mit einer scharfen Be merkung abzuschneiden, Verstimmungen zu beseitigen oder mit ge schickter Wendung hier und da durch die einzelnen Abstimmungen hervorgctretene Jnconsequcnzen zu neuer Abstimmung zu bringen. Seine Rösumös waren gleich objectiv wie treffend und erwarben sich ebenso den allgemeinen und verdienten Beifall, wie die Proto kolle des Pros. Im elmann. Letzterem, einem noch jungen, aber äußerst befähigten Lehrer am Joachimsthal'schen Gymnasium, war die schwierige Ausgabe zutheil geworden, unmittelbar nach der Sitzung die Protokolle zu redigiren, und wenn er sich dabei auch der Unterstützung des bekannten Direktors vr. Adalb. Kuhn (Red. d. Zeitschr. s. vergl. Sprachst) zu erfreuen hatte, so war es doch vor nehmlich sein Verdienst, daß wir stets schon am folgenden Morgen schwarz aus weiß die Resultate der letzten Sitzung controliren durften. Mit geschickter Hand waren alle wesentlichen Punkte der Debatte scharf pointirt und dabei doch alle diejenigen bedenklichen Wendungen, welche in erregter Debatte mitunter hinüber und zurück zu fallen Pflegen, glücklich beseitigt. Wie ich bereits in meinem ersten Artikel andeutete, so bewegte sich die Strömung der Dis kussion zumeist nach einer ganz bestimmten Richtung hin. So ver schieden auch die Theorien sind, denen die anwesenden zahlreichen Sprachgelehrten privatim folgen zu müssen glaubten, so war doch die Ueberzeugung eine allgemeine, daß das Reformwerk, wenn es gelingen solle, von anderen Gesichtspunkten ausgehen müsse, als denjenigen, welchen der Theoretiker in seinen wissenschaftlichen Arbeiten folge. So begegneten sich denn auch erfreulicher Weise nicht nur die verschiedensten Ansichten — man war fast überall nur über das Maß und die Ausführbarkeit im Einzelnen verschiedener Ansicht —, sondern es zeigte sich auch, daß diejenigen Gelehrten, welche als grundsätzliche Vertreter der sogenannten rein historischen Rechtschreibung und Gegner des v. Raumcr'schen Entwurfes galten, unseren Ansichten unerwartet näher kamen. Die Herren Professoren Müllenhoff in Berlin, Zacher in Halle und Weinhold in Kiel waren zu schriftlichen Gutachten ausgesordert und hatten solche dem Herrn Minister erstattet. Diese Gutachten wurden bei Beginn der Sitzung, zum größeren Thcile ihrem Wortlaute nach, vorgetragcn und fanden nicht nur die ihren Verfassern gebührende Würdigung, sondern wurden noch oft im Laufe der Debatte citirt. Eine der originellsten und interessantesten Erscheinungen der Conferenz bildete Herr Daniel Sanders aus Altstrelitz, in den weitesten Kreisen rühmlichst bekannt nicht bloß durch sein großes Wörterbuch der deutschen Sprache, sondern durch seine zahlreichen und werthvollen Schriften über die deutsche Orthographie. Er bil dete — auch äußerlich — den äußersten rechten Flügel der Con- servativcn. Sanders war nicht bloß mit großer Zähigkeit bemüht, die Dehnlaute in der Schrist beizubehalten, sondern auch die seine- ren Unterschiede der Quantität und des Tones durch ausgedehnte Anwendung der Accente, und die Deutlichkeit des schriftlichen Aus druckes bei zusammengesetzten Wörtern durch zahlreiche Bindestriche und Apostrophe zu vergrößere». Unerschöpflich war sein Citaten- schatz, unübertroffen die Fertigkeit, mit welcher er uns neue Satz bilder vorsührte, wenn es galt, seine Sache zu vertreten. Sein Wort: Als er die Windungen des A(a)ls verfolgte, wurde bald geflügelt. Der treffliche Mann hat sicher das Bewußtsein mit nach Hause genommen, daß er sich, auch wenn das Reformwerk über seine Bedenken hinwegging, zahlreiche warme Freunde erworben, und
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