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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.10.1912
- Strukturtyp
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- 1912-10-21
- Erscheinungsdatum
- 21.10.1912
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- Deutsch
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12810 «rrsmlla» I. d. Dpchn. «Uchh-Nd-I. Mchtamüicher Teil. 246, 21. Oktober ISIS. Prüfungsausschüssen und Buchhandel behandelt. Es ist, wie auch Herr Lehrer Sydow in seinem beachtenswerten Aufsatz im Börsenblatt bom 31. August sagt, die Gefahr vorhanden, daß nicht nur die Prüfungsausschüsse und blinden An hänger ihres Vorsitzenden sich feine Ausführungen zu eigen machen, sondern daß auch der übrige Teil der Lehrerschaft davon beeinflußt wird. Es ist darum keine Zeit zu verlieren, den maßlosen Angriffen, die in der betreffenden Schrift ge macht werden, entgegenzutreten. Eine geeignete Vorarbeit zur Verständigung mit dem Buchhandel bildet diese Arbeit keineswegs, wenn auch Herr Brunckhorst die »grundsätzliche Bereitwilligkeit der Prüfungsausschüsse« herborhebt. Die Frage, ob das Bedürfnis vorhanden ist, gute und billige Literatur unter Jugend und Volk zu verbreiten, muß entschieden bejaht werden. Daß der Buchhandel allein nicht imstande ist, diese Arbeit zu vollbringen, kann und soll nicht geleugnet werden, jedoch ist diese Unzulänglichkeit nicht darin begründet, daß es dem Sortimentsbuchhändler an der Ein sicht oder dem guten Willen fehlt, sondern er ist durch die wirt schaftlichen Verhältnisse behindert und gehemmt. Wir müssen also jener Bewegung der Volks- und Jugend bildung wohl zugcstehen, daß die Absicht auf gesunder Grund lage beruht. Ob sie aber immer die richtigen Mittel anwendet, ob nicht in manchen Fällen auch andere Beweggründe mit spielen, als die angegebenen, nämlich gute Literatur zu ver breiten, das soll im Nachfolgenden untersucht werden; und den Beweis selbstsüchtiger Betätigungen kann ich an Hand meines Materials erbringen. Schon die historische Einleitung der zitierten Schrift be beginnt mit der aus der Luft gegriffenen Behauptung, daß die Schülerbibliotheken fast ausschließlich erst aus die Werbe arbeit der Prüfungsausschüsse zurückzuführen seien. Auch mit den daselbst behaupteten Geldopfern ist es nicht weit her, und sehr bezeichnend für das Vorgehen jener Herren ist die Versicherung, daß sie ihre Verzeichnisse zum Selbst- kostenpreise abgegeben haben. Es wurden also diese Geldopfer mindestens zu einem großen Teil, wenn nicht ganz damit wieder gedeckt! Daß der Buchhandel auch durch Freiexem plare die Lücken der Bibliotheken füllen darf, wird nicht ver gessen; er tut dies angeblich aber im eigenen Interesse, da ihm durch Gründung von Bibliotheken erhebliche Sum men zuflietzen sollen. Bei der heute geübten Praxis ist diese Beschwichtigung mit größter Vorsicht aufzunehmen, da die Lehrer dafür sorgen, daß zunächst ihre eigenen Erzeugnisse zur Anschaffung gelangen. Solange also die Lehrer sich nicht von jedem geschäftlichen Unternehmen fernhalten, werden sie sich den Vorwurf nicht ersparen können, daß man ihre an die Verleger gestellten Gesuche um Freiexemplare zum Teil als »Bücherbeltei« bezeichnet. Neben den Freiexemplaren ge nießen die Lehrer noch eine Vergünstigung, die ihnen aller dings oftmals angeboten wird, ohne daß sie darum nach suchen. Keinem anderen Stand gegenüber ist der Buchhandel so entgegenkommend, daß er ihm auf dem Wege der Sub skription billigere Preise anbietet. Ein Grund dafür ist nicht einzusehen, und es wäre angezeigt, daß sich das Sortiment gegen solche Verkürzungen wehrt. Eine vor zwei bis drei Jahren vorgenommene Zusam menstellung aller bei mir im Laufe eines Jahres eingegange nen Bettelbriefe, in welchen Bücher im Betrag von ^ 60.— und mehr verlangt werden, ergab eine Belastung von zirka 950.-, dabei zähle ich mich jetzt noch zu den kleineren Verlegern, Wiebiel mehr noch war dies vor zwei bis drei Jahren der Fall. Nimmt man, sehr knapp gerechnet, 50 reine Jugendschriftenverleger an, ohne die große Zahl der jenigen einzurechnen, welche volkstümliche Werke und Jugend schriften gelegentlich herausgeben, so kommt man nach meinen Erfahrungen auf die Summe von ^ 47 500.—, die dem Buch handel von einer Kaste jährlich entzogen werden, die durch nichts beweisen kann, daß sie allein berufen ist, über den Wert oder Unwert eines Buches zu entscheiden, (dlö. Man beachte, daß diese sehr gering angenommene Summe nur von reinen Jugendschriftenverlegern getragen wird. Die Wertsumme der fernerhin erbettelten Volksschriften, Kunstmappen usw. wird wohl mit wetteren 80 000.— nicht zu hoch angenommen sein.) Daß der Verleger außer der Hingabe von Freiexem- plaren noch mit Spesen und Zeitverlust zu rechnen hat, daran denken wohl die wenigsten Bittsteller. In Altona haben in diesem Jahre die städtischen Kolle gien tausend Mark zur Bekämpfung der Schundliteratur be willigt. Wie diese Gelder verwendet wurden, darüber be richtet das Hamburger Fremdendlatt bom 29. Februar 1912 wie folgt; Altona. In der Bekämpfung der Schundlitera tur, wofür die Städtischen Kollegien bekanntlich tvüv bereit- gestellt haben, sind jetzt die ersten Schritte eingeleitet. Vor kurzem sind an den Anschlagsäulen Plakate angebracht, ausdenendie Firmen namhaft gemacht sind, die nur von dem hiesigenJugendschristenansschubgcprllsteund empfohlene Jugendschristen führen. Es wird be absichtigt, tn nächster Zeit den Eltern durch die Schulkinder ein Flugblatt zuzustellen, in dem auf die deutsche Jugendbücherei, die »bunten Bücher«, die »bunten Jugendbücher« und die »grünen und blauen Bändchen« als besonders empfehlenswerte Jugend schriften hingewiesen werde» soll. Die Steuerzahler, darunter also auch die Buchhändler, die sich nicht von den Prüfungsausschüssen vorschreiben las sen, was sie zu verkaufen haben, müssen also auf diese Weise die Reklame für ihre Konkurrenz bezahlen. Daß bei den empfohlenen Sachen die deutsche Jugend bücherei und andere Lehrerpublikalionen an der Spitze stehen, darüber läßt die betreffende Zeitungsnotiz keinen Zweifel. Die großen Summen, die von einer Reihe von Städten zur Einrichtung und Vergrößerung von Schulbüchereien und Ähnlichem aufgewendet wurden, dürften sicherlich zum größten Teil für die 10-Pfennig-Hefte der Lehrer verbraucht worden sein. Die Brunckhorstsche Schrift rechnet dem modernen Volksbildungswesen als Verdienst an, daß auch der vierte Stand, wenn auch noch tn der Minderzahl, die öffentlichen Bibliotheken besucht. Es kommt doch in erster Linie darauf an, in welchen Kreisen die größere Masse der jugendlichen, bildungsbedürsttgen Elemente zu finden ist, die noch frei von Familiensorgen im Kampf um ihre Existenz stehen. Hiernach bemessen, müßten ganz selbstverständlich diese Kreise eine vielfach größere Beteiligung aufweisen, als es zurzeit noch der Fall ist. Die hierüber geführte Statistik ist überhaupt nur mit Vorsicht zu benutzen. Bezeichnend für das radikale Vorgehen der Hamburger Richtung ist die Wiedergabe einer Stelle aus einer Arbeit von R. Waclawiak. Da soll die Unzulänglichkeit der öffentlichen Bibliotheken dargetan werden, weil sie in bezug aus Befrie digung des Lesebedürfnisses der Arbeiterbevölkerung angeblich versagen. Also darum lehnt man die ganzen Bibliotheken ab, an statt die Beseitigung etwaiger Mängel zu fordern. Die Lobeserhebungen, die über die Erfolge eines Vereins »Volksheim« in Wien gemacht werden, der es erlebt hat, daß ein jugendlicher Bronzearbeiter Platons Schriften verlangte und ein Buchdrucker mathematische und physikalische Schrif ten, beweisen gar nichts. Das sind vereinzelte Ausnahmen und werden es bleiben. Der Hinweis auf nordische Nach barländer, die infolge der nachdrücklichen Volksbildungsbe strebungen viel bessere Bücherkäuser seien, mag richtig sein. Die Behauptung aber, daß in Schweden und Norwegen 25 mal mehr Bücher gekauft werden, als in Deutschland, wurde von den nordischen Verlegern im Börsenblatt selbst widerlegt.
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