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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1912-09-27
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1912
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- Deutsch
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handelt. Bei solchen Preisen kann es sich doch kaum lohnen, einen Katalog überhaupt zu drucken. Der Nationalökonomie ist der Katalog Nr. 141 von Ulrico Hoepli (Lorions antiguari») in Mailand gewidmet, der in 2784 Nummern meist italienische und fran zösische Bücher auf diesem Gebiete verzeichnet. Die bedeutendsten Kataloge aber, die erschienen sind, ge hören den Naturwissenschaften und der Medizin an. In ihrem Umfange sind sie langlebiger als andere und bei dem internationalen Publikum, das sie benutzt, nicht so an die Jahreszeit gebunden, was ihre Ausgabe betrifft. Der Katalog Nr. 45 von W. Junk in Berlin, »OriutkoloAia« betitelt, verzeichnet 3413 Zeitschriften und Bücher, also eine recht vollständige Sammlung, darunter die gewichtigsten Werke, wie Dbe Ibis (Bö. 1-49. 1859—1904) für ^ 1800-, das -Journal für Ornithologie« (Bd. 1—53. 1853—1905) für ^ 500.—, die Werke von Gould (Klicks ok Lurope. 5 Bde. 1837. ./l 1800.—. Llräs ok Luotralia. 8 Bde. 1848—69. ^ 3000.—. Lircks ok Lsia. 7 Bde. 1850—83. 1200.—>, von I. A. Naumann (Land- u. Wasservögel d. nördl. Deutsch land. 4 Bde. 1797—1805. -kk 1200.—) u. a. mehr. — Franz Pietzcker in Tübingen schließlich, einer der bedeutendsten Antiquare in dem Sonderfache der Medizin, der seit 26 Jahren einen medizinischen Anzeiger (Llsckieinas novi- tates) herausgibt, in dem er neben den Neuigkeiten auch Anti- quaria seines Lagers anbietet, hat in seinem 454. Verzeichnis eine »LibliotboeL opbtbalmoloxioa (Das Auge und seine Krank heiten)« verzeichnet, die mit ihren 9834 Nummern ihres gleichen nicht leicht finden dürfte. Sie enthält die inter nationale Literatur in weitestem Umfange und zu verständigen, billigen Preisen. B. P. Mein Buchhändler.*) Ich bekam neulich ein Schreiben von einem Berliner Amts gericht, in dem ich las: »Uber das Vermögen des Herrn N. in Firma N. ist das Konkursverfahren eröffnet. Alle, die zur Masse etwas schuldig sind, usw.« Briefe von Gerichten sollen ja selten den Empfängern reine Freude bereiten, dieser machte mich betroffen, nein, geradezu betrübt. Mein Buchhändler in Konkurs! Es war zu Ende gegangen mit diesem guten, alten, in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts gegründeten Berliner Geschäft! Ich habe Herrn N. nie gesehen und dennoch stets Achtung und Sympathie für ihn gehegt. Wie pünktlich, wie liebenswürdig ist er unausgesetzt in den zehn Jahren unseres Verkehrs gewesen! Durch ihn wurde mir der Begriff »Kulturträger« verständlich. Eine Postkarte all ihn, und nach zwei Tagen traf in der östlichen Provinzstadt, in der ich lebe, ein in München oder Leipzig, Paris oder Stockholm verlegtes Buch ein. Er schickte mir die umfang reichsten Ansichtssendungen, die interessantesten Probehefte, er war rührend aufmerksam. Uud so geduldig! Ich hatte einen Kredit bei ihm, dehnbar wie Kautschuk, nie berechnete er mir Paketporto, mochte ich mir in drei Wochen auch sechs mal je zwei Bücher kommen lassen. Was in aller Welt mochte nur das Geschäft dieses wahrhaft noblen Kaufmanns zugrunde ge richtet haben? Unordentliche Buchführung vielleicht, wilde Börsen spekulationen,Wetten, kostspielige Diners, enorme Toilettenrechnungen seiner Gattin? Ach, ich weise alles ab und will lieber meine Ver mutung aussprechcn, daß die Gründe zu diesem Geschäftsnieder gang anderswo liegen, und zwar in der unverbesserliche» Eigen heit des großen deutschen Publikums, so wenig Bücher zu kaufen. Es ist hierüber schon so oft geklagt worden, aber es scheint, als ob es in den breiten Kreisen unseres Volks — und die sind es doch hauptsächlich, von denen das Bestehen des Kaufmanns, selbst verständlich auch der Bücherlieserauteu abhäugt — gar nicht besser mit dem wird, was ich den Willen zum Buch nennen möchte. Man sehe sich einmal die Bücherschränke ober -breiter der *) Mit Erlaubnis des Verlags von Grciner L Pfeiffer, Stutt gart, dem soeben erschienenen Oktoberheft des »Türmer« entnommen. Red. deutschen Turchschuittssamilien an. Im obersten Fach — natür lich! — verschiedene Gesamtausgaben von Klassikern, steif ge bunden und nie hcruntergenommen. Dann Fachliteratur des Mauues, vielleicht das Konversationslexikon, und endlich, wenn man sich nach dem umsieht, woran man denkt, wenn man »die Bücher« sagt, entdeckt man in einer Ecke zusammengepfercht ein paar achtlos aneinandergereihte Bände. Manchmal, selten, ist etwas Gutes darunter, daun ist es oft geschenkt worden, meistens besteht der stolze Besitz lediglich aus Sensatiousschmökern, Neisebücheru und Bahnlektüre. Das Wertlose, wahllos vereint, nichts von dem Be streben, bedachtsam eine der Persönlichkeit entsprechende Bibliothek anzulegen und weiterzuführen. Bücher kauft der richtige Deutsche trotz aller in den letzten Jahren durchgemachtcn Wandlungen immer noch nur zu Weihnachten, uud da nur für andere, wenn ihm nichts anderes eiufällt. Man gibt sein Geld lieber für Sichtbareres aus, wünscht sich auch solches. Ich denke an den Geburtstagstisch einer reichen jungen Frau, den ich vor kurzem sah. Schweres Silber gab es da uud prachtvolles Kristall, schöne Schmucksachen glänzten und feine Spitzen, und in all dieser Herrlichkeit lag ein einziges un scheinbares, braunes Bändchen: »Ibsens gesammelte Werke« zum Preis von einer Mark fünfzig! Fragen wir solche Bekannten, warum sie keine Bücher kaufen, so hören wir: »Das ist ja hier nicht nötig, es gibt eine so gute Leihbibliothek am Ort«. Ja, die Leihbibliothek, sie ist so billig, so beguem, man benutzt sie fleißig und freudig. Aber wie gesuudheitsgefährlich auch das Lesen der von Hunderten benutzten Bücher ist, daran denken in unserem hygienischen Zeitalter immer erst sehr wenige. Ich kannte eine Dame, die sich auf die Reise stets eigenes Trink- und Wasch gerät aus Gummi sowie den Inhalt eines halben Wäscheschranks mitnahm, weil sie sich vor den Hotelsachen ekelte, und die doch ohne Zittern und Zagen die abgegriffensten geliehenen Bücher las. Der einzige Roman aus letzter Zeit, von dem ich weiß, daß selbst ein geschworene Abonnenten der Leihbibliothek ihn kauften, weil sie ihn dort nicht rasch genug erhielten, war — »Das gefährliche Alter«. Die beliebte Behauptung, daß ein großer BUcherbesitz bei Um zügen gar zu lästig — als ob die schweren, sonst aber so anspruchs losen Bücher schwieriger zu befördern wären, als eine Gaskrone, eine Marmorbüste etwa! —, kann ebensowenig standhalten wie die, daß das Bücherkaufen, bei den heutigen teuren Zeiten ein unerschwinglicher Luxus sei. Es ist ja wahr, daß der Lebens unterhalt jetzt recht kostspielig ist, aber wenn man sich die Welt, die ich im Auge habe, ansieht, die sich gern die gute, ja die gebildete nennt, diese ganzen ungeheuer weiten Bürgerkreise mit ihren Ausstrahlungen nach oben und unten, so muß man finden, daß sie trotz aller Steuern und Teuerungen ganz vergnüglich weiterlebt, sich nährt, sich putzt. Für Dinge wie eine Autofahrt, die Zulaßkarte zum Aufstieg eines Luftballons, ein Füßchen Kaviar zahlt man ohne Wimperzucken das Drei- und Sechsfache des Betrags, den ein Buch kostet. Wo findet man den Zuschnitt des Haushalts, die Geselligkeit vereinfacht, wo hört man, daß Deli katessenhändler, Schnapsbrenner trotz aller Abstinenzbestrebungcn, daß gewandte Konfektionäre bankerott gehen? Sagt beim Einkauf eines Möbels, eines Porzellan- oder Kleidungsstücks der Kauf mann nachsichtig und herablassend: »Nun, es wird Ihnen doch nicht auf diese kleine Differenz ankommen!«, so bleibt selten einer fest, nein, man zahlt, seufzend vielleicht, doch getröstet von dem Bewußt sein, sich einer Notwendigkeit gebeugt zu haben. Aber drei bis sieben Mark für ein Buch ausgeben — mau kann heute sogar noch billiger meisterlich ausgestattete Bände haben —, das ist verschwen derisch, töricht, beinahe anormal. Die Deutschen erfüllt es von Zeit zu Zeit mit großem Stolz, wen» reisende Ausländer erklären, daß Berlin die sauberste und modernste Stadt Europas sei, daß der Betrieb auf unfern Bahnen, in unser» Fabriken usw. sich durch unübertreffliche Schnelligkeit und Zuverlässigkeit auszcichue. Solche Lobsprüche gehen dann durch alle Zeitungen. Noch nie aber habe ich gelesen, daß ein Fremder staunende Anerkennung über deutsche Hausbüchereieu ge äußert. Irgendwo ans dem Lande in Schweden sah ich einmal bei einem einfachen Gärtner zwei Wände seines Wohnzimmers von großen Bücherregalen bedeckt, in einem unbedeutenden dänischen Gasthaus fand ich den Wirt im Besitz einer Sammlung von etwa vierhundert Büchern. Wie selten trifft man bei uns, auch bei sozial viel Höherstehenden, solchen Reichtum! Haben wir aber das Recht, uns ein Kulturvolk zu nennen, ehe es nicht allgemein ein
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