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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.09.1872
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- 09.09.1872
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- Deutsch
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210, 9. September. Nichtamtlicher Theil. 3299 würdige Gemahlin (Göthen's Schwester) zu besuchen. Er wohnt Lichte bey dem Posthause." Die guten Tage in der Schweiz verstießen, nicht ohne auch Zimmermann Erfreuliches in der Gestalt von Briefen nach Hanno ver gebracht zu haben. Reich hatte unterwegs gemeldet, daß er den jungen Zimmermann in Straßburg gesehen, Schlosser dagegen ver fehlt. In Zürich war dann gute Rast gehalten worden in geselligem Verkehr mit Lavater, dessen Hausdach mit seiner entzückenden Aus sicht „Sic und Madame Reich gewiß so wenig vergessen als ich", schreibt der Leibarzt. Auch Ausflüge werden gemacht, so nach Brugg und Richtcrsweil. Von dort wird ei» Brief, von neun Hände» ge schrieben, zum Ergötzen Zimmermann's nach Hannover abgcsandt. In jene Zeit fällt dann auch das Zusammentreffen mit Heyne, doch bleibt cs »»gewiß, wann die von Heeren erwähnte Zusammen kunft Zimmermann's und Rcich's in Phrmont stattsand. Man darf vielleicht annehmen, daß diese Heirathsangclegcnheit des Göttinger Freundes nur brieflich zwischcnLeipzig und Hannover behandelt ward, und daß Heeren in dieser Hinsicht irrte. Jenes ist zweifellos. Zim mermann weiß viel Gutes von Georgine Brandes zu sagen und hat über den endlichen Ausgang der von Reich eingeleiteten Werbung die lebhafteste Freude. — Gewiß gab, als Reich in Zürich war, auch die „Physiogno mik" manchen Stoff zur Unterhaltung. Man redete von der Mög lichkeit und Räthlichkeit eines Auszugs aus dem gegenwärtigen Unternehmen und Reich verwarf dann einen solchen Plan. Auch Zimmermann erklärt sich dagegen. „Man hätte sich mit dem Aus zug begnügt und das große Werk sitzen lassen." Man sprach auch von der französischen Uebersctzung und das Ende war, daß Reich Lavater von seiner Verpflichtung entband, eine solche zu liefern. Daß Lavater nun ans seine Kosten „eine französische Uebcrsetzung will drucken lassen, ist meines Erachtens eine große Thorheit. Eine französische Uebersctzung der Physiognomik ist ein Unding". Und dann die Fortsetzung des deutschen Werkes! Begeisterte Anhänger Lavater's wie Zimmermann hätten zwar mit Vergnügen acht oder zehn Bände der Physiognomik gelesen, trotzdem aber ist Zimmer mann innigst erfreut, „daß Lavater die Nothwendigkeit einsieht, sich auf vier Bände cinzuschränken". Der Hannoveraner war, wenn irgend wer, in der Lage auch von geschäftlichem Standpunkt das Unternehmen zu beurtheilc». Was er als Snbscribentensainm- ler beim zweiten, 24 Thaler kostenden Bande erfahren hatte, gab ihin die Gewißheit, „daß beynahc kein Mensch mehr das Stück gekauft hätte, wenn es über vier Bände gegangen wäre". Während so noch die Frage wegen der Fortsetzung der „Physio gnomik" Stoff zur Korrespondenz gibt und mit Rücksicht darauf ein schon im Frühjahr angebotencs Manuskript „Oden und Poesien" vorläufig noch zurückgelegt wird, bringt die am 12. September i» der Großmünsterkirche in Zürich erfolgte, aber noch rechtzeitig ent deckte Vergiftung des Abendmahlsweins die Schweiz und die Nach barländer in starte Aufregung. Von de»Predigten, die Lavater dar über hält, erscheint zur Ostermesse 1777 die von Zollikofer durch- gesehcne „einzig ächte Ausgabe" bei Weidmanns Erben und Reich. Honorar empfing der Diakonus dafür nicht. In derselben Messe erschien auch der dritte Theil der „Physiognomik", an dessen Aus arbeitung auch Goethe wieder Antheil nahm. Er erhält und sendet Manuscript und Correcturen. Die Korrespondenz zwischen Zürich und Leipzig ist jedoch sehr spärlich geworden. Lavater schreibt nur wenig und flüchtig, dann und wann bittet er um Geld, und dann ist Reich immer wieder der alte Freund, der seinen Autor nicht im Stich läßt. Für den Band kommt ein Honorar von 6000 fl. in An satz, und trifft davon Weidmanns Erben und Reich die Halste mit 1800 Thaler. Der vierte Band der „Physiognomik" erschien zu Oster» 1778. Die an ihn sich knüpfenden Briefe Lavater's find nach Anzahl und Inhalt unbedeutend, und der Leser von heute spürt, daß er einein literarischen Unternehmen g-genübersteht, das selbst sür seine Zeit genossen das Interesse verloren hat. Das Honorar, über das auf Lavater's Conto jede Notiz fehlt, betrug nach einem Vertrag vom Juli 1776 4000 fl. Die Jahre 1777—80 verfließen still, so viel auch Zimmer mann nach Leipzig zu schreiben hat. Was er Reich mittheilt, mochte selbst sür diesen theilweise sehr geringes Interesse haben, der Leser von heute aber sieht es gelangweilt durch und darf sich nur ab und zu einer Stelle freuen, die auch jetzt noch von Werth ist. Zimmermann liebt es nach wie vor den Protcctor zu spiele» und läßt es sich sehr angelegen sei», dem alte» Reich Autoren zuzuführcn, theilweise mit gute», Erfolg. Ob durch ihn auch Lenz' „Engländer" an Reich kommt, bleibt ungewiß. Zimmermann erwartet jedenfalls sehr wenig von dieser „dramatischen Phantasey" und glaubt, daß der Verleger die dafür bezahlten fünf Carolin kaum znrückcrhalten wird. „Was Sie mir sonst von Lenz und Göthe und ihren Sprüngen erzähle», ist zum Tollwcrdcn — »von« , oni xaidlou j'nvous gur: oss ß-ens sonl Ions. Lcntz ist anitzt bei Herrn Hof rath Schlosser." Und einige Woche» später — 30. März 1777, 24 Tage nachdem Klinger Reich angezeigt, er sei der Verfasser der Soldaten—meint er: „Was Sie mir von Göthe schreiben, ist wie gewöhnlich und waS Sie von Lentz sagen, zum Todtlachen. Ich denke Klinger wird Sic deswegen auf dem Theater nicht foltern und schreien lassen, ob Sie ihm gleich kein Certificat darüber geben wollen, daß er der Verfasser der Soldaten und des Englän ders sei." Ein College des verstorbenen Hölty, ein Dichter und Patient Zimmermann's wird in jener Zeit Reich lebhaft als Ueberjetzer em pfohlen. Er hat eine Braut und den Hosrathstitel, aber vorläufig nur Aussicht aus Anstellung. Jetzt ist er „krank, wird vor Liebe sterben und seine Geliebte, die auch abschwindet, wird auch sterben", falls Reich nicht Hilst. Das junge Liebespaar findet nun nament lich in des Leipzigers Gattin eine beredte Gönnen», aber ein besserer Helfer stellt sich ein in Gestalt eines reichen Oheims, der den Hof- ralh mit einem stattlichen Legat bedenkt, und einer Anstellung, die 800 Thaler abwirft. Wie sich Zimmermann — und mit theilweise gutem Erfolg — weiter bemüht, den Physiker de Luc in Original und Uebersctzung, den Arzt Marcard in Pyrmont, den Verlag des „Deutschen Mu seums", dessen Mitherausgeber Boie mit dem Verleger Weygand gar schlecht zufrieden ist, Reich zuzusühren, so tritt auch Helfrich Peter Sturz durch des Hannoveraners Vermittelung mit Weidmanns Erben und Reich in Verbindung. Schon vor einem Jahr (1776) halte Boie Sturz' „Erinnerungen aus dem Leben des Grasen Bernstors" Reich angeboten, aber Reich lehnte damals den Antrag ab. Zimmermann erfuhr erst jetzt — Frühjahr 1777 — davon und schrieb deshalb am 1. Mai an den Leipziger Freund. „Daß Herr Sturz einer der beste» Schriftsteller Deutschlands ist", kann nicht zweifelhaft sein. Zimmermann kennt ihn dazu persönlich. „An Wissenschaft, Geist und Feuer ist er so reich, daß man ihn ohne Scheu Göthe und Wieland cntgcgenstcllen kann. Er war ein Liebling des großen dänischen Ministers von Bernstorf, dessen Leben er unter der Aufschrift Erinnerungen beschrieben hat. Er fiel mit Struensee, aber ganz unschuldig: und hat nachher eine schöne Be dienung zu Oldenburg erhalten, wo er jetzt lebt." Run ist Reich der Antrag genehm, am 9. Juni kommt das Manuscript in Leipzig an. „Das Buch ist sehr klein an der Bogen zahl, enthält aber für den denkenden Leser reichen Stoff zum Nach denken." 447*
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