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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.11.1925
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- 1925-11-26
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- 26.11.1925
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X- 276, 2«. November 1925. Redaltionetter Teil. .zweihundertjäheigen Todkengodächtnis« im gleichen Verlage ein Werk erschien, das ein bescheidener von Jugend aus in tiefer Liebe zu dem Dichter erglühender Landgeistlicher in Tölz, Georg Westcr- maycr, geschrieben hatte, uitd das eine Einführung in Baldes Lebenogang und Schassen ist, wie sie feinsinniger und anziehender nicht gedacht werden kann. Der große Krieg ivar nach dreißig Jahren im Herbst 1848 zu Ende gegangen und hinterließ ein wirtschaftlich und seelisch zu Tode ermüdetes Volk, das sich zum Wiederaufbau rüstete. Auch in Altbaycrn, -das ganz zuletzt noch einmal die Zerstörungswut der verbündeten Schweden und Franzosen zu fühlen hatte und von Hungersnot und Pest bedrängt darniederlag. Daß die Firma, wie so viele andere in München, in diesem unsäglichen Elend nicht spurlos untcrging, beweist allein schon, wie wurzelstark und lebens kräftig sie geworden war. Und ebenso beweist es ihre ruhige Weiterentwicklung im Geiste und in der Verlagsrichtung ihres Gründers während der nächsten hundert Jahre. Nach dem Tode Cornelius Leyssers, der im Frühjahr 1643 erfolgt war, übernahm dessen Witwe Sophia das Geschäft, um es aber bereits am 4. Januar 1645 an Johann Wagner zu verlausen, der Präfekt an dem von den Jesuiten geleiteten Gre gorianischen Seminar für arme Schüler, dem jetzt noch bestehen den Albertinum, gewesen Ivar. Wagner beschränkte sich auf Ver lag und Sortiment, ohne die Druckerei fortzuführen. Er erhielt ebenfalls -den Titel eines kurfürstlichen Hofbuchhändlers. Und als der »ermögliche Mann, dem auch das Haus Nr. l9 am Rinder markt gehörte, um 1669 starb, tvurde sein Schwiegersohn Johann Hermannvon Geldern Geschäftsnachfolger und der dritte Inhaber der Firma, -den das bayerische Herrscherhaus -durch den Titel eines Hofbuchhändlers, oder, wie man damals schrieb, eines Hofbuchsührers, auszeichnctc. Die nunmehrige Firma von Geldern Ivar durch diese Heirat die erste am Platz und verfügte sogar über zwei Läden, und bei ihr stand auch Johann Hibler als Lehrling in Kondition, der im Jahre 1698 das Geschäft gründete, aus dem die jetzige I. I. Lentnerschc Buchhandlung hcrvorging. Bon der Familie von Geldern ging die Firma an Johann Hermanns Tochtermonn, Johann Jakob Remy, über, den Sohn eines »ermöglichen Pariser Kaufmanns Charles Remy, der mit franzö sischen Waren handelte und 1680 das Münchner -Bürgerrecht er hielt, und Jo'hantr Jakdb Remys Hinterlasscne Töchter endlich waren es, welche die von ihrem Vater ererbte »Buchhändlersge- rechti-gkeit« unterm 7. August 1752 an den akademischen Buch händler in Ingolstadt Johann Franz Xaver Crätz ver kauften. Um dieses nüchterne Gerüst von Namen und Daten, -das nicht umgangen iverden kann, weil in ihnen der Stammbaum der Firma festgelegt ist, wie er sich aus den langwierigen archivalischen Forschungen ergeben hat, rankt sich eine interessante und an dauernde buch-händlerische Tätigkeit, aus der wir nur hcrvorhebcn möchten, daß -bei Johann Hermann von, Geldern sel. Erben im Jahre 169b der dreibändige Kommentar zum Bayerischen Land recht herauskam, welchen der Staatskanzler des Kurfürsten Fer dinand Maria, Kaspar Freiherr von Schmid, versaßt hatte, ein Werk, von dem ein anerkannter Sachverständiger sagt, daß -diese gereifte Frucht einer reichen Lebenserfahrung »eine nicht nur her vorragend tüchtige, -sondern für ihre Zeit als ziel-bewußte Be arbeitung eines territoriale» Sonderrechtes wohl einzig -dastehende Leistung« bedeute. Und daß Johann Jakob Remy 1718 zwei Werke seines Pariser Heimatgenossen, des Augustiners Pierre de Bretagne veröffentlichte, der nicht nur ein gewaltiger Altertumskenner war und Doktor der Sorbonne, sondern dazu Beichtvater, Prediger und Hoftheolog -des Kurfürsten Max Emanuel: eine »Clavis Ilaviltic-L« und eine -illustrierte Abhandlung über -die Musik und die Musikinstrumente der alten Hebräer. Wir stehen nunmehr zeitlich im Jahre 1766. Franz Xaver Crätz hat die -von ihm erworbene Remysche Buchhandlung, die ehemalige Firma Leysserius, an seinen Sohn Joseph Alois abgetreten und ist in sein heimatliches Ingolstadt zurückgckchrt. Der neue Chef des Hauses war bis vor kurzem noch kurfürstlicher Hofratssckrctär gewesen. -Er legte sich den Adelst-itel bei und nennt -sich in amtlichen Schriftstücken einen »Edelmann«. Welt männisch, elegant, »ermöglich, mit einem -Mädchen aus ange sehener Bambcrgcr Familie verheiratet, ist er einer jener schön geistigen -Beamten, wie sie uns aus der Umwelt -des jungen Goethe vertraut sind und auch in München ansingen, Mode zu werden. Lebenslustige Referendare, für Freiheit schwärmend und Auf klärung, literarisch angeregt und vertrau! mit den neuesten Er scheinungen deutscher Dichtkunst, gerne gesehen als belebendes Ele ment in den Salons der feinen -Gesellschaft und im Parkett des Theaters und jederzeit bereit, die Feder anzusetzen, um selbst ein prickelndes Lustspielchcn zu schreiben, eine Broschüre über den falschen Religionseifer oder eine schwungvolle Ode an Deutsch lands und Europens Sonne, den edlen Menschenfreund Kaiser- Joseph II. Es waren die jungen Beamten, von denen wir viele in dem eben Heranwachsenden, von Professor Adam Weishaupt in Ingolstadt gestifteten und nach König Friedrichs II. von Preußen Anschauung staatsgesährlichen Geheimbund der Jllunünaicn wiederfindcn und -die damals noch harmloseren Plänen -sich Hin gaben. Es mutet uns an wie eine friedeatmende Schäferidylle Salomon Geßners, wenn wir in alten Papieren lesen, -daß sie beispielsweise im Jahre 1780 an eine Auswanderung dachten, an Rodung und Besiedelung ferner Waldstrecken, an ein Laben in »Freiheit, Freundschaft und Wahrheil«, unter einer Verfassung, »die keinen Unterschied der Stände, kein Eigentum kennt», und deren Wahlspruch lautet: »Zusammen arbeiten, zusammen sich freuen». Dort sollen öffentliche Erziehungshäuser errichte! wer den, eine Bibliothek, eine Druckerei. Oder wenn wir in ernsten Berhörsprotokollen lesen, -daß die Geheimbündler in edler, heroi scher Gesinnung in einem Münchener Wirtsgarten beschlossen, sich den amerikanischen Freiheitshelden in ihrem Kampfe gegen die englischen Tyrannen zur Verfügung zu stellen. Und wie man monatelang an -diesem Plane sich -berauschte, um dann zur Ab wechslung wieder etwas anderes auszuhecken. So war -die Um welt -des neuen Chefs, so geartet die Mehrzahl der Persönlich keiten, mit denen er seine heiß erstrebte Lebensaufgabe erfüllen wollte: der Aufklärung in München zum Siege zu verhelfen und das »scheinbar -undurchdringliche bayerische Eis mit allen Kräften zu brechen«. Dieses Programm bedeutete natürlich einen -vollständigen Bruch mit -der Tradition der Firma und mit ihrem bisherigen Kundenkreis: -der Vorkämpfer für den alten Väterglauben und -das katholische Baycrnland war zum erklärten, ja erbitterten Geg ner geworden, und dies gerade in jenen Tagen, als di« Geister abermals sich schieden, sich ordneten zu neuem, folgenschwerem Ringen. -Vorerst aber ließ sich alles ganz gut an. Joseph Alois von Crätz hakte von seinem im Oktober 1775 verstorbenen Vater, dem alten Jngolstädter lln-i-versitätsbuchhän-dler, einen ungeheuren, auf 170 000 Gulden gewerteten Bücherstock übernommen und legte sich ein Lager an, in -dem alle Novitäten zu finden -waren. Er gewann alsbald -den bekannten Reformator -des bayerischen Schulwesens im neuzeitlichen Geiste Heinrich -Braun znm Mitarbeiter und verwendete 10 000 Gulden -auf neuen Verlag. -Er -besuchte per sönlich die Leipziger Messen, annonrierte fleißig in allen Münchener Zeitungen, sogar in -des biedern kurbayerischen Hofpoeten Mathias Et-enhueber Wochenblatt in Versen, wobei er freilich -den für einen Geschäftsmann unverzeihlichen Fehler beging, das Publikum -durch allerlei Quersprün-ge stutzig zu machen, wie etwa ein lustiger Stu dent -darauf ausgeht, -den Spießbürger zu ärgern. -So kündigte er einmal ganz ernsthaft allerlei Neuheiten mit Preis-Vermerk -an, Schriften von Geliert, Geßner, Rabcner und besonders Klopstocks sämtliche Schriften mit Kupfern, was ja -sehr lobenswert war. Daß er dem aber die anzügliche Bemerkung hinzufügte: »Für -so ein edles Buch wie Klopfstocks Schriften sind, können diejenigen, welche die eigene Stärke -des Geistes und die höhere Dichtkunst im braunen Bier aufsuchen, -dennoch l sl. 30 kr. auswenden, jene aber, die diese Stärke in Wein erfragen wollen, werden Klopfstock freylich höher bezahlen müssen«, hätte er füglich können bleiben lassen. Das Kaufgewölbe -der Firma Crätz -im alten Handelsmann Kämbl-Hans am Rindermarkt (jetzt Nr. 8), -das -später nach der belobten Kaufingcrgass-e in das Thiereckhaus (jetzt Nr. 81) und zuletzt in den vornehmen Ansitz der Patrizicrfamilie Barbier (jetzt Nr. 5) verlegt wurde, war natürlich der Treffpunkt, fast möchte man sagen das Klublokal aller modern denkenden Schöngeister L47S-
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