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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.11.1925
- Strukturtyp
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- 1925-11-26
- Erscheinungsdatum
- 26.11.1925
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18830 BSrsttiblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X» 276, 26. November 1925. Zum dreihundertjährigen Geschästsjubiläum der Unioerfitätsbuchhandlung 3. Lindauer (Schöpping) München. Von Professor Or. Karl Trautmann. Am 29. November 1925 blickt die I. Lindauer sche Universitäts-Buchhandlung (Schöpping) als die älteste -der gegenwärtig in München bestehenden Buchhand lungen auf eine Geschäftstätigkeit von dreihundert Jahren. Es ist ein ernster Gedenktag, der zur Rückschau mahnt auf Erlebtes und Erstrebtes, ein Tag, der uns weit zurücksührt in Deutschlands Vergangenheit, in die Zeit erbittertster religiöser und politischer Kämpfe, in die Jahre des Dreißigjährigen Krieges. Die Geschichte des Alkmünchener Buchhandels ist Neuland, das der Erschließung durch eingehende archivalische und biblio graphische Forschung harrt. Es ist die Geschichte des Buchhandels in der Hauptstadt eines Staates, der damals die Führerschaft in dein Kampfe für die Erhaltung des katholischen Bäterglaubcns in Deutschland übernommen hatte, der Hauptstadt eines Agrarstaates, einer Stadt, die zwar Sitz des Herrscherhauses war und der Re gierung und eine der Pflegestätten künstlerischen Lebens in Deutsch land, nicht aber zugleich, wie heute, Mittelpunkt des geistigen Lebens in Bayern, den in jenen Tagen noch die erst im Jahre >828 nach München -verlegte Universität Ingolstadt bildete, schon seit des bekannten Luthergegn-ers Johannes Eck Zeiten die Hoch burg der Gegenreformation. Und dazu kam, zu Münchens Un gunsten, die Konkurrenz der benachbarten Reichsstadt Augsburg, in Süddeutschland eine der ältesten, eifrigsten und künstlerisch hoch stehenden Heimstätten des Buchdruckes und des Buchhandels. Was also in erster Linie durch den Altmünchener Buchhandel geleistet wurde, war angespannteste Arbeit -im Dienste des Katho lizismus, in Abwehr und in Angriff, war Arbeit im Dienste einer Staatsid-cc, die durch die Gl-aubenstrcnnung so ausschließ lich katholisch geworden war, wie ihre Gegner in Deutschland aus schließlich protestantisch. Ausschließlich aus beiden Seiten, bis zur Landesverweisung der Andersgläubigen und bis zu gegenseitiger Ächtung ihrer literarischen -Erzeugnisse durch die Zensur. Und bisher kennt man eigentlich nur einen Buchdruck und Buchhandel der Reformation, nicht aber die Leistungen der Gegenreformation, die es unter der geistigen Führung des Jesuitenordens, auch durch das Buch, verstand, in diesem gewaltigen Ringen das Gegengeivicht zu halten und -den Katholizismus als gleichberechtigte Macht end gültig zu behaupten. Und mit dem Maßstabe der Gleichberech tigung gemessen, wird man bei fortschreitender wissenschaftlicher Erschließung dieses Gebietes auch erkennen, welch ansehnliche -buch- händlerische Arbeit die Metropole des Agrarstaates Bayern damals geleistet hat, und daß die bisherige Anschauung, einen All- münchener Buchhandel als überhaupt nicht vorhanden, oder zum mindesten als bedeutungslos zu erklären, nur weil er -der Gegen reformation zugute kam und nicht ihren Gegnern, aus -die Dauer nicht mehr zu halten ist. Zu den Persönlichkeiten nun, denen in diesem Kampfe -der unbeugsame Wille von Fürst und Volk und das eigene Gewissen gebot, für den altererbten Bätcrglauben einzutreten, gehört auch KorneliusLeyßer,der Mann, der vor dreihundert Jahren in München die heutige Firma I. Lindauer (Schöpping) gründete. Kornelius Leyßer, oder wie er, der Sitte der Zeit ge mäß, seinen Namen latinisierte, Cornelius Leyfserius, war ein ge borener Niederländer, dessen heimatliche und geschäftliche Umwelt wir vielleicht in -dem damals so gewerbereichen Antwerpen zu suchen haben, wo Buchdruck und Buchhandel blühten und die katho lische Weltsirma Plantin-Moretus den -Markt beherrschte und Lei stungen erzielte, die künstlerisch wie typographisch unsere Bewun derung erregen. Wie er nach München kam, ob etwa über Köln, das wie Antwerpen damals Beziehungen zu unserer Stadt hatte, ist noch unerforscht. Aber -soviel steht fest, daß er sich der Gunst des bayerischen Hofes -erfreute und deshalb seiner Aufnahme als Bürger und Buchsührer, die am 2 9. November 1625 er folgte, kein Hindernis in den Weg gelegt wurde. Und ebenso wissen wir, daß er bereits einige Jahre später den Titel eines Chursürstlichen Buchtruckers und Buchhändlers- führte. Leysse- rius war ein geschäftskundiger und geschästseisriger Mann, der es vor allem verstand, -die Stotzkr-ast seiner -buch-händlerischen Arbeit aufs höchste zu steigern, wosür ein bezeichnendes Beispiel hier Er wähnung finden soll. Der Münchner Jesuit Hlercmias Drexelius, der Hosprediger des Kurfürsten Maximilian I., des Hauptes der katholischen Liga, war damals der -bedeutendste Kanzelredner in Süddeutschland, ein Mann von hohem sittlichen Ernst, von reich stem theologischen Wissen, von hinreißender Beredsamkeit, -der wie ein Heiliger verehrt wunde und dessen Wirken selbst im gegne rischen Lager die größte Beachtung fand. Den Inhalt seiner Pre digten, wie der Gedankenwelt Drexels überhaupt, in lateinischer und in deutscher Sprache weitesten Kreisen zu erschließen, war eine Idee, die Leyfserius alsbald a-usgriss. Wobei er den heute, auch buchhändlcrisch, wieder angewendeien Konzerngedanken zu verwirklichen suchte, indem er sich für die Herausgabe von Drexels Schriften mit -den beiden eingesessenen und in gleicher Richtung arbeitenden Münchener Firmen. Adam Bergs Witwe und Niko laus Hainrich (Henricus) zusommenschlotz und außerdem ini Jahre 1636 von Kaiser Ferdinand ll. ein Privilegium gegen unberechtig ten Nachdruck erwarb. Der Erfolg hat ihm rechtgegeben. Denn -die von ihm aufgestellten Abrechnungen bestätigen, daß -der Kon zern in dem Zeitraum von 1620 bis 1639 insgesamt 158 700 Exem plare herausbrachte, wovon der Löwenanteil von 95 000 Exem plaren aus die eigene Firma siel. Und im Jahre 1642, kurz vor seinem Tode, konnte Leyfserius nachweifen, daß der Konzern 170 700 und seine Firma allein 107 000 Exemplare -verkauft halte, Zahlen, die um so mehr unser Staunen erregen, als sie gerade i» Altbayerns schwerste Zeiten des Dreißigjährigen Krieges fallen und besonders in -die Tage der Besetzung Münchens durch die schwedische Armada -König Gustav Adolfs. Beachtenswert ist -dabei die persönliche Vorliebe Leyssers sür kleinste Buchsormate, wie sie durch die Offizin der Familie Elzevier in Leyden so beliebt geworden waren, weil man diese -Büchlein in der Rocktasche tragen konnte, zur Lektüre an -allen Orten und jederzeit. Er hat es bei Drexelius angewendet und auch bei ini Jahre 1627 erschien. Aus der ansehnlichen Zahl -seiner Ber- lagsartikcl, in denen das schwere Rüstzeug der Folianten sehlt und überall das Bestreben hervortritt, nicht nur in lateinischer Sprache einen internationalen Kundenkreis zu gewinnen, sondern -durch Übersetzungen ins Deutsche auch den schlichten, ungelehrten Leser, mögen die »banales Viriutis tzi ltortunue Loiorum« des Münchener Jesuiten Andreas Brunner hervorgehobcn fein, die in drei statt lichen Bänden in den Jahren 1626, 1629 und 1637 erschienen sind, eine im Auftrag -des Kurfürsten Maximilian I. verfaßte Landesge schichte Bayerns, deren Trefflichkeit der große Leibniz dadurch be stätigte, daß er sie im Jahre 1710 mit einer sehr anerkennenden Vorrede in Frankfurt neu herausgab. llud als -bescheidenes Gegen stück dazu die im Jahre 1625 von dem Geheimsekrelär Joachim Meichel unter dem Titel »Cenodoxus, der Dokkor von Paris« überraschend gut besorgte -deutsche Übersetzung der lateinischen Tra gödie --Cenodoxus« von Jakob Bidermann, den man nicht mit Unrecht -den Shakespeare der Jesuitenbü-Hue genannt hat, eine er schütternde Faust-Tragödie, die vielleicht heute noch des Erfolges aus einer modernen Mysterienbühne nicht unwert wäre. Übrigens gehört das schmale Büchlein von II Druckbogen bereits zu den bibliographischen Seltenheiten. Und eines noch mag un vergessen bleiben: Zu den Stammgästen, die in Leyssers beschei denem Buchlädlein am Rin-dermarkt, in dem jetzigen -Hause Nr. 3, verkehrten, gehörte auch ein schlanker, blasser Mann, mit leuchten den, eindrucksvollen Augen, dessen Name noch jetzt in hohen Ehren steht. Es war der Jesuit Jakob Balde, der -bedeutendste neu lateinische Dichter des Jahrhunderts, voll echter, ergreifender, deutscher Heimatliobe, ein begeisterter Freund alles Edlen, Großen und Schönen, dessen herrlichste Oden Johann Gottfried Herder im Jahre 1796 in meisterhafter Übersetzung unserem Botte neu ge schenkt hat. Bei Cornelius Leyfserius und seinem Geschäftsuach- folger Johann Wagner sind die meisten von Baldes Dichtungen erschienen, und -daß dem so war, wird a-uch heute noch das unver gängliche Ruhmesblatt in -der Geschichte der Firma bleiben. Und ein anmutiger Zufall hat es gewollt, daß im Jahre 1868 zum
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