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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.08.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-08-19
- Erscheinungsdatum
- 19.08.1912
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Nichtamtlicher Teil. 192, 19. August 1912. 9510 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. schon für 1910 ein Sinken der Verkaufspreise der Literatur für mittlere Bevölkerungsklassen: Romane, Novellen, billige Sammlungen und populäre Schriften, geringere Autorenhono rare und höhere Produktion fest. Wollte Herr B. wirklich unserem Volke zu einer literarischen Kultur verhelfen, so sollte er mir und dem Sortimentsbuchhandel Helsen zu einer Reform der literarischen Kritik. Bei der un geheuren Produktion des Büchermarkts kommt heute jeder zu seinem Recht; es fehlt den weiteren Volkskreisen nur an der geeigneten Beratung und Orientierung. Doch davon ein andermal. So wenig ich nun zugeben kann, daß das Problem der literarischen Kultur durch das billige Buch gelöst sei, so un- gerechlferkigt finde ich die Vorwürfe gegen das Sortiment und die Forderungen an dasselbe, von denen B. nennt: Buchladen im Arbeiterstadtteil, Bücherverkaussausstcllungen während der Weihnachtszeit, Bücherbuden auf Messen und Märkten, Buch kolportage, Buchvertrieb durch Konsum- und Beamtenber- eine, Buchvcctrieb durch Vertrauensleute auf dem Lande und Bücherautomaten. Der Buchhandel wird ja seinerseits Stel lung nehmen zu diesen praktischen Vorschlägen; ich konnte bei der Lektüre nur ausrufen: Herr, was wollen Sie denn? Sollen etwa unsere Buchhändler oder ihre Gehilfen mit einer Karre durch die Straßen ziehen und billige Bücher ausschreien, wie Pütten uird Pannen, oder einen Kasten aus den Rücken neh men und Tür für Tür anklingeln? Haben Sie, der über Praktisches zur Verbreitung von Volkslektüre eine Broschüre ausgehen läßt, denn keine Ahnung davon, daß es eine be sondere Organisation der Kolportagebuchhandlungen gibt, deren Tätigkeit durchaus nicht bloß Zeitschriften zu gute kommt? Alle großen Lieserungswerke werden wesentlich aus diesem Wege abgesetzt; daß er aber vor zugsweise bei Serien zur Anwendung kommt, beweist eben, daß die Unkosten zu groß sind. Nun behauptet B. ja: »Ein weiterer Grund, warum Buchhandel und Volk nicht Zusam menkommen, liegt darin, daß der Arbeiter, der Handwerker, der kleine Gewerbetreibende, das Dienstmädchen, die Scheuer frau eine starke Scheu davor haben, den Buchladen zu be treten. Einmal ist er ihnen zu ,feiw; zum andern haben sie vor der Bildung des Verkäufers und seiner Redegewandtheit sehr viel Respekt und fürchten, daß er durch seine Überlegen heit ihre Auswahl gar leicht beeinflussen könnte, ohne daß der schlichte Mann dabei dem unbekannten Geschäftsmann gegen über das Vertrauen hat, daß das Beraten nur zugunsten des Käufers geschähe.« Diese Argumentation ist schier zu fade, als daß man dagegen polemisieren möchte. Besteht nicht die Scheu für den unentschiedenen Käufer in jedem Spezial geschäft, wenn auch noch so groß daran steht: Besichtigung ohne Kaufzwang gern gestattet? Und gilt nicht der Respekt den Büchern mehr, denn dem Buchhändler? Ich habe ihn wenigstens immer beobachtet, wenn einfache Leute einen Raum mit einer großen Büchersammlung betraten. Wenn Sie aber, Herr B., bei Ihrer Volksbildungarbeit im Gewerk- schaftshausc Ihren Hörern das Mißtrauen suggerieren, daß das Beraten nicht zugunsten des Käufers geschähe sein Ver trauen, das inan doch jedem Geschäftsmann als Käufer bis zum Beweise des Gegenteils entgegenbringen muß), so ist allerdings Ihre Vorliebe für das Warenhaus, der Sie merk würdigerweise in dieser Broschüre, in deren Zusammenhang sie doch gehört hätte, nicht Ausdruck geben, verständlich. Ich bin gestern durch das große Warenhaus gegangen, mit dem der Hamburger Prüfungsausschuß früher schon zusammen ge arbeitet hat und, wie ich hörte, auch in diesem Jahre wieder arbeiten will. Gewiß, hier besteht kein Kaufzwang: aber ich schämte mich für die wenigen guten Bücher, die neben all dem billigen Schund lagen, und mich jammert des armen Volkes, das hier seine literarische Kost holt. Wenn übrigens Herr B. dem Buchhandel den Agentenbetrieb des Christlichen Zeitschristenvereins als Vorbild einer Kolportage empfiehlt, so scheint er nicht zu wissen, daß die freiwillige Arbeit all der 12 000 Agenten und die staatlichen Unterstützungen durch Re gierungspräsidenten und Landräte nicht der literarischen Kul tur, sondern den religiösen und politischen Tendenzen des selben zu gute kommen, der ausschließlich Sonntagsblätter und Journale vertreibt. Die Schristenvertriebsanstalt aber, die sich mit Büchern besaßt, ist seinerzeit ins Leben gerufen worden, um der Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung Kon kurrenz zu machen, und erwirbt nicht Neuland, sondern nimmt dem christlichen Sortiment die Aufträge für Bibliotheken. Ich habe mich durch meine Beobachtungen sogar veranlaßt gesehen, aus dem 36. Kongreß für Innere Mission vor der Schaffung weiterer christlicher Buchhandlungen, in denen manche Vereine eine bequeme und gute Erwerbsquelle sehen, zu warnen, und ausgesührt: »Es läßt sich nicht leugnen, daß die Gründung be sonderer christlicher Buchhandlungen mit spezifisch christlicher Literatur den Zusammenhang zwischen Christentum und Lite ratur unterbunden hat, indem die christliche Literatur durch die Absonderung literarischen Wert verlor, weil sie der Kon kurrenz entzogen war und weil überall dort, wo eine christliche Buchhandlung besteht, die christliche Literatur aus dem übri gen Sortiment ersahrungsmätzig herausgezogen wird und ihr damit das Eindringen in das christlich nicht interessierte Publi kum erschwert wird«. So ist denn auch die Gründung von Buchhandlungen in Arbeiterstadtteilen leichter gefordert als ausgesührt. Jedes Papiergeschäft ist bestrebt, zur Buchhand lung auszuwachsen, aber wenigen nur gelingt es, weil die lite rarischen Bedürfnisse der Masse eben zu gering sind. Daß Verkaufsausstellungen geeignet sind, dieses Bedürfnis in der Masse anzuregen, bestreitet der Buchhandel gar nicht, wie die Tatsache beweist, daß der Hamburg-Altonaer Buchhändler- Verein sich zu diesen Ausstellungen bereilfand, obgleich er an fangs sich der Schristenauswahl des Jugendschristen-Aus- schusses unterwerfen mutzte; doch wahrlich ein sehr weitgehen des Zugeständnis. Wenn man die Veranstaltung dieser Vor tragsausstellungen in Schulen einer einzelnen Firma überließ, so lag das doch einfach daran, daß dadurch besondere An forderungen an den Sortimenter gestellt werden, denen er in der Weihnachtszeit nicht gewachsen ist Wenn aber den Kol portagebuchhändlern ein Verkauf polizeilicherseits nicht ge stattet wurde, so sind daran nicht »einige Sortimenter« schuld, sondern grundsätzliche Bestimmungen der Detaillistenkammer gegen das Ausstellungsunwesen, unter dem viele Geschäfts inhaber leiden. Übrigens ist es vom Kohlhöfen bis zum Heuberg oder Großen Bleichen oder der Michaelisstratze doch nicht so weit, daß Herr B. behaupten könnte, die Ausstellung sei in einem Arbeiterstadtteil veranstaltet worden, in dem weit und breit nicht die leiseste Andeutung eines Buchladens zu finden ist. Außerdem finden sich gerade in dieser Gegend die Ramschläden der Karrenhändler. Mit derartigen Behaup tungen nimmt es die Broschüre überhaupt nicht sehr genau: so klagt B. auf S. 26 eine »angesehene Hamburger Buchhand lung« an, die aber vorwiegend Antiquariat ist, daß sie das Lager von billigen Schriften nicht weiterfllhren wollte, und re det dann von »schlagenden Beweisen von praktischer Interesse losigkeit des Sortimenters gegenüber den Bestrebungen, dem Volke gute Lektüre zuzufiihren«. Wenn Herr B. gegenüber der Forderung des Börsenblattes: »Sollte es dem Hamburger Prüfungsausschuß um eine Verständigung mit dem Buch handel ernst sein, so können wir nur empfehlen, damit an Ort und Stelle, also mit den Hamburger Buchhandlungen den An fang zu machen« erklärt: »Nein, nicht wir haben uns zu ändern, wir haben unsere Volks- und Jugendbildungsarbeit stets so geleistet, daß der Buchhandel bei ehrlicher und ernster Mitarbeit Wohl gut hätte dabei fahren können; er hat aber
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