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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.07.1872
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 01.07.1872
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- Deutsch
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schaftlichen Göttinger Freundes, die dabei Gegenstand eifriger Er wägung ward, von einer bezügigen Rücksprache Reiches mit Heyne ans dem Rückwege nach Leipzig und von dem Gedanken, daß dem verlassenen Heyne in einer der Töchter des Hofraths Brandes in Hannover ein Ersatz für die verstorbene Gattin werden könne. Wenn uns auch das Genauere über diese Verhandlung verbor gen bleibt, so viel ist gewiß, daß der treffliche Reich sie mit Geschick und Eifer angrifs und zu Ende führte. Günstig war dem Unter nehmen von vornherein einerseits, daß Heyne die beiden Brandes'- schcn Töchter von früherher kannte, und wenn er komischer Weise nicht mehr recht wußte, welche der beiden Mädchen er bei der ersten Begegnung besonders anmuthend gesunden hatte, fo war andrer seits der Umstand förderlich, daß Reich mit Hosrath Brandes genau bekannt und weltmännisch gebildet genug war, um jenen heikeln Punkt in seiner zarten Anfrage noch etwas abseits liegen zu lassen. So betrat der sechzigjährige Philipp Erasmus, der Mittelpunkt eines Kreises trefflicher Künstler und Gelehrten, das gefeierte und gefürchtete Haupt des damaligen Buchhandels, ein ihm bisher fremdes Gebiet, er ward Freiwerber für den Gevatter, und, wie von Hannover gute Nachrichten kamen, da schien es, als wollte in den trüben Novembcrtagen »och einmal Frühling werden in Göt tingen. Kein Wunder, daß das Geschäft nun fürs erste bei Seite gelegt ward, die Frage, wie cs weiter mit dem Guthrie werden solle und mit des Chandler's zweiter Reise, deren Uebcrsetzer, Herr Hölty, zu Michaelis an der Schwindsucht gestorben war; jetzt galt es, die neuesten Ereignisse erst ein wenig zu ordnen und vor allem dem Leipziger Freunde herzliche» Dank zu sagen. In der That, das hatte Heyne nicht gedacht, daß er noch einmal in der Welt so eiuer Be wegung seines Gemüthes fähig wäre, als ihm Herrn Reich's Brief mit dem Einschluß des Herrn Hofrath Brandes gebracht. Nun lebt er ganz wieder auf und fängt wieder an zu hoffen, daß er koch auch einmal wieder glücklich werden könne. Wes ist jetzt auf bestem Wege. Heyne hat sogleich mit der ersten Post an Herrn Brandes geschrieben, dessen Sohn, wie Reich bekannt ist, bei Heyne im Hause wohnt. Dieser Sohn, der kürzlich von Hannover zurückgekommen, wußte schon um die Sache, und Heyne erfuhr da hintenherum, daß der mittelbar gethane Antrag von Herrn Brandes gar wohl ausgenommen worden und die jüngere Demoiselle dem Göttinger Hofrath von ganzem Herzen zugethan sei. Das ein zige Bedenken beträfe die 12 jährige Tochter Therese, die daher Vater Heyne fürs erste in eine Pension zu geben beabsichtigt. In dem osficiellen Hcirathsantrage, der jetzt von Göttinge» nach Hannover abgeht, ist die bezügigc Mittheilung enthalten. Während der Zeit, daß die Post ohne Ucberstürzung den Licbes- bote» spielt, sitzt der gute Heyne freudvoll und leidvoll daheim, mit großer Ungeduld der Antwort harrend, aber ohne bängliche Un gewißheit. Und dem würdigen Manne — er zählt jetzt 47 Jahre — läßt die Rolle des jugendlichen Liebhabers sehr wohl. Er hört mit innerem Behagen, was ihm der Bruder von dem Charakter und Herzen der Schwester zu erzählen weiß, und, da er in Göttinge» noch keinen Vertrauten haben darf, so setzt er sich zum Schreibtisch und beichtet dem Leipziger Freunde alle seine Hoffnungen und Wünsche. Wer weiß, was geworden wäre, wenn Herr Reich diesen Efsort nicht für sich gethan! „Immer noch hätte ich gesessen", ruft Heyne, „und gesessen und mir nicht träumen lassen, daß in meines Freundes in Hannover Hause ein Mägdchenherz sich fände, das aus dem »icinigen sich etwas machen würde." Das schrieb Heyne am 8. November 1776, am 29. November War dann wieder höchst wichtiger Stoff zu einem aussührlichen Briefe gefunden, und dieser Brief mag hier vollständig seine Stelle finden: „Wenn doch dießmal meine Gedanken zu Worten und Schrift geworden wären! so hätten Sie, theuerstcr Freund, schon einige Tage früher diesen Brief mit einer Nachricht, die Sie nunmehr durch Herrn B. junleserlichj erhalten werden. Denn der bat mich darum, daß ich es ihm erlauben möchte, der erste fröliche Bote zu seyn. „Bester liebster aller Freunde, dießmal haben Sie Wunder mit Ihrer Thätigkeit und dem Betriebe Ihrer Freundschaft gethan. Nimmermehr hätte ich mich durch mich selbst bis zum wirksamen Entschluß emporgehoben; ich war ganz in de» tiefsten Kummer ge sunken. Ueberall war Unwahrscheinlichkcit, Unmöglichkeit. Ich sah Ihr Projeet für so romanhaft an: ich konnte fo wenig glauben, daß eine Demoiselle von den Jahren und Glücksaortheilen ihr Herz mir zuwenden könnte, noch daß es der Vater geschehen ließe, daß ich kaum im Ernst daran dachte. „Stellen Sie sich vor, wie ich durch Ihren Brief mit der Ein lage des Herrn Hosrath Brandes erschüttert war; ich wußte nicht, was ich denken, sagen, schreiben sollte. Allein mit der Stunde kam, möchte ich sagen, die alte Ruhe meines Geistes wieder; ich fing gleich an auf das entschlossenste zu handeln. Ich schrieb gleich mit der ersten Post an den Vater: schlug vor, um die Schwierigkeit wegen der ältesten meiner Töchter zu heben (eine Schwierigkeit, die ich vollständig gegründet fand), daß ich sie auf einige Zeit nach Celle in Pension geben wollte; und so erhielt ich das zärtlichste Schreiben, das ein Vater je geschrieben hat. Nun wandte ich mich gleich schrift lich an die liebe Demoiselle selbst und bat zugleich um die Erlaub- niß, persönlich aufwarten zu dürfen. Die Erlaubniß erhielt ich in einem entzückenden Brief am IS. und am 20. war ich in einem schrecklichen Wetter aus dem Wege nach Hannover. Ein sehr be unruhigender Umstand war es mir immer »och, daß ich die Stunde noch nicht wußte, welche von den beyden Schwestern eigentlich die jenige war, die ich ehemals der andern vorgczogen hatte. Ich nahm de» Bruder von hier aus mit »>ir, ohne daß ich durch ihn völlig Licht hätte bekommen können, außer daß ich bestätiget erhielt, die Jüngere sei es, welche mehr Sanftes und Gefälliges habe. Ich war auf alle Fälle gerüstet und hielt mich gesichert, eine würdige Person zu finden, es möchte seyn, welche von beyden es wäre. Dießmal war mir wirklich mein Gestirn günstig: es war wirklich die Jüngere, welche ich im Sinn und in der Erinnerung hatte. Gott, was für einen trysor habe ich an ihr gefunden! ein Temperament, Charak ter, so viel Güte des Herzens, einen so cultivirten Geist, so viel Geschmack mit so vieler Wirthlichkeit und Verstand des Hauswesens, daß ich hoffen muß, mit ihr und durch sie glücklich zu seyn. Unsere Freundschaft ward in kurzer Zeit so befestiget, daß ich an ihr die größte Zärtlichkeit eines weiblichen Herzens wahrnahm, als ich den dritten Tag wieder abreißle. „Und nun, liebster Freund, freuen Sie sich, Sie haben einen Freund aus dem tiefsten Abgrund gerissen, Sie haben Freude in einer Familie verbreitet, welche die würdigste ist, die ich kenne. Ich war, ich gestehe cs, wegen der älteren Demoiselle nicht wenig be sorget. Allein wir kamen sogleich in den Ton der Vertraulichkeit und ich sehe mich von ihr mit einer so offenen Freundschaft beehrt, daß alles eine Seele, ein Herz ist. Um wegen meiner älteren Tochter noch mehr beruhiget zu seyn, wird sie nach Hannover in Pension kommen, und hat sie einige Zeit unter fremden Augen gelebt, dann wird sie die Frau Hosräthin Brandes selbst in ihr Haus und Er ziehung nehmen. Und nun hoffe ich, daß ich noch vor Ablaus des Winters die Hand meiner Georgine zu erhalten das Glück haben werde. Schon in den acht Tagen ist eine solche Veränderung mit meiner Gesundheit und Gcmüthsvcrfassung vorgegangen, daß ich hoffen kann, ich werde zu völliger Heiterkeit und Ruhe wieder ge langen. Ich hoffe, daß Ihre beste Louise auch einigen Antheil nehmen wird. Empfehlen Sie ihr mein Andenken und mich selbst
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