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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.08.1905
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- 03.08.1905
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- Deutsch
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«852 Nichtamtlicher Teil. 178, 3. August 1905 Thüringen. Schon seit Jahrhunderten waren die Vorfahren Schulmänner und Pastoren. Schon 1751 verlor Bertuch den Vater; die Mutter ver mählte sich zum zweitenmal mit einem Pfarrer in Cospeda bei Jena, und im Pfarrhause dort verlebte Bertuch seine Jugendjahre. Als 1759 der Stiefvater und bald darauf die Mutter starb, kehrte der Knabe nach Weimar zurück und fand im Hause eines Oheims eine Heimstätte. Er besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog dann 1765 die Universität Jena. Anfänglich studierte er Theologie, wandte sich aber bald der Jurisprudenz zu und trieb da neben vorzugsweise literarhistorische und naturwissenschaft liche Studien; 1769 nahm er eine Hauslehrerstelle bei dem Geheimen Rai Ludwig Heinrich Freiherrn Bachoff von Echt (1725—92> an. der auf seinem Gut Dobitschen bei Alten burg lebte. Der Geheimrat war früher dänischer Gesandter in Madrid gewesen, ein literarisch hochgebildeter, vornehmer Edelmann, der auf Bertuch großen Einfluß hatte Selbst Dichter, bestärkte er den jungen Hauslehrer in seinen litera rischen Neigungen und machte ihn mit der spanischen Sprache und Dichtung vertraut. Bertuch warf sich mit Feuereifer auf das Studium des Spanischen und begann wohl schon damals die Übersetzung des Cervantes. Er war so eifrig beim Lernen und Studieren, daß er sich überarbeitete, bedenklich erkrankte und die Sehkraft seines rechten Auges zum Teil einbüßte. Im Jahre 1773 kehrte er nach Weimar zurück, nahm von nun an dort seinen Wohnsitz und trat in die innigsten Beziehungen zu Wieland, der ein Jahr vorher dorthin über siedelt war. Schon vordem war er dem Dichter nahe getreten. Als Student hatte er ihn in Erfurt besucht und ihm seine Erstlingsgedichte zur Prüfung unterbreitet. Wie land. der damals gerade Vater geworden war. brachte ihm voll Stolz sein Töchterchen und legte es ihm auf die Arme: »Sehen Sie.« sagte er, »hier ist etwas, was mehr wert ist als alle meine Reimereien, und worauf ich stolzer bin als auf alle meine Hirngeburten.« In Weimar entspann sich zwischen beiden bald ein inniges Freundschaftsverhältnis. Bertuch empfing von Wieland wertvolle Anregung und Unterstützung bei seinen Arbeiten und hat später selbst bekannt, daß er Wieland seine ganze literarische Bildung verdanke. Im Jahre der Rückkehr Bertuchs nach Weimar hatte Wieland seinen »Deutschen Mercur" gegründet, jene blauen Hefte, die Wielands literarisches Schaffen der nächsten 15 Jahre ent halten und von großer Wichtigkeit für die deutsche Lite ratur der siebziger und achtziger Jahre geworden sind. Bertuch wurde bald ein eifriger Mitarbeiter an der Zeit schrift und um so wertvoller für Wieland, als er ihm den geschäftlichen Teil abnahm, was bei seiner angeborenen geschäftlichen Gewandtheit sehr zum Vorteil der Zeitschrift ansschlug; auch scheint er in eine Art Teilhaber verhältnis zu Wieland bezüglich der Herausgabe des Merkur getreten zu sein. Es war keine leichte Aufgabe, die er sich gestellt hatte; Wieland war launenhaft und dickköpfig, stieß mit seinen Artikeln überall an. und Bertuch hatte viel Mühe, hie und da Unheil zu verhüten und Streitigkeiten mit Freunden. Mitarbeitern und Gönnern der Zeitschrift beizu legen Anderseits gewann er aber auch ein Bild von dem Vertrieb einer Zeitung, was ihm späterhin bei andern Unter nehmungen von Nutzen war. Bertuch unterschied in der Folge immer zwischen deni Dichter Wieland, den er alle zeit hochschätzte, und dem Menschen Wieland, dem er trotz aller Zuneigung nie so nahe trat, wie es bei der engen Ver bindung der Fall hätte sein müssen. An Gleim, dem er wie andern bedeutenden Männern der Zeit — so Ehr. F. Weiße, Nicolai. Boic. Götter — nahe getreten war. schrieb er 1774; -Fast errath ich. was Sie noch scheu macht. Weimar zu wählen. Gewiß sind es — Wielands Launen . . . Wielands Launen sind Wollet, an einem Hellen Sommerhimmel, oft wohltätig; nie nimmt sein Herz Theil daran, welches gewiß eines der besten ist. das Gott einem Sterblichen gab. dem Ihrigen völlig gleich; und Wieland ist wahrlich ein edler Mann; lausend Erfahrungen haben mich davon überzeugt.»') Auch Wieland schätzte Bertuch sehr; er nannte ihn den redlichsten, gutherzigsten Mann, den Gottes Boden trägt, einen Gelehrten von vorzüglichen Talenten und vieler Ge schicklichkeit.") und förderte ihn nach Kräften; er empfahl ihn der Herzogin Anna Amalie, die ihn an ihren Hof zog; er bewirkte die Aufführung des Trauerspiels Elfriede in Weimar, das Bertuch geschrieben hatte, und verwandte sich für eine Aufführung des Stücks in Wien. Das herzlich unbedeutende Stück hat damals viel Beifall geerntet und sich jahrelang auf den Bühnen gehalten. Auf Wielands Veranlassung wurde Bertuch am 4. Sep tember 1775 zum Geheimschreiber und Schatzmeister (Scatolier) des Herzogs ernannt, ein Vertrauensposten, der ihm ohne sein Wissen und Zutun übertragen wurde: »Diese ganze Sache hat sich gemacht, ohne daß ich ein Wort darum ver loren habe-, schrieb er an Gleim. Als Schatzmeister und Geheimschreiber wurde Bertuch eine gewichtige Persönlichkeit und trat zu den »Genies», wie Böttiger sie bissig nennt.'") in nähere Beziehungen, da er sie. wie dieser Gewährsmann sagt »kleiden und füttern« mußte. Als Freund und Verehrer Wielands trat er dem jungen Goethe, der sich bis dahin nur als Gegner Wielands gezeigt hatte, mit Mißtrauen und einer gewissen Kälte gegenüber, konnte sich aber dem Zauber der Persönlichkeit des Dichters nicht entziehen, wurde bald vertraut mit ihm und sein Duzbruder. Im Dezember 1775 unternahm er mit ihm. Einsiedel. Kalb und Kraus den berühmten Ritt nach Waldeck bei Bürgel, wo Bertuchs Braut Karoliue bei ihrem Vater, dem Wildmeister Friedemann Slevoigt. wohnte. Über die Reise selbst berichtet Goethe in einem richtigen Geniebrief dem Herzog. Später hat das Verhältnis zwischen Goethe und Bertuch zeitweise eine Trübung erfahren; das trauliche Du der ersten Zeit schwindet, und das förmliche Sie tritt an seine Stelle; doch hat ein höflicher Verkehr weiterhin stets bestanden, und den geschäftlichen Rat Bertuchs hat Goethe mehr als einmal in Anspruch genommen, wie wir noch sehen werden. Bertuch scheint seine Staatsstellung im Anfang keine große Befriedigung, dagegen vielfachen Arger und Verdruß bereitet zu haben. Die Gunst des Herzogs entschädigte ihn zwar für manches, und seine Nebenbeschäftigungen lenkten ihn ab; aber sonst kam es so weit, daß er 1776 ernstlich erkrankte, und zwar bezeichnete er. wie er Gleim mitteilt, »einen schrecklichen Ärger in seinen Amtsgeschäften» als den »Funken, der die ganze Masse von Gift, die er immer nach und nach und unvermerkt eingeschluckt hatte, auf einmal wirkend machte». Wenige Tage vor seiner Erkrankung, am 25. April, hatte er den Ratstitel erhalten, und am 29. April war seine Vermählung mit Karoline Slevoigt erfolgt. Es ist erklärlich, daß den nüchtern denkenden jungen Ehemann, dessen Geschäftssinn immer mehr erwachte, der ängstlich rechnete, das ganze Leben und Treiben am Weimarer Hof abstoßeu mußte. Dazu kamen noch Jntriguen mancher Art. die sich gerade in der ersten Zeit der Regierung des Herzogs bemerkbar machten, und Bertuch wird vielfach zwischen zwei Parteien gestanden und von beiden Gutes und Übles ersahren haben, wie es seine Stellung mit sich brachte. *) Feldmann, Bertuch. S. 48. ") Ebendaselbst. '") Böttiger. literar. Zustände. I. S. 13.
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