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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.07.1905
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- Erscheinungsdatum
- 26.07.1905
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- Deutsch
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6664 Nichtamtlicher Teil. .H- 171, 26. Juli 1906. macht jeden Mann glücklich und wenn er es durch diese Eigen schaften eines Weibes nicht wird, so ist er selbst Schuld und verdient das Weib nicht. Als höchsten Wunsch kann ich nur lernen.« Der geschichtliche Roman Stifters »DerNachsommer«, der gleichfalls 1857 bei Heckenast in drei Bänden erschien, fand nicht solchen Anklang wie die »Studien« und die »Bunten Steine«. Dennoch stellte der Autor schon lange Zeit vor der Ab lieferung des Manuskripts recht hohe Bedingungen an den Verleger, die dieser blindlings sofort erfüllte. Aus der Reihe seien hier nur die folgenden beiden Punkte hervor gehoben: »1. Rückgabe des Manuskripts nach dem Druck — ich will sie mir alle sammeln. 2. Auszahlung einer Monatsrate von lästigste, ja jede Kunstarbeit tötende Gefühl — wenigstens bei mir — ist der Gedanke, werde ich diesen Monat mit dem Gelde auskomnien? Mein Gehalt 1400 Gulden wäre für Hausbacken- heit vollkommen hinreichend, wenn höchstes Streben Haus haltungsseligkeit wäre und man sich nnt der Gattin heransetzte und verteilte, wie man es diesen Monat einrichten werde, und sich freute, wenn es an der Schnur mit ihm, Trinken, Kleiden, geht, wie vorgerechnet. Das ist bei mir nicht, das Amt macht Ehren, Anforderungen — ich bin als der Schule ange hörig der schlechtest besoldete Rat, die ich, wie die anderen Räte ja oft, um nicht einen hindernden Stachel in der Brust zu haben, freigebiger erfülle. So ist es namentlich mit allen Wohl tätigkeitsforderungen, welche jetzt weit mehr an mich kommen und bei welchen mein Herz mich öfter betört. Endlich ist bei einem Künstler — wenn er es auch nur in Worten ist, Kunst genuß ein Brotbedürfnis, ohne dessen Befriedigung er abstirbt und dann selbst statt Brot kaum mehr Kleien hervorzubringen imstande ist ... . Wenn Ihnen daher wie in der Vergangenheit hundert Gulden per Monat möglich sind, so ist es mir sehr lieb, nur müssen Sie nicht dringen, daß der Roman fertig sei, ich arbeite fleißig, und ob noch ein Jahr, noch 5, 6 und 7 Monate hingehen, muß Sie nicht ungeduldig machen.« In den Briefen Adalbert Stifters an seinen Verleger finden wir manche bedeutsame, kunstästhetische Ansicht niedergelegt. Als ihm Heckenast einmal die Handschrift eines Bandes lyrischer Gedichte zur Beurteilung sendet, spricht sich der Linzer Schulrat über diese in nachstehender Weise aus: »Statt runde Gebilde zu bringen, ergehen sie sich in musi kalischen bloß sehr objektiven Zuständen, welche häufig nicht gewachsen, sondern gemacht sind, daher sie meist, trotz der hoch- hinaufstrebenden Worte, kalt sind, keine innere Ganzheit, keinen Charakter, nicht einmal den des Verfassers abspiegeln, welch letzteres der sicherste Beweis ist, daß die Gedichte nicht unbewußt aus seinem inneren Geblüt sind, sondern ausgesonnen; er erinnert in seinen oft spitzfindigen Hauptpunkten an Levitschnigg und Heine. Beide haben Schönes, und beide' sind in ihren Fehlern gefährliche Muster. Eine Gedichtsammlung soll eigentlich das abgeschlossene Leben des Dichters bezeichnen, ein weiter Kreis von Erfahrungen darin liegen, man soll einzelne Gedichte, nicht Bände von Gedichten herausgeben, und gesammelt sollen sie erst in späten Jahren werden. Dies macht die großen Dichter noch größer. Dann dürfen Jugendgedichte da sein, sie dienen zu sanfter Zierde des Baues, wenn aber lauter Zierde ohne Vau da ist, wie meist in der Jugend, so geht das nicht. Der Ver fasser möge sein Talent üben, möge fortfahren, an dem Abbilde seiner Gesinnung ausbildend zu arbeiten, möge in anderen Künsten Einsicht zu einem Erfahrungsreich sammeln, möge in den Wissenschaften tüchtig werden — dann, wenn er 40 — 50 — 60 Jahre alt wird, wird er herzlich den Unwillen bereuen, den er jetzt wahrscheinlich über mein ihm hart dünkendes Urteil haben wird. Er muß einen Unwillen haben, ich verdenke es ihm nicht; das Feuer der Jugend treibt ihn zu Gedichten; der Jüngling hat noch nicht die Gestaltungskraft, sein strebenden Worten, er hat noch nicht die Lebenskenntnis, daher bringt er statt der sittlichen hohen und erhabenen Größe des Lebens seine absonderlichen Träume und meint immer, er habe sich und das Leben in den Gedichten gegeben, während er es nur gewollt hat und in dem Leser das nicht erzeugt, was in ihm selber bei seinem Dichten war. Das Merkmal eines Kunstwerkes aber ist einzig das, daß es im Leser jede Stimmung aufhebt und seine hervorbringt. Ich glaube nicht, daß die vorliegenden Gedichte eine nachhaltige Kunst wirkung hcrvorbringen werden. Der Verfasser soll mir nicht gram sein, ich bin ihm freundlich gesinnt, dies beweist mein Eingehen auf sein Werk, und mein offenherziges Urteil, dem ich natürlich nur das Gewicht einer Meinung beilege. Wen man nicht achtet, den fertigt man mit einigen unbedeutenden Redens arten ab. Wenn es dem Verfasser nicht unangenehm ist, wird es mir Freude machen, öfter von ihm ein Blättchen eingesendet zu erhalten, ich werde darauf eingehen, und ihm meine An sichten schreiben, er wird nach Verlauf einer Zeit sehen, ob es ihn fördert oder nicht, und im letzten Falle kann er die Sache immer beiseit liegen lassen. Mir ist die Kunst das größte irdische Heiligtum, darum mag ich strenger sein als solche, die sie als ergötzenden Luxus betrachten. Ich bin auch strenge gegen mich, vielleicht noch mehr als gegen andere. Dies möge der mir un bekannte Verfasser bedenken. Ich möchte ihn gern herzlich grüßen, und ihn noch einmal bitten, mir nicht zu zürnen. Sollte ich eingehen, so bin ich erbötig, ihm an einzelnen Gedichten, die er selber auswählen mag, den Beweis des oben Gesagten zu liefern. Vielleicht verständigen wir uns. Wenn er es einmal versuchte, nicht etwas Außerordentliches, sondern etwas Ge- Wie sehr Stifter auch mit Leib und Seele Pädagog war und seine ganze Kraft daran setzte, die Volksschulbildung in Österreich zu heben, so hatte er doch, wie gesagt, von Zeit zu Zeit melancholische Anwandlungen gleich allen den Poeten, die, von den Fesseln eines Amts gehindert, nicht immer den Eingebungen ihrer Muse folgen können. So erleichtert er sein Herz in Briefen an Heckenast. Einen solchen Stoß seufzer finden wir u. a. in einer Zuschrift aus Linz vom 13. Mai 1854: »Lieber, teuerster Freund, wenn Sie nur wüßten, wie mir ist. Durch das Heu, den Häckerling, die Schuhnägel, die Glas scherben, das Sohlenleder, die Korkstöpsel und Besenstiele, die in meinem Kopfe sind, arbeitet sich oft ein leuchtender Strahl durch, der all' das Wüste wegdrängen und einen klaren Tempel machen will, in welchem ruhige, große Götter stehen; aber wenn ich dann in meine Amtsstube trete, stehen wieder Körbe voll von jenen Dingen für mich bereitet, die ich mir in das Haupt laden muß. Dies ist das Elend, nicht die wirkliche Zeit, oder die Amtsdinge ohne Teilnahme des Herzens abtun, zu welch schönem Grad der Ruhe es viele Beamte bringen, so hätte meine Dichtkunst nichts verloren; aber das ist's, wenn eine Kirche zur Scheuer gemacht wird, so steht ihr das Predigen in ihr übel. Ich glaube, daß sich die Dinge an mir ver sündigen. Sie wissen, daß ich nicht eitel auf meine Arbeiten bin, Sie wissen am besten zu sagen, wie wenig ich mir genug tun kann, wie ich immer ausbesserc (Sie leiden ja sogar darunter), und wie unzufrieden ich am Ende doch wieder bin; aber manchmal ist mir — Sie werden es nicht mißdeuten, und als Stolz auslegen, Ihnen kann ich es sagen — manchmal ist mir, ich könnte Meisterhaftes machen, was für alle Zeiten Dauer und neben dem Größten bestehen kann, cs ist ein tiefer, heiliger Drang in mir, dazu zu gehen aber da ist äußer lich nicht die Ruhe, die kleinen Dinge schreien drein, ihnen muß von Amts wegen und auf Befehl der Menschen, die sich für wichtig halten, abgewartet werden, und das Große ist da hin. Glücklich die Menschen, die diesen Schmerz nicht kennen! und doch auch unglücklich, sie kennen das Höchste des Lebens nicht. Ich gebe den Schmerz nicht her, weil ich sonst auch das Göttliche hergeben müßte. Hätte ich mein ruhiges Leben (im
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