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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.07.1905
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- Erscheinungsdatum
- 25.07.1905
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- Deutsch
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6630 Nichtamtlicher Teil. 170, 2L. Juli 1903. ich statt tausend widrigem Zeug lieber bei meiner geliebten Arbeit sitzen bleiben kann, am Ende hat sie auch die meiste Zu kunft vor sich. Daß ich Ihnen für alle Ihre Liebes- und Freundschaftsdienste von Herzen ergeben bin und daß ich jeden Ihrer Wünsche recht gerne erfülle, wissen Sie ohnedem. Ich werde Ihre Freundschaft, die Sie mir angedeihen ließen, da mich noch Niemand kannte, nie vergessen, wenn auch Andere jetzt durch eigennützige Motive zu mir kommen und mich betören wollen. Wenn Ihre Gattin nicht eifersüchtig wäre, würde ich allen denen antworten: ,Jch bin mit Heckenast verheiratet? Ich hoffe, daß für alle Zukunft mein Name mit Ihrer Firma ver bunden sein soll.« Sofort ging Heckenast auf diesen Antrag seines Autors ein, und keiner von beiden hatte dieses Abkommen zu bereuen. übrigens glaube man ja nicht, daß der Briefwechsel zwischen beiden in einem trockenen geschäftsmäßigen Ton ge halten war; vielmehr unterhielten sie sich schriftlich über manche bedeutsame und interessante politische und literarische Frage. Bemerkenswert z. B. ist eine Zuschrift Stifters aus jener Zeit, worin er das folgende zu berichten weiß: .Neulich speiste ich mit der Frau von Binzer bei Zedlitz. Es war auch Grillparzer da, und einer der heitersten Abende verfloß uns. Was mir Grillparzer sagte, machte mich sehr glücklich. Die Anerkennung eines solchen Mannes wiegt hundert der lobendsten Artikel auf, welche in Tagesblättern stehen mögen. Lesen Sie die Gedichte der Annette Droste, das sind Gedichte! Ich habe erst angefangen, hoffe aber, daß sie mir außerordentlich gefallen werden.« Und in einer anderen Zuschrift finden wir das folgende Urteil des Dichters über die schwedische Nachtigall Jenny Lind, die 1847 in Wien sang und außerordentliches Auf sehen machte: »Mit Fräulein Lind bin ich persönlich bekannt und be freundet — ich kann fast den Ausdruck gebrauchen — und da doch jede Gabe ein Geschenk Gottes ist, der Charakter aber ein Produkt der eigenen Seele, weshalb Gaben entzücken, Charaktere aber geliebt werden, so muß ich sagen, daß mir ihre Persönlich keit fast noch lieber ist als ihr Gesang.« Der dankbare Stifter suchte seine Erkenntlichkeit für die vielen Beweise der Liebenswürdigkeit und der Hochherzigkeit seines Freundes dadurch zu betätigen, daß er bemüht war, auch andre Autoren, deren Werke er als einen Gewinn für den Verlag Heckenast erachtete, für diesen zu gewinnen. In diesem Sinne schreibt er einmal frohlockend — Linz, 3. August 1867: »Eine neue Erwerbung habe ich für Sie gemacht. Anton Ritter von Spaun, hiesiger landständischer Syndikus, ist viel leicht geneigt, seine Schriften bei Ihnen zu verlegen. Sie sind sämtlich polemischen, philosophischen — aber in Herders Art — und althistorischen Inhalts. Das Hauptwerk, von dem schon Lieder hie und da gedruckt sind, betrifft die altdeutschen Helden sagen und führt den Beweis, daß einige der schönsten alt- deutschen Heldenlieder, die der Sage entsprossen sind, aus Österreich stammen und fast mit Gewißheit von Heinrich von Ofterdingen sind, der am Hofe Leopolds des Glorreichen, des Babenbergers, lebte. Diese Lieder sind: Das Nibelungen lied, die Klage, die Rabenschlacht und Biterolf. Eben las ich ein Manuskript, welches die Klage behandelt, es ist vor trefflich und würde ein Bändchen geben. Wir sind die Leute, welche zu Spaun sagten, es sei lustig und lächerlich, für Österreich den Dichter des Nibelungenliedes zu vindizieren, selber schon —. Aber eben Österreich kennen Grimm und Lach mann nicht, darum hängt ihnen das Gedicht in der Luft und sie martern sich vergebens mit kritischen Messern und Waffen ab. Schlosser in Heidelberg fällte ein sehr günstiges Urteil über Spaun. Mir ist er hier im Umgang ein schätzbares Juwel. Da er in sehr guten Verhältnissen lebt, so werden seine An sprüche gewiß sehr bescheiden sein, wie er selber die persönlich gewordene Bescheidenheit ist.« Von Zeit zu Zeit, wenn Stifter, der später als Schul rat nach Linz berufen wurde und außerordentlich beschäftigt war, die Bürde seines Schulamts drückend empfand, packte ihn eine eigentümliche Unruhe bezw. Nervosität, und es bemächtigte sich seiner die Vorstellung, als wenn sein Verleger ihm plötzlich untreu geworden wäre. Dieser hatte dann alle Mühe, ihm solche Wahnideen auszu- treiben. In diesem Sinne schreibt der erregte Dichter an Heckenast am 1. Dezember 1847: »Ein böser Geist sagt mir immer ins Ohr, Sie seien nicht mehr der warme, liebe Freund, der Sie mir waren und es sei einige Kälte eingetreten. Ist es so, ist es nicht so, ich weiß es nicht — oder ists Geschäftsgang, Verdrießlichkeit, weiß Gott was eingetreten, das ich nur mißkenne. Ich bin mir nicht be wußt, daß meine Gesinnung gegen Sie im geringsten anders geworden ist. Wenn das aus irgend einer Handlung von mir hervorgegangen wäre, so ist diese Handlung gewiß ohne eine solche Absicht gesetzt worden. Könnten Sie mein Inneres sehen, so würden Sie gewiß die größte Zuneigung und Lauterkeit er blicken, die für jede Güte und Freundschaft dankbar ist, aber auch wieder Güte und Freundschaft verlangt, sei es in den kleinsten Dingen; aber vielleicht habe ich nur Phantome vor Augen. Ich bin auch krank und niedergedrückt, weil eine eioige Grippe auf mir lastet, zu der ich seit Pfingsten in einem Jahr, wo ich sie mir stark zuzog, eine unselige Disposition habe. Dies macht den Kopf dick, hat mir ganze Stunden zu der lieb sten Arbeit geraubt und umdüstert das Herz.« Nachdem Gustav Heckenast durch persönlichen Besuch in Linz bemüht gewesen war, dem Autor die Grillen aus dem Kopf zu treiben, und er trotz der Revolutionsjahre 1848/49 in seinem Eifer für ihn nicht nachlieb, vielmehr durch eine außerordentliche Propaganda eine allgemeinere Verbreitung der Schriften Stifters wesentlich herbeiführte, sah dieser immer mehr ein, daß er keinen bessern, wahreren und innigeren Freund haben konnte, als es der Pester Verleger war. Nur die eine Bitte spricht der Dichter in einem Brief aus jener Zeit aus: »Antworten Sie mir in Zukunft auf jede Anfrage, wenn Sie mir auch nur eine Zeile schreiben, denn mein Lebenselement ist Zutrauen und Freundlichkeit; wo das fehlt, bin ich gelähmt. Die Freude und die Heiterkeit ist dahin und so kann gerade die Verzögerung herbeigeführt werden, die vermieden werden sollte. Die Dichtung ist ja die Sprache des Herzens, und dem Dichter muß ein Herz gezeigt werden .... Was die Zukunft betrifft, werde ich nie von Ihnen weichen, ich werde Ihnen alle meine Kraft widmen, um Ihnen vielleicht als Entgeltung für so viel tun zu können, was Sie mir bisher Gutes geleistet haben; bauen Sie auf mich als auf Ihren wahrhaften Freund und trauen Sie mir aber auch. Wenn meine Muse etwas tun könnte, Sie über diese Zeit leichter hinzubringen, so wäre es mir eine sehr große, ja außerordentliche Beruhigung.« Sehr interessant sind die Urteile, die der durchaus österreichisch und patriotisch gesinnte Schulrat Stifter über die Vorgänge der erwähnten beiden Revolutionsjahre in seinem Briefe an Heckenast fällt: »Ich habe mich in Bezug auf die Dinge, die da kommen werden, keinen Augenblick getäuscht, als ich nur einmal von der Haupttäuschung frei war, nämlich von der, von anderen so genannten gebildeten Leuten etwas zu halten. Den ungarischen Krieg sagte ich am 15. März 1848 zu Grillparzer voraus. Ich sagte einmal zu Zedlitz: »Wenn einmal eine Bewegung aus bräche, dann behüte uns Gott vor den Journalisten und Pro fessoren. Das Ideal der Freiheit ist auf lange Zeit vernichtet. Wer sittlich frei ist, kann es staatlich sein, ja ist es immer, den Andern können alle Mächte der Erde nicht dazu machen. Es gibt nur eine Macht, die es kann: Bildung; darum erzeugt sich in mir eine ordentliche krankhafte Sehnsucht, die da sagt: „Laßt die Kleinen zu mir kommen", denn nur dadurch, wenn der Staat ihre Erziehung und Menschwerdung in erlauchte Hände legt, kann allein die Vernunft, die Freiheit gegründet werden, sonst ewig nie .... Ich habe diesen Sommer durch so vieles Schlechte, Freche und Unmenschliche und Dumme, das sich dreist machte und für Höchstes ausgab, unsäglich gelitten. Was in mir gut, groß, schön und vernünftig war, empörte sich, selbst Tod ist süßer, als solch ein Leben, wo Sitte, Heiligkeit,
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