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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.07.1905
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- Erscheinungsdatum
- 25.07.1905
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- Deutsch
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6628 Nichtamtlicher Teil. 170, 25. Juli 1905 C. A. Dchwctschte »nt> Sohn in Berlin K6S0 Samassa, Das neue Süd-Asrika. Süddeutsche Verlaasduchhandlg. (Dan. Dchs), Inhaber Franz Tuch in Stuttgart. v 2. F. Tempsty in Wien. 6618 Laiserliauses. Lä. 25. Lest 1. 24 Friede. Vicweg L Sohn in Brannschweig. 6642 u. 8651 4. gsb?5 Integral Itsvdnuag. 4 gsb. 1 ^ 60 ° ^ ^ g ed. 12 C. I. E. Volckmann (Volckmann L Wette) in Rostock. 6243 Nichtamtlicher Teil. Adalbert Stifter und Gustav Heckenast. Ein Gedenkblatt zum 100. Geburtstag des Dichters, 23. Oktober d. I. von vr. Adolph Kohut. (Nachdruck verboten.) In unsrer Zeit des Realismus und des Naturalismus, in der in der europäischen Literatur jene Dichter und Schrift steller das große Wort führen, die uns die Schattenseiten des Lebens in mehr oder weniger packenden Bildern in ihren Büchern sowohl als auf der Bühne zeigen, und die sich auf die Kunst der Nervenaufregung ganz besonders verstehen, erscheinen solche Poeten wie der vor hundert Jahren ge borene Adalbert Stifter beinahe so veraltet wie der einst so abgöttisch gefeierte und geliebte Jean Paul. Es klingt fast wie ein Märchen aus alten Zeiten, wenn wir hören, daß unsre Mütter und Väter die Dichtungen Adalbert Stifters namentlich seine »Studien«, seine »Bunten Steine«, seinen »Nachsommer« und seinen »Witiko« mit Heißhunger lasen, daß diese Novellen, Idyllen und Romane in dem Boudoir jeder gebildeten Dame zu finden waren, und daß sogar zünftige Literarhistoriker den Landschaftsmaler in der Dichtung zu den Klassikern der Erzählungskunst rechneten, llöwpora mntaotur st oos mutaionr io illis — auch die Ge schmacksrichtung ändert sich und oft mit großer Gründlichkeit und einer fast unbegreiflichen, fabelhaften Schnelligkeit. Adalbert Stifter war der Dichter des Gemüts, des Herzens, des stillen Glücks im Winkel, der Behaglichkeit und des idyllischen Lebens in Wald und Feld. Diejenigen Elemente der gebildeten Gesellschaft in Deutschland, die an den aufregenden, in erster Linie den Sinnenkitzel befördernden Sensationsromanen eines Eugen Sue, eines Alexander Dumas und Genossen keinen Gefallen fanden und die vor allem wahre Poesie liebten, waren entzückt von den Darbietungen des deutschen Meisters, dessen Schilderungen in der sorgfältigsten Aus malung der kleinsten Züge der Wirklichkeit liegen, voll zarter Empfindung und tiefem Gemüt sind und uns ein lebendiges, anschauliches Bild der Gegenstände, die wir vor uns erblicken sollen, geben. Er wählt am liebsten die Wald gebirge seiner böhmischen Heimat — er war am 23. Ok tober 1805 in Oberplan, einem Marktflecken des südlichen Böhmens im Budweiser Kreise, geboren —, doch führt er uns auch nicht selten eine stille, abgelegene Heide und Steppe vor, wo er mit Hirten und andern idyllischen Existenzen uns vertrant macht. Mit dem zartesten Pinsel weiß er die Schicksale der Menschen und vor allem ihr Gemütsleben zu malen. Alle seine Worte kommen aus dem Herzen, und daher dringen sie auch zum Herzen. Um sie genießen zu können, bedurfte es durchaus einer ruhigen und beschaulichen Gemütsstimmung; doch wer sich in die Lektüre seiner Dichtungen versenkte, fand unendlich viel Reizendes in ihnen, manchen feinen Zug der psychologischen Beobachtung und manche gemütvolle Reflexion und Weisheit über die Welt und das Leben. Besonders in den Erzäh lungen kleinern Umfangs, seinen berühmt gewordenen »Studien«, die von 1844—1851 bei Gustav Heckenast in Pest in 6 Bänden erschienen und die ihm einen sehr klangvollen Namen in der Literatur verschafft haben, tritt diese eigenartige Begabung des Verfassers in glänzendster Weise zutage. Schreibt er doch selbst einmal an seinen Freund Joseph Türk in Linz am 22. Februar 1850: »Meine Bücher sind nicht Dichtungen allein — als solche mögen sie von sehr vorübergehendem Wert sein —, sondern als sittliche Offenbarungen, als mit strengem Ernste bewahrte menschliche Würde haben sie einen Wert, der bei unsrer elenden frivolen Literatur länger bleiben wird als der poetische. In diesem Sinne find sie eine Wohltat der Zeit.« Welche kulturgeschichtliche Bedeutung nun auch den dichterischen Schriften Stifters zukommt, so hätte der Ver fasser wahrscheinlich doch keine so nachhaltigen Erfolge erzielt, und sein Name wäre schwerlich über den engen Kreis seiner Heimat hinausgedrungen, hätte er nicht das Glück gehabt, gleich beim Beginn seiner Laufbahn und bis an sein Lebens ende einen ebenso klugen und verständigen wie rührigen und tatkräftigen Verleger zu finden, der, beizeiten das eigen artige Talent des Autors erkannte und durch die außer ordentliche Propaganda, die er für seine Werke ent faltete, sowie durch den äußerst geschickten Vertrieb, den er anwandte, das meiste dazu beigetragen hat, daß Adalbert Stifter volkstümlich wurde, und daß seine besten Schöpfungen zahlreiche Auflagen erlebten und in viele fremde Sprachen übersetzt wurden. Wahrlich, es gehörte viel Mut dazu, in einer Periode, wo die französische Geschmacksrichtung auf dem Gebiete der Erzählung überwiegend war und wo Aufsehen erregende und durch leidenschaftlich bewegte Hand lungen sich auszeichnende Romane das Lesefutter des Publikums bildeten, für einen Romancier eine Lanze zu brechen, bei dem die Handlung ganz nebensächlich ist, der von vornherein auf jede spannende, effektreiche Fabel ver zichtet und den Schwerpunkt seiner Darstellung auf eine psychologisch bis ins kleinste und feinste ausgearbeitete Charakterschilderung und eine gewählte, geschmackvolle Sprache legt, für einen Autor der Kleinmalerei, der, bar jeder Erotik und jeder sinnlichen Liebe, uns reizende und sinnige Naturschilderungen gibt, der nicht die Nacht- und Schattenseiten des Lebens, sondern das Sonnige, Erhebende und Harmonische sucht und findet und durch Stimmungsbilder auch in der Seele des Lesers eine glückliche Stimmung zu erwecken sucht. Dieser Buchhändler und Verleger war Gustav Hecke na st in Pest und später in Preßburg, ein Mann von umfassender Bildung und einem bewunderungswürdigen Spürsinn für das, was geeignet ist, die Seele in ihren
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