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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1905
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- Erscheinungsdatum
- 03.07.1905
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- Deutsch
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151, 3, Juli 1905. Nichtamtlicher Teil. 6059 Sachen und in der Energie der erhobenen materiellen An sprüche. Doch nicht bloß Autoren präsentieren sich in unserm Buch, auch einfache Bücherkäufcr. Die Trennung von Sorti mentsbuchhandlung und Verlag war damals noch nicht vollzogen; man wandte sich an eine Buchhandlung wie die von Georg Reimer, um ein Schulbuch für sein Kind zu kaufen. Es ist denn ganz hübsch zu sehen, welche Lese bedürfnisse allerlei berühmte Leute für sich und die Ihrigen hatten. So findet sich unter den Käufern z. B. Gneisenau, zunächst als bloßer Oberstleutnant und später mit seinem höhern Rang, und zu dem, was er bezieht, gehört nicht bloß ein belletristisches Taschenbuch oder Schlegels Gedichte, sondern auch die Gesänge Ossians. Man braucht wohl die Annahme nicht zu unterdrücken, daß Entsprechendes unfern Offizieren heute weniger nahe läge, womit hoffentlich noch keine Beleidigung des trefflichen Standes ausgesprochen ist. Auch die Einkäufe der Prinzen August und Friedrich ver raten Interesse für Poesie. Aber welche Mannigfaltigkeit geistiger Bedürfnisse tritt in den Bücherbezügen eines Mannes wie Schleiermacher zutage! Allerdings, so viel umfassende Jahresrcchnungen kommen nicht heraus, wie sie heute für einen Vertreter akademischer Wissenschaft unver meidlich sind: es wurde nicht so ungeheuer viel produziert, und die Wissenschaft war nicht in so viele feine Zweige auseinander gezogen. Die Bibliothek eines Schleiermacher war etwa das, was heute die eines recht gebildeten Mannes sein würde; aber man sieht doch mit Vergnügen, wie er ihr die bedeutendsten Geisleserzeugnisse seiner bedeutendsten Zeitgenossen aus ganz verschiedenen Gebieten einverleibt, und wie neben Niebuhr, Fries und Hegel, neben Seneca und Aristophanes die Poeten der Zeit einen breiten Raum er halten, Goethe z. B. auch mit der selbständig erschienenen und sehr kostspieligen Farbenlehre (sie kostete etwa 29 ^), Jean Pani, die Schlegel, Kleist und Tieck, Klopstock und Jung Stilling, E. M. Arndt und Ernst Schulze, Shakespeare und Calderon; mehrmals nacheinander kauft er Grimms Märchen. Was er von Musikalischem erwirbt, trägt die Namen Beethoven, Mozart, Bach. Die Preise dieser Einkäufe laufen denn mit den Autor- Honoraren durcheinander, jene werden von diesen abgezogen Aber nicht bloß die Preise von Büchern. Ein bewährter und vertrauenswürdiger Buchhändler ward zum hilfreichen Freund seiner Autoren auch noch nach andrer Seite. Sei es, daß er mit sogenannter Buchhändlergelegenheit von allerlei andern Orten her allerlei gewünschte Waren kommen ließ, oder sei es, daß er den in praktischen Dingen etwas unbehilflichen Schriftstellern Bedürfnisse des Haushalts mit besorgte; genug, das Konto gewisser bevorzugter Autoren und Bücherkäufer weist zwischendurch ganz heterogene Objekte auf. A. W. Schlegel bezieht z. B. 1818 durch Georg Reimer ein halbes Dutzend Spickgänse und im Jahre 1836 einmal ein. ganzes Dutzend Spickgänse, wofür ihm im erstern Falle 5 Rtlr. 4 Groschen, im zweiten 8 Rtlr. angekreidet sind. Wie er diese Quantitäten konsumiert hat, ist seine Sache. Gutschmecker waren die Schlegels bekanntlich. Auch eine Liefe rung -Rüben« figuriert (mit 3 Rtlr. 12 Gr.) auf der Rechnung desselben Jahres: natürlich waren es Teltower, die sich be kanntlich auch Goethe von Berlin besorgen ließ und für »das Mark der Mark» erklärte Es braucht sich also kein etwaiger Freund dieser edlen Wurzeln unter uns zu schämen, im Gegenteil, er darf sich ein wenig in die Brust werfen wegen der guten Gesellschaft, in der er sich befindet. Viel mannig faltiger noch sind die Materiallieferungen, die Schleier- machcr zwischen Büchern und Honoraren bezog: wohnte er übrigens doch längere Zeit mit G. A. Reimer in demselben Hause, und man kann sich schon denken, daß der treffliche Geschäftsmann dem minder praktischen Theologen einen Teil der äußeren Lebenssorgen freundlich abnahm. So figurieren denn zwischen Schriftstellerhonoraren und Bücherpreisen Aus lagen für Papier, Insertionen und Porto, für Lotterielose und Zinsen, für Wagen nach Nachbarorten, Waren von der Leipziger Messe, Tuch, Wolle oder Messer, für Lachs, Cognac und Wein und gelegentlich auch für -ein Paar castmirne Beinkleider nebst Schneiderlohn». Was tut's? Der Em pfänger bleibt in seiner Art »ein König auch in castmirnen Hosen». An die Beträge für Wein könnte man eine ganze kultur- oder sozialgeschichtliche Studie anknüpfen; es sind zu Zeiten wirklich sehr ansehnliche Quantitäten, mannigfache Sorten, nichts Schlechtes: allerlei gute Burgunder, Bordeaux- und Rheinweine wechseln mit einander, und die Preise waren im ganzen höher als jetzt. Ihrem Schiller haben die Lite rarhistoriker längst nachgerechnet, daß er zwölf bis dreizehn vom Hundert seines Jahreseinkommens für Wein verbraucht habe. Es war wohl der nicht verächtliche Hintergrund der zweifellos edelsten Geselligkeit, daß man dabei auch edle Tropfen froh und verständnisvoll genoß. Sind seitdem flachere Weine gewöhnlich geworden, so hat augenscheinlich die Geselligkeit dieselbe Entwicklung genommen. Viele bestimmte Ziffern des Kontobuchs hier wieder zugeben, könnte für manchen interessant sein; aber es darf doch nicht die Neugier eine Rücksicht erfahren, die nur der Wißbegier gebührt. Immerhin mag von den gezahlten Honoraren einiges zu berichten erlaubt sein. Man sieht dabei, hier mit Wehmut und dort mit Befriedigung, wie knapp der äußere Lohn manchem armen Edlen zufloß, oder auch wie vollgültig gewisse schöne Leistungen sich alsbald nach allen Seiten erwiesen. A. W. Schlegel erhielt 1828 für eine neue Auflage der Shakespeareübersetzung immerhin 1200 Taler und für einen Band seiner kritischen Schriften 627 Taler, Tieck für seinen -Phantasus» 1000 Taler, die Brüder Grimm für ihre Märchen anfangs freilich nur wenig, für eine Auflage von 1819 250 Taler, für eine solche von 1839 700 Taler. E. T. A. Hoffmann hat in etwa fünf einhalb Jahren für »Nachtstücke-, »Serapionsbrüder» und anderes etwa 1850 Taler erhalten. Dem gelehrten Bocckh wurden 1811 für sein epochemachendes Pindar-Werk nur 90 Taler zuteil, L. Jahn erhielt für sein Turnbuch 150 Taler, Uhland für sein Drama »Ludwig der Bayer» 300 Taler. Dem edlen Arnim brachte sein Hauptroman, »Die Gräfin Dolores«, nur 100 Taler ein, und der arme Kleist erntete in dem Jahre, das doch offenbar das ergiebigste für ihn war, nämlich 1810, für den ersten und zweiten Band seiner Erzählungen und für -Käthchen von Heilbronn» und für den »Zerbrochenen Krug» zusammen nur etwa 343 Taler; »Käthchen« war ihm mit 75 Taler honoriert worden und der »Zerbrochene Krug« mit 76 Taler 12 Groschen. Wieviel besser sind doch die dramatischen Zeiten geworden — wenigstens was die Honorare angeht! Dabei wurden jene Summen (wenn man so volltönend reden darf) nicht etwa stets mit einem Male gezahlt, sondern zum Teil in verschiedenen Raten; das Warum enthüllt sich nicht immer, aber freilich manchmal sehr deutlich: die Autoren erbaten Vorschuß. Und wer will es z. B. einem guten Poeten in der Lage unseres H. v. Kleist verübeln, wenn er sich »abschläglich« auf ein zu erwartendes Honorar 30 oder 20 Taler zahlen läßt, Beträge, mit denen er offenbar weit reichen mußte! Einer indessen verdient doch besondere Er wähnung, weil er sich offenbar als Virtuos im Vorschuß nehmen erweist. Aber auch das kann nicht widernatürlich erscheinen, da es bei Lutter und Wegener so anregende Ver zehrsgelegenheit gab: es handelt sich also um E. T. A. Hoffmann. Bei ihm sind unter achtzehn Honorarposten füns, bei welchen die Bemerkung »vorschußweise« nicht vorkommt
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