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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.08.1876
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 07.08.1876
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil. Schiller und Cotta. I. Es dürfte nicht bloßer Zufall sein, daß gerade jetzt unser deut scher Buchhandel sich angelegen sein läßt, aus seinen eigenen Archiven die-bedeutendsten und interessantesten Momente zu veröffentlichen, sie in geeigneter Weise in seinem Fachorgan systematisch zum Abdruck oder aber die ganz besonders charakteristischen Erscheinungen als be sondere Monographien in den Handel zu bringen. Unmöglich wird man den Werth derartiger Publicationen und ihre besondere Bedeutung für die Literatur- und Kulturgeschichte verkennen oder auch nur unterschätzen können, wenn anders man be denkt, ein wie wichtiger Factor der Buchhandel im geistigen Leben einer Nation ist, und wenn man ferner nicht vergißt, daß es Pe rioden gab, für welche eine Geschichte des Buchhandels auch gerade zu die Geschichte des Kulturlebens sein dürfte. Hieraus erklärt sich das Bestreben alter hochangesehener Fir men, aus dem reichen Schatze ihrer Geschäftspapiere Einzelnes zu veröffentlichen, zur Genüge: jeder derartige Beitrag wird eines Tages ein Baustein für die noch zu schreibende große deutsche Kul turgeschichte sein und als solcher einen nicht zu unterschätzenden Werth gewinnen. Aber auch an und für sich und lediglich als Monographie be trachtet, haben solche Werke ihren cigenthümlichen Werth und großen Reiz: sie machen uns mit bedeutenden, eigenartigen Menschen be kannt, enthüllen sie uns im Verkehr mit verwandten Naturen, und da diese Monographien nicht selten aus Grund von Briefen ent stehen, so haben sie den unverkennbar großen Vorzug, uns den Helden zu schildern, nicht wie er vor der Welt scheinen und von ihr beurtheilt sein wollte, sondern wie er im geschäftlichen und gesellschaftlichen Verkehr wirklich war, in seiner Ursprünglichkeit und Wahrhaftigkeit. Von diesem Gesichtspunkte aus hat neuerdings die I. G. Cotta'sche Buchhandlung ihrem berühmtesten Inhaber Johann Friedrich Cotta, dem Schöpfer ihres Weltruhmes, dem Freund aller literarischen Celebritäten seiner Zeit, auf Grund seines inhalt reichen Briefwechsels mit Schiller*) ein Ehrendenkmal gestiftet. Wer auch nur einigermaßen sich um die charakteristischen Bio graphien von Männern wie Fricdr. Perthes, sF. A. Brockhaus, Fr. Nicolai u. A. kümmerte, der wird über die mannigfachen Beziehun gen staunen, die diese scheinbar in engem, abgegrenztem Kreise wir kenden Männer mit den politischen und literarischen Größen ihrer Zeit unterhielten: aber das alles wird übertroffen durch Johann Friedrich Cotta, der, abgesehen von seiner wichtigen politischen Thätigkeit, vor allem berufen war, für die deutsche Literatur bahn brechend zu wirken. Ist es nun an sich schon schwierig, ja fast un möglich, die Geschichte eines Mannes zu schreiben, dessen Thätigkeit noch in unsere Zeit hineinrcicht und der somit auf unser Wollen und Wirken einen unmittelbaren, unbestreitbar maßgebenden Einfluß ausübt, so muß solches bei einem Manne sich doppelt fühlbar machen, dessen Thätigkeit in ihren Endzielen eine rein geistige war und der wie kein Anderer durch die Macht seiner Persönlichkeit, die unbedingte Lauterkeit seiner Gesinnung und die Großartigkeit seiner Anschau ungen die Literaturzustände einer glänzenden Epoche in sich verkör perte und so dem Buchhandel zu einer Machtstellung verhalf, welche heute kaum erweitert werden, sondern nur in den von ihm gesteckten Grenzen behauptet und weise gepflegt werden kann. Wer aber war dieser Cotta? — Und wie wurde er der Mann, der, wie sein Biograph Wilhelm Vollmer sagt, „den alten Glanz *) Briefwechsel zwischen Schiller und Cotta. Herausgegcben von Wilhelm Vollmer. Mit dem Porträt I. F. Cotta s, gr. 8. (XXll, 719 S.) Stuttgart 1876, I. G. Cotta'sche Buchh. Preis 12 Mark. der Firma erneuern und ihr, wie dem gesammtcn Buchhandel Deutschlands, einen nie geahnten Aufschwung geben sollte?" Wer er war, ist leicht zu sagen: ein Sohn jener alten, ehren- werthen Familie, die ihren Stammbaum bis ins 9. Jahrhundert verfolgend, seit 1659 in Tübingen ihren festen Wohnsitz hatte und einen schwunghaften Buchhandel betrieb. Johann Friedrich aber, welcher der Begründer des Cotta'schen Weltruhmes werden sollte, war eigentlich nicht für den Buchhandel bestimmt; eigener Wunsch zog ihn zum Militär, diesen aber be zwingend studirte er mit emsigem Fleiße die Rechte und ließ sich dann nach glänzend bestandenen Prüfungen 1785 in Tübingen als Hofgerichtsadvokat nieder. Aber schon im Jahre 1787 übernahm er auf Wunsch seines Vaters, der die bis vor kurzem unter der Firma Chr. F. Cotta's Erben bestandene Hof- und Kanzleibuchdruckerei in Stuttgart grün dete und besaß, die arg zurückgegangene Buchhandlung. Wie er der berühmte Manu wurde? Durch seine bürgerlichen Tugenden, die aufzuzählen eine mühsame Arbeit sein dürfte, durch unermüdliche, umsichtige Thätigkeit, kluge Großmuth, weiten Blick und vor allem durch das ehrenwerthc Prinzip, an dem er durch sein ganzes Leben unentwegt festhielt: „keine andern als gute Bücher in Verlag zu nehmen". Das stolze Wort sprach Cotta gegen den alten Philipp Eras mus Reich in Leipzig aus, an den er schrieb, um sich von ihm aus die beste und zweckdienlichste Weise die Directiven darlegen zu lassen, die für sein späteres Handeln maßgebend werden sollten. Dem vielerfahrenen Reich öffnet er sein Herz, ihm legt er seine Grundsätze dar und verschweigt ihm nichts, wovon er glaubt, daß eine Besprechung seinen Zwecken förderlich sein könne. Das Schreiben (schon einmal im Börsenblatt abgedruckt) ist bekannt genug, aber immerhin mag es gestattet sein, hier wenigstens einen Theil des Schlusses wieder abzudrucken: „Ob ich nun, wenn ich allen möglichen Fleis und Mühe anwende, wenn ich mich stets als ein ehrlicher Mann betrage, wenn ich nur auf guten Verlag sehe, durch meine Aufsürung meine gute» Freunde und Credit erhalte, ob ich nach und nach ein großes Capital werde abtrageu und mich Schulden frei machen können? ist ein Zweifel, der mich schon oft wankend in meinem Entschluss, die Handlung zu übernemen, gemacht Hai." Aber wir sahen bereits, daß Johann Friedrich die väterliche Buchhandlung doch übernahm, und nun war es seine vornehmste Sorge, dem alten Geschäfte neue und frische Kräfte zuzusührc». Dazu sollten ihm die vortrefflichen Eigenschaften seines Charak ters in erster Reihe förderlich sein. Wie Cotta eine durchaus har monische Natur war, so ließ er nur ungern und im äußersten Falle den verwirrenden Lärm des Tages an sich herantretcn; konnte er sich aber ihm nicht mehr entziehen, so war er wiederum ein ganzer Mann, der ohne Rücksicht aus Anerkennung und Widerspruch das vorgesteckte Ziel fest im Auge behaltend, unbeirrt den für recht befun denen Weg ging. Ein solcher Mann mußte sich Freunde in des Wortes wahrer Bedeutung gewinnen und naturgemäß mußten die einmal begründeten Freundschaften dauernde werden, welche die Zeit nur immer fester und inniger gestalten konnte. So fand er sich auch mit dem zusammen, der für sein ganzes Leben von entscheidendstem Einfluß werden sollte: mit Schiller. Mit dem ihm eigenthümlich scharfen Blicke erkannte Cotta d>e große Bedeutung seines älteren Landsmannes, den für seinen Verlag zu gewinnen er seit dem Jahre 1794 eifrig bemüht war. Zwar stand Schiller damals schon mit Goeschen in enger Verbindung, aber da er dem ihm warm empfohlenen Cotta gern dienlich sein wollte, auch wohl dessen kernhaftes und urkräftiges Wesen erkannte, so war «89* - -
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