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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1876
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1876
- Sprache
- Deutsch
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und nicht bloß in der Farbe irgend einer grellen oder ingeniösen Meinung dargestellt. , „Ich muß daher die Bedingung machen, daß Sie mir die Ver fasser der übrigen politischen Charakterschilderungen nennen. Als dann erlauben Sie mir, Ihnen um so unbefangener und aufrich tiger meinen Beitritt oder meine Weigerung zu erklären. Im Falle die völlig unreife Stimme, welche jetzt in Zeitungen und Journalen über die großen politischen Angelegenheiten das Wort führt, von Ihrer Unternehmung ausgeschlossen ist, gehöre ich Herrn Professor Koethe und Ihnen mit ganzer Seele an und werde genügende, aus unmittelbarem persönlichen Umgang und praktischen Geschäfts erfahrungen geschöpfte Darstellungen des Fürsten Metternich und Hardenberg, wie des trefflichen Tiroler Speckbacher und Anderer noch vor Ablauf dieses Jahres an Sie gelangen lassen. Bis zum 4. November stände Ihnen auch das Porträt des Kaisers zu Befehl, welches ich früher entworfen und nur Ihrem Zwecke anzupassen brauchte." Natürlicherweise wies Koethe sowohl wie Brockhaus das Ansinnen Müller's, ihm die Namen der Mitarbeiter an den „Zeit genossen" zu nennen, zurück, nahmen aber dessen Anerbieten, die Biographie des Kaisers Franz zu liefern, an, welche, wie schon erwähnt, in der ersten Lieferung der „Zeitgenossen" abgedruckt ist. Nur noch einen zweiten Artikel lieferte Müller, die Biographie des englischen Parlamentsmitgliedes Franz Horner, während die übri gen von demselben in Aussicht gestellten Lebensbeschreibungen von Freiherrn Joseph von Hormayr, einem Gegner Müller's, geliefert wurden. Unter diesen befindet sich auch die Biographie Metter- nich's, zu welcher dieser selbst Hormayr die Daten geliefert hat. Ein anderer Mitarbeiter der „Zeitgenossen" war Johann Friedrich Benzenberg, der eine Biographie des Fürsten Hardenberg lieferte, sowie, als Seitenstück zu Müller's Kaiser Franz I. von Oesterreich, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen schilderte. Letztere Biographie wurde höchst verhängnißvoll für Brockhaus, indem sie den Anlaß zu der sogenannten Recensur seines gesammten neuen Verlags in Preußen gab, einer Maßregel, die ihn materiell schwer benachtheiligte und seine letzten Lebensjahre verbitterte. Weiter betheiligte sich als Mitarbeiter an den „Zeitgenossen" Karl August Varnhagen von Ense, der die Aufforderung Brockhaus' mit lebhaftem Interesse aufnahm. Derselbe schilderte Tettenborn und Mirabeau, und lieferte außerdem noch zahlreiche kürzere No tizen, die Brockhaus veranlaßten, neben den größeren Biographien eine besondere Rubrik „Andeutungen zu Biographien und Charak teristiken von Zeitgenossen" einzuführen. Außerdem bekundete Varn hagen seine rege Theilnahme an dem Unternehmen durch eine leb hafte Correspondenz über die bei den „Zeitgenossen" zu beobachten den Prinzipien. So schrieb er nach Empfang des ersten Heftes derselben am 7. Mai 1816 an Brockhaus: „ ... Die wohlgeschriebene Einleitung stellt vortreffliche Ge sichtspunkte auf, denen ich meinen Beifall durchaus geben muß, und deren beruhigende Erörterung für einen großen Theil der Leser unumgänglich nöthig war. Allein mich dünkt, die Praxis könne sich ohne den größten Nachtheil des Werkes doch nicht ganz an diese Theorie binden, sie muß sich hin und wieder mit Bewußtsein einige Freiheiten nehmen, die der Buchstabe dieser Erörterung nicht immer verstatten würde. Gerade die Zeitgeschichte verstattet keine völlige Neutralität, denn das Leben kann nicht neutral sein. Besser ist es, wenn einzelne Artikel in starken Schwingungen nach einer Seite durch die Verschiedenartigkeit derselben denn doch für das Ganze ein Gleichgewicht erzwingen. Ich muß dies besonders für meinen »Mirabeau in Anregung bringen, dem gewiß genügsame andere Artikel in Rücksicht der Ansicht die Wage halten werden. Mir fiel in dem Artikel »Kaiser Franz«, der sonst sehr geschult abgefaßt ist, und an dem ich unter Voraussetzung, daß er absichtlich nicht er selbst habe sein wollen, Woltmann als Verfasser vermnthen möchte, sehr unangenehm die Hineinbringung der Legitimität auf, was hier mehr als bloße literarisch-politische Ansicht, was zugleich beschränkte Parteinahme ist! Doch das sei denn!" Brockhaus antwortete darauf am 18. Mai: „Alles, was Sie über die Freiheit der Ansichten in den »Zeit genossen« sagen, stimmt mit meinem Willen vollkommen überein, und werde ich, selbst wenn der Herausgeber, was ich doch nicht glaube, darin weniger liberal denken möchte, ihnen diese Freiheit zu erhalten wissen. Einen Beweis davon werden Sie darin finden, daß im dritten Hefte eine »diotios 8ur ls äuo ck'Otrauts« im Origi nal wie in der Uebcrsetzung ausgenommen wird, die den Lcgitimi- täts-Muthigen wohl ein Dorn im Auge sein wird". Sehr ängstlich war Varnhagen besorgt, daß seine Mitarbeiter schaft an den „Zeitgenossen" bekannt werden könnte, und bat sich strengste Geheimnißhaltung seiner Mitwirkung an dem Unter nehmen aus, besonders seitdem er im Herbst 1816 zum königlich preußischen Geschäftsträger in Carlsruhe ernannt worden war, welchem Wunsche Brockhaus auf das gewissenhafteste nachkam. Trotzdem ging die Aengstlichkeit Varnhagen's so weit, daß er am 5. November 1821, wahrscheinlich veranlaßt durch die Conflicte, in welche Brockhaus mit der preußischen Regierung gerathen war, an diesen schrieb: „Ihr Versprechen wegen unverbrüchlicher Discretion nehme ich in ganzem Umfange an; ich bitte auch, meine Blätter nicht in meiner Handschrift dem Censor vorzulegen. Beim Schluffe des Werkes will ich auf keine Weise genannt oder angedeutet sein, und ersuche ich Sie dringend, dies nicht in Vergessenheit kommen zu lassen! Die Verhältnisse erfordern durchaus diese Verschweigung." Und einige Tage später schreibt er wieder: „Zu meiner Bitte um strenge Verschwiegenheit und Nicht nennung meines Namens füge ich noch hinzu, daß Sie mir Ihre gefälligen Zuschriften nicht unmittelbar, sondern unter Umschlag eines hiesigen Buchhändlers senden mögen. Die Rücksichten, die mich zu diesem Ersuchen bewegen, haben ihren Grund in Verhält nissen, die, obwohl vorübergehend, doch gerade jetzt in gewissem Sinne culminiren." Außer den von uns angeführten Mitarbeitern betheiligten sich noch an den „Zeitgenossen" in besonders hervorragender Weise: Johannes von Arnoldi, Böttiger, Hasse, Karl Reinhard, August Wilhelm von Schlegel, Heinrich Steffens, Tiedge, Venturini, Johannes Voigt, Woltmann, Amadeus Wendt und eine große Anzahl Anderer. Von besonderem Interesse dürfte die Theilnahme sein, welche Goethe dem Unternehmen schenkte. So schreibt Koethe am 20. No vember 1815 an Brockhaus: „Es scheint alles vortrefflich zu gehen. Sie sehen aus den Beilagen, daß ich fast nirgends ohne Erfolg eingeladen habe. Und tüchtige Männer sind dafür gewonnen. Knebel liefert noch eine Selbstbiographie, zu der ich mit Goethe vereint ihn bewogen habe. Und selbst Goethe hat mir seine eifrigste Theilnahme fast unauf gefordert zugesagt und mich auf's freundlichste eingeladen, mich in dem Fall, wo ich seiner bedarf, seines Rathes, seiner Unterstützung, an ihn zu wenden und seiner größten Bereitwilligkeit versichert zu sein. Es ist sonst nicht seine Art, sehr zuvorkommend zu sein; aber sein besonderes Wohlwollen ehrt mich um so mehr. So hoffe ich, nun auch von ihm noch etwas zu den »Zeitgenossen« zu erhalten, und rechne besonders auf eine einleitende Darstellung des französischen Theaters, wenn nur erst Beiträge dazu ein gegangen sind.
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