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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1876
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- Erscheinungsdatum
- 03.07.1876
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- Deutsch
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Jena im August 1815 mittheilte. Derselbe billigte den Plan und ließ sich auch, wiewohl Anfangs nur mit Widerstreben und versuchs weise, bereit finden, die Redaction zu übernehmen. Bereits im Januar 1816 kündigte Brockhaus in den „Deut schen Blättern" das Unternehmen an und sagte darüber in der Anzeige: „Die in London seit einer Reihe von Jahren herausgekomme nen »knblie Lbaraotsro« hatten mich schon vor längerer Zeit auf die Idee geführt, in Deutschland ein gleiches Institut von noch universellerem Charakter — da jenes sich auf England beschränkt — zu gründen, und waren dazu von mir schon vielfache Vorbereitungen und Einleitungen getroffen, als ich endlich das Glück hatte, Herrn Professor Koethe in Jena — nicht ohne Mühe — zu bewegen, sich als Redacteur an die Spitze dieser ebenso schwierigen, als — be sonders für die Darstellung lebender Charaktere — delicaten Unter nehmung zu stellen. Es gelang mir dies erst dann, als er sich über zeugte, daß von keiner bloßen, auf frivole Neugierde des Publicums berechneten Buchhändlerspeculation die Rede sein solle, sondern daß es auch in meiner Intention liege, derselben einen großen historischen Charakter zu geben und alles entfernt werden solle, was, auf Leidenschaft berechnet, diesem entgegen sei. Nachdem wir uns nun über die wesentlichen Gesichtspunkte geeinigt, erließ der genannte Herausgeber einen Prospeetus über die einzuladenden Mitarbeiter." Nach dem Plane, welchen Koethe zur Aufklärung über das Unternehmen veröffentlichte, sollten in den „Zeitgenossen" nicht allein Lebende, sondern auch bereits Verstorbene, die der Zeit an gehört und auf dieselbe Einfluß ausgeübt hatten, Aufnahme finden. Auch nicht aus das Vaterland allein sollte sich das Unternehmen be schränken, sondern Alles, was als eine große, seltene Erscheinung innerhalb der Zeit bei irgend einem Volke sich bemerkbar machte, sollte in den „Zeitgenossen" seinen Platz finden. „Das Unternehmen — sagt der Herausgeber — ist aber an sich so umfassend, daß — weil wir nicht ein endloses Werk beginnen wollen — nothwendige Grenzen auch in Hinsicht der Wichtigkeit der hier abzubildenden Zeitgenossen, und die Bedingungen, unter welchen sie hier aufzunchmen sind, festgesetzt werden müssen. „Männer und Frauen sollen es sein, die der Welt schon bekannt sind, die in einem größeren Kreise bedeutend wirksam waren oder sind, auf irgend eine Weise, durch ihre Stellung in der Gesellschaft, durch ungemeinen Geist und weit verbreitete Wirksamkeit, durch ihre Meisterschaft in einem Zweige des Lebens, durch große Tugen den oder Jrrthümer hervortraten. Sie müssen in einem öffentlichen Leben eine sichtbar geschichtliche Beziehung zu ihrer Zeit, ihre Bio graphien müssen wirklich für die Zeitgeschichte eine höhere Bedeut samkeit haben, und es bleiben daher solche, ob auch noch so erfreu liche Erscheinungen, die in stiller Verborgenheit dahinwandelten, von unserem Plane ausgeschlossen. „Wir werden also vorzüglich große Staatsmänner, Feldherrn, ausgezeichnete Meister in Kunst und Wissenschaft — nicht bloße Schriftsteller oder sogenannte Gelehrte — ungemeine Geschäfts männer — auch Frauen, die in einem größeren Kreise wirkten, dar zustellen versuchen. „Solche Zeitgenossen sollen mit geschichtlicher Treue, im echten Geiste der Biographie, nach ihrem äußeren und inneren Leben — soweit der Forscher einzudringen vermag — mit dem möglichst tiefen Ergreifen ihrer Eigenthümlichkeit, geschildert werden. Wohl getroffene Schattenbilder, die doch dem halben Auge mehr als Schatten, die wahrhaftes Leben vorüberführen, wo es möglich ist, in ausgeführten Gemälden, jedes wenigstens in sichern, treffenden Um rissen, die den Menschen zeichnen, wie er war und ist, und soviel cs geschehen kann, auch wie er ward, die das Menschliche in seiner Voll endung oder in offenkundiger Verirrung durchschauen lassen: das ist es, was wir zu erreichen wünschen. Wir wollen das Leben der Zeit, der Menschheit dieser Zeit, an der eng verbundenen Kette der ein zelnen Menschen, in denen das, was man den Zeitgeist nennt, sich in seiner mannigfaltigen Gestaltung klar und anschaulich spiegelt und ausdrückt, darstellen. „In dieser Hinsicht werden auch Selbstbiographien, die aber diesen sinnvollen Namen wirklich verdienten, und also mehr ent halten müßten, als eine Skizze des äußern Lebenslaufes, die mit Unbefangenheit und Wahrheit, mit tiefer Selbsterkenntniß und mit sicherer Hand das eigene Leben eines ausgezeichneten Zeitgenossen, den Gang seines Geistes und die Entwickelung seines Schicksals ab bildeten, uns höchst willkommen sein." Um den Herausgeber der „Zeitgenossen" schaarte sich bald ein „bedeutender Kreis geistreicher, einsichtsvoller und geschichtskundi ger Männer", so daß sich das Unternehmen rasch entwickelte und trotz der Anlehnung an andere Werke doch den vollsten Anspruch auf Selbständigkeit machen konnte. Das erste Heft dieser neuen Zeitschrift wurde im März 1816 herausgcgeben und enthielt als ersten Artikel eine Biographie Kaiser Franz I. von Oesterreich von einem ungenannten Verfasser, als welcher indeß bald Adam Müller bekannt und auch öffentlich genannt wurde. Es mag der gegenwärtigen Generation wunderbar erschei nen, daß Brockhaus die Arbeit eines Mannes an die Spitze eines wenn auch unparteiisch, so doch immer freisinnig gehaltenen Unter nehmens stellte, der Freund von Gentz und Sendling Metternich's war und somit an der Reaction jener Tage Mitarbeiten half, allein Adam Müller galt damals gleich seinen beiden Gönnern, Metter nich und Gentz, als ein Vertreter der neuen Zeit, die mit Napoleon's Sturz und der Befreiung Deutschlands von dessen Herrschaft be gonnen hatte; doch wurde Brockhaus bald von Hormayr vor diesem „Agenten der oesterreichischen geheimen Polizei" und „boshaften Heuchler" gewarnt, infolge dessen er sich von ihm zurückzog. Adam Müller nahm dafür Revanche, indem er seinen früheren Verleger Brockhaus, bei dem er zwei staatswirthschaftliche Schriften heraus gegeben hatte, mehrfach bei der oesterreichischen Regierung denuncirte und sich überhaupt bald in seinem wahren Charakter enthüllte. Von Brockhaus zur Mitarbeiterschaft an den „Zeitgenossen" aufgefordert, trug der vorsichtige und schlaue Müller gleich von An fang an Bedenken, als solcher zu gelten, und lehnte es ab, bevor die Tendenz des Unternehmens bestimmter hervorgetreten sei, in ein offenes Verhältniß zu demselben zu treten. So antwortete er auf die von Koethe und Brockhaus an ihn ergangene Aufforderung: „In Betreff der von mir verlangten Charakteristiken einzelner Regenten und Staatsmänner unserer Zeit bin ich nicht abgeneigt, Ihre Wünsche zu erfüllen: eine Schilderung des Kaisers, meines Herrn, war für die »Staatsanzeigen« schon entworfen; ich würde sie Ihnen gern überlassen. Indeß kennen Sie den grellen Widerstreit der dermalen herrschenden politischen Ansichten und die Verpflich tungen des oesterreichischen Staatsdieners bei allen Arbeiten, die für den Druck bestimmt sind. Einerseits dürfte ich also zu einem Werke, das vielleicht theilweise dem politischen Systeme meines Hofes direct widerspräche, aus amtlichen Rücksichten nicht Mitwirken; ander seits aber kann ich selbst, nach mannigfaltigen praktischen Erfah rungen, nur ein politisches System und eine politische Gesinnung anerkennen. Die Mehrheit der Ansichten mag in allen anderen Beziehungen nicht ohne Nutzen sein; in der Politik ist dergleichen für das ganze folgende Jahrhundert hinreichend entwickelt: des Streites der Meinungen ist genug; cs bedarf der Herrschaft ruhi ger, erprüfter Gesinnung: wahrscheinlich wünschen auch Sie die politischen Helden der Zeit in dem Lichte einer solchen Gesinnung 320*
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