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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-02-12
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1900
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- Deutsch
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1210 Nichtamtlicher Teil. SS, 12. Februar 1S00. sonen thatsächlich anbiete. Das geschieht beispielsweise da durch. daß ich sie im Schaufenster oder im Ladenlokal zum Verkaufe ausstelle. Lagert dagegen die Ware im Lagerraum, oder steht sie noch verpackt im Laden, so liegt ein »Feil- halten« nicht vor. Es würde also, wenn der Antrag Müller angenommen und die Worte »Vorrätighalten« ausgeschlossen würden, beispielsweise eine Konfiskation dieser unzüchtigen Bilder nicht stattfinden können, wenn dieselben noch in Ballen oder Paketen verpackt sich im Laden befinden. Nehmen Sie also an: ein Händler bestellt sich diese Bilder, dieselben kommen an, und er läßt sie nun in dem Laden vorläufig verpackt in Ballen oder Paketen stehen, um sie demnächst gelegentlich je nach Bedarf auszupacken. Darin liegt nicht ein Feilhalten, sondern nur ein Vorrätighalten, und eine Konfiskation der Bilder würde in diesem Stadium bei An nahme des Antrags Müller nicht zulässig sein. Nun meine ich, wenn Sie sich dis Dinger ansehen, die ich Ihnen vielleicht noch vorzeigen werde, diese scham losen Bilder, die das größte Unheil unter der Heran wachsenden Jugend anstiften müssen, dann sollten auch Sie der Ansicht sein, es könnte der Zeitpunkt, wo hier behördlich und polizeilich eingegriffen werden kann, nicht früh genug festgesetzt werden. Statt dessen diese zarte Fürsorge der Herren Beckh und Müller, diesen Zeitpunkt möglichst weit hinauszuschieben! Ich möchte daher bitten, diesen Antrag abzulehnen. Nun sind wieder die Sortimentsbuchhändler vorgeführt. Ein Teil dieser Buchhändler hat ja schön früher eine Petition eingereicht, in der die Bestimmung, daß schon der jenige sich strafbar mache, der diese unzüchtigen Bilder vor rätig hält, als bedenklich bezeichnet wird; aber ich bin fest überzeugt, daß auch die Petenten sich längst davon überzeugt haben, daß ihre Besorgnis eine unbegründete ivar, und ich hätte gedacht, daß auch der Herr Kollege Beckh, der doch Mitglied der Kommission war, in der so viel über diese Sache gesprochen worden ist, sich davon überzeugt hätte. Der Herr Abgeordnete Müller hat den Fall konstruiert, daß der Sortimentsbuchhändler einen Ballen Bücher oder Bilder zugeschickt bekommt, unter welchen sich auch unzüchtige Bücher oder Bilder befinden, ohne daß er hiervon etwas weiß; der Ballen steht dort im Laden, und nun glaubt der Herr Kollege Müller, daß der Händler auf Grund dieses Z 184 gesaßt werden könnte. Das ist falsch. Der Sorti- mentsbuchhändlcr kann auf Grund des 8 184 nur gesaßt werden, erstens, wenn er gewußt hat, daß in dem Ballen sich unzüchtige Bilder oder Bücher befanden, und zweitens, wenn er trotzdem diese unzüchtigen Bücher und Bilder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält. Ich glaube, unter diesen Voraussetzungen will doch auch der Herr Abgeordnete Müller oder der Herr Abgeordnete Beckh den Händler ge faßt haben, und die Sortimentsbuchhändler selbst wollen in solchem Falle im Interesse des Ansehens ihres Standes eine Bestrafung. Ich möchte Sie also bitten, den Antrag Müller einfach abzulehnen. (Beifall.) Vizepräsident vr. von Frege-Weltzien: Das Wort hat der Herr Abgeordnete vr. Hoeffel. vr. Hocffel, Abgeordneter: Der Herr Abgeordnete Müller hat vorhin von der Gefahr gesprochen, die sür die Sortimentsbuchhandlungen darin bestehen würde, wenn G 184 angenommen würde. Ich glaube nicht, daß der reelle Sortimentsbuchhandel in Deutschland irgend welche Gefahren in der Annahme dieses Paragraphen erblicken kann. Wir finden eine ganze Masse von Produkten in obscönen Artikeln oder schmutzigen Bildern, die in schwunghafter Weise ver trieben werden nicht allein in den großen Städten, sondern auch in den kleineren. Daß dieser Verkauf ein einträgliche? Geschäft ist, geht aus Mitteilungen hervor, die uns in der Kommission gemacht sind. Es hat sich eine reiche Industrie gebildet, die sehr einträglich ist und lüsterne Bildwerke ver fertigt in Farben, Lichtdruck, in Photographie, Kupserdruck, Gips, Stein u. s. w. Wenn gesagt wird, daß ein Einschreiten gegen solchen Handel ein Eingriff in die Kunst sei. so glaube ich. daß der wahre Künstler darin keinen Eingriff sehen wird. Daß aber auf der anderen Seite diese Darstellungen nicht allein für die Sittlichkeit des Einzelnen, sondern auch für die öffentliche Ordnung eine große Gefahr bedeuten, das. glaube ich. werden auch die Herren Abgeordneten, die sich gegen den Paragraphen ausgesprochen haben, wohl nicht verkennen können. Bis jetzt war der 8 184 als unzureichend nach dieser Richtung angesehen, und wir können der Regierung nur dankbar seln. daß sie da eine Ergänzung vor genommen hat. Im ersten Teil des Entwurfs haben wir uns vorwiegend mit der Frage der Prostitution abgegeben; nun. ich glaube, die Prostitution ist im großen und ganzen nur eine äußere Erscheinung, nur ein Symptom eines allgemeinen Hebels, welches ja auch die Regierung in der Begründung des Ent wurfs in vollem Maße anerkennt. Wenn wir aber bloß die äußere Erscheinung dieses Nebels bekämpfen, dann haben wir nicht zu erwarten, daß wir überhaupt zu einem Resultat kommen. Wir müssen weitergehen und uns nicht mit Re pressivmaßregeln gegen die äußere Erscheinung begnügen, sondern auch Präventivmaßregeln treffen, die die Wurzel der Wucherpflanze beseitigen. Wenn unsere Kinder täglich solche obscöne Bilder und Litteratur in die Hand bekommen, wie kann es da anders kommen, als daß dies Gift allmählich in ihre Gemüter dringt! Wir müssen dem Sumpf, aus dem die Wurzel emporwuchcrt, seine Zuflüsse nehmen; wo nicht, werden wir vergeblich der Prostitution entgegentreten. Ich kann Sie deshalb im Namen meiner politischen Freunde nur bitten, den Paragraphen, wie er von der Kommission vorgeschlagen ist. anzunehmen und den Antrag vr. Müller (Meiningen) abzulehnen. (Bravo! rechts.) Vizepräsident vr. von Frege-Weltzien: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Heine. Heine, Abgeordneter: Ich wollte nur kurz folgendes bemerken. Wenn meine Parteigenossen und ich gegen den 8 184 in der Kommissionsfassung nicht lebhafter austreten, so wollen wir damit nicht unsere Zustimmung geben zu der ungeheuer mißbräuchlichen Anwendung des Begriffs einer unzüchtigen Schrift, welche neuerdings auch ohne dieses Gesetz in der Rechtsprechung eingerissen ist. Wir erklären, daß der 8 l84 in der heutigen Fassung schon eine ganz ernsthafte Gefahr — nicht sür die Buchhändler, davon wollen wir nicht reden, sondern für die Litteratur bedeutet. Früher hat die Theorie und die Praxis an genommen, daß unzüchtig eine Schrift ist, welche das Scham- und Sittlichkeitsgesühl in geschlechtlicher Beziehung gröblich verletzt zu dem Zwecke, unzüchtige Empfindungen, ge schlechtliche Erregung hervorzurusen oder zu befriedigen. Diese Definition war eine durchaus richtige; dabei war ein Miß brauch ziemlich ausgeschlossen. Neuerdings aber, feit einigen Jahren, hat das Reichsgericht erklärt, es sei nicht erforder lich, daß die Absicht vorläge, aus geschlechtliche Erregung hinzuwirken, es genüge, wenn etwas das Scham- und Sitt lichkeitsgesühl in geschlechtlicher Beziehung gröblich verletze. So sind wir glücklich so weit, daß alle möglichen ernsthaften Kunstwerke, Werke der ernsthaften Litteratur, sobald sie sich mit geschlechtlichen Dingen ungeschminkt beschäftigen, unter diesen 8 lb4 gebracht werden können. Wenn das noch nicht in dem Maße geschieht, wie es nach der Auslegung des
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