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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-06-04
- Erscheinungsdatum
- 04.06.1912
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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8818 «Irln>«l»l> >. d. rach». «Uchh-Nd-I. RichtamMcher Teil. 127, «. Juni 1912. Man wurde nicht müde, sich Bilder anzusehen, und die Bilder jener Epoche paßten auch in den Rahmen einer Zeitschrift Denn sie waren zunächst literarischen Ursprungs, sie erzählten selbst alle eine Geschichte. Seit zehn oder fünfzehn Jahren offenbarte sich auch hierin wieder ein Umschwung: die Augenblicksphotographie verdrängte den Stift des Künstlers; statt nach den Gebilden seiner Phantasie, zeigte das Publikum Verlangen nach ungeschminkten und ungeschmücklen Dar stellungen der Wirklichkeit; eine moderne illustrierte Zeitschrift ist kein Kunstblatt mehr, sondern in der Hauptsache eine illustrierte Chronik. Sie verhält sich zur illustrierten Tages presse wie der Sonntagsstaat zum Werktagsanzug. Die Illustrationen sind besser, größer und auf schönerem Papier gedruckt, aber im Grunde von derselben Art wie die, welche wir jeden Morgen in der Zeitung finden. Das Merkwür dige daran ist, daß dis Idee, die, wenn wir aus dem Titel und dem Inhalt der ersten Nummer der Illnstrateä l-ouäcm klovs Schlüsse ziehen dürfen, Herbert Ingram vorschwebte, von seinem ersten Nachahmer, jenem William Thomas vom Uraxbiv, zuerst verwirklicht wurde. Seit Jahren hatte dieser die stille Hoffnung gehegt, daß mit einer täglichen illustrierten Zeitung ein glänzendes Geschäft zu machen sei, und als der 6rapbio majorenn, will sagen einundzwanzig Jahre alt wurde, ließ er den vail^ üraplüo vom Stapel. Thomas sollte in dessen den gewaltigen Aufschwung der illustrierten Tagespresse nicht erleben, sein vail^ 6r»plüo brach sich nur langsam Bahn. Der große Inspirator der englischen Presse, Alfred Harmsworth, mußte kommen, um auch diesen Zweig am Baum der Presse, von dem ihm so goldene Früchte in den Schoß gefallen sind, zur vollen Entfaltung zu bringen. Er brachte dies auf die einfachste Weise von der Welt zu wcge, einfach indem er mit allen Idealen brach und nur dafür sorgte, daß der Zeitungsleser recht viele und recht aktuelle Bilder an jedem Morgen zu sehen bekam. Die bringt der vailze Lllrror Tag für Tag, und der Umschwung in den Ge wohnheiten des Zeitungslesers wurde dadurch so bedeutend, daß heute die Mehrzahl der Londoner Tageszeitungen wenigstens einiger Illustrationen kaum noch entraten darf. Zeitungsleser kann man diese Leute kaum noch nennen: sie sind Zeitungsschauer; ein paar flüchtige Blicke auf die Illustrationen, und sie krumpeln das Blatt zusammen und lassen es verächtlich auf dem Sitz des Eisenbahnwagens liegen, in dem sie des Morgens zur Arbeit fahren. Inwiefern sich der Ton der meisten englischen Zei tungen (und ihrer Nachahmer auf dem Festlande) hierdurch verschlechtert hat, soll heute nicht erörtert werden. In dessen liegt es auf der Hand, daß der Beruf des Journa listen, mit der Schreibseder Bilder zu entwerfen, die den Leser fesseln und die ihm anschaulich schildern, was sich zugetragen hat, ernstlich gefährdet ist, wenn die Nach frage nach solchen Wortgemälden vor der nach wirklichen Bildern zurückweichen muß. Es dürfte in späterer Zeit schwer sein, aus den Zeitungsberichten solche Schmuckstücke der Literatur zu heben, wie sie z. B. Archibald Forbes' Buch über den Krieg 1870/71 oder Kinglakes sieben Bände über den Feldzug in der Krim sind, die zuerst für die Leser der vail^ klares und der llümss verfaßt worden waren. Mußte sich doch selbst die große illu strierte Presse diesem Umschwung anpassen, und Illnstratsä I-vaäon klares sowie kraxbio von heute sind leine dem Dienste der schönen Künste geweihten Blätter mehr, sondern prosaische Wochenblätter, die man flüchtig durch blättert, Zeugen dafür, daß das Publikum von heute für nichts mehr -Zeit« hat. Das verrät sich auch im literarischen Inhalt; noch vor zehn Jahren genoß gerade dieser Teil der illu strierten Wochenpresse die sorgsame Pflege ihrer Redakteure. In Uonäov klares und Olraplüv erschienen die besten Romane der beliebtesten Autoren, und man raunte sich ehrfurchtsvoll zu, welch ungeheure Honorare für diese Lockspeisen entrichtet worden waren; heute spähen wir vergebens nach solchen literarischen Leckerbissen. Indessen statt uns zum lsväator tsmporis Lvti aufzuwerfen, lasten wir es uns genug sein, den Wechsel der Dinge festzustellen. Wer genau hinzusehen ver steht, wird erkennen, daß solcher Umschwung nicht durch die Leiter der Presse, sondern durch deren Leser herbeigeführt wird. Der erfolgreiche Mann in der Zeitungs- wie in der übrigen Welt ist der, welcher beizeiten wittert, welches der Leckerbisten ist, mit dem er das Ungeheuer Publikum am sichersten locken kann. Ob dieser Jnstikt zum Guten oder Schlechten geführt hat, bleibe dem Urteil anderer überlasten; Indessen soll eine Tatsache nicht unerwähnt bleiben, die den Deutschen mit besonderer Genugtuung ersüllt, daß nämlich drei Elfindungen, die zur Entwicklung des Zeitungs wesens am meisten fördernd beigetragen haben, das Werk deutschen Geistes sind. Der Vater der schwarzen Kunst, Meister Gutenberg, steht naturgemäß als erster in der Reihe. Als zweiter folgt ihm König, dessen glücklichster Augenblick wohl jener Frühmorgen des 29. November 1814 war, an dem zum eistenmal eine Nummer der Times auf seiner Schnellpresse gedruckt wurde. Sie wurde aus Besorgnis vor der Feindseligkeit der Drucker nicht in der eigentlichen Druckerei der limss, sondern in einem Nachbar gebäude hergestellt. In diesem Lokale hatten König und sein Gehilfe Bauer in aller Heimlichkeit viele Monate lang gearbeitet, indem sie nach und nach die Maschine vervoll- kommneten. Die Nacht, in der die neue Maschine zum erstenmal benutzt werden sollte, war für die Beteiligten eine Zeit großer Spannung und ängstlicher Erwartung. Die Drucker, die wohl Verdacht geschöpft haben mochten, hatten drohend geäußert, daß sie jedem zu Leibe gehen würden, durch dessen Erfindung sie ihrer Beschäftigung beraubt werden würden. Sie hatten Anweisung erhalten, auf neue Nachrichten vom Kontinent zu warten. Es war un gefähr in der sechsten Morgenstunde, als Mr. Walter, der Besitzer der limss, in die Druckerei eintrat und die Leute durch die Mitteilung in Erstaunen setzte, daß die Limes bereits mit Dampfkraft gedruckt sei, daß, wenn sie Gewalttätigkeiten versuchen sollten, diese mit Gewalt unter drückt werden würden, wenn sie sich aber ruhig verhielten, ihnen der Fortbezug ihrer Löhnung gesichert werden solle, bis eine ähnliche Beschäftigung für sie ausgemacht worden sei. Sie fügten sich dem Vorschlag, der ohne Zweifel gewissenhaft ausgesührt worden ist, und so war dies gewagte Unternehmen glücklich dnrchgeführt. Auch der Dritte endlich, der mit seiner Erfindung ent scheidend in die Entwicklung der Presse eingriff, war ein Deutscher: der Münchener Meisenbach, dessen Auto typie-Verfahren die mechanische Vervielfältigung für den Jllustrationsdruck ermöglichte. Seine Entdeckung führte die illustrierte Presse auf völlig neue Bahnen; sie allein machte die Anwendung der Illustration in Tageszeitungen möglich. Ihr fiel als erstes Opfer der allbeliebte Freund unserer Jugendzeit, der Lylograph. Einen Holzschnitt begegnet man heute kaum noch in irgend einem Blatte, ja selbst kaum noch in einem Buche. Sein Verschwinden aus dem letzteren muß ich beklagen; ich bin sicher, daß es nicht nur die Erinnerung an die Jugendzeit ist, welche die Holz schnitts, wie sie gute Bücher aus früheren Jahren schmückten, mit dem Schimmer der Verschönerung bekleiden. Vielmehr ist stilistisch der Holzschnitt mit dem Buchdruck har monisch verbunden, er erheischt auch nicht das dicke glänzende Papier, auf dem die Autotypie erst in allen Nuancen zur Geltung kommt und das vielen so widerlich ist. Die Auto-
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